Frisch gepreßt #401: The Darkness „Pinewood Smile“

Mein Horoskop sagt: „Offenheit bringt Sie weiter! Zeigen Sie sich Ihren Liebsten, wie Sie wirklich sind!“ Nun, meine Liebsten, dann sei’s gesagt: Ich LIEBE The Darkness.

Habt ihr auch mal getan, vor vierzehn Jahren einen halben Sommer lang und halbironisch? Ja, das ist der Unterschied: ich nicht. Wenn sämtliche Spatzen etwas von den Dächern zwitschern, tritt mein natürlicher Verweigerungsmechanismus in Kraft und läßt mich das Bezwitscherte mindestens mißtrauisch beäugen. Damals: habe ich gar nicht richtig hingehört. „Frisch gepreßt #401: The Darkness „Pinewood Smile““ weiterlesen

Frisch gepreßt #400: Slade „Alive!“

Es soll auf diesem Planeten Menschen geben, die dieses Album nicht besitzen, obwohl es nun schon zum (gefühlt und in diversesten Ausgaben) 45. Mal erscheint, 45 Jahre nach dem ersten Erscheinen, mit dem damals eine Manie-Lawine losbrach, wie sie die Welt seit den ganz frühen Tagen der Beatles nicht mehr erlebt hatte.

Es soll Leute geben, die Slade überhaupt nicht kennen. Oder höchstens von einem Weihnachtsparty-Ungetüm namens „My Oh My“, das … nein, von dem wir heute mal einfach nicht sprechen wollen. Nachhilfe: Slade (Noddy Holder, „Frisch gepreßt #400: Slade „Alive!““ weiterlesen

Belästigungen 20/2017: Von Büchern, Drogen und der Glückseligkeit der „Finanzmärkte“

Jede Epoche der Menschengeschichte, so mag es dem Freizeithistoriker scheinen, hat ihre eigenen Drogen und Kulturtechniken. Zum Beispiel war es vor nicht allzu langer Zeit (nicht nur) in unseren Breiten durchaus üblich, tiefgängige und fundierte Literatur zu gesellschaftlichen Problemen, Fehlentwicklungen und Skandalen zu lesen, zu diskutieren und daraus sogenannte Handlungskonzepte abzuleiten. Das heißt: sich zu überlegen, was man am besten dagegen tut, daß die Welt in Einzelheiten und insgesamt nicht so eingerichtet ist und läuft, wie sie das sollte, damit es möglichst vielen Leuten gut geht.

Heute spielen solche Fragen und Antworten keine Rolle mehr, weil das Wohlbefinden gewöhnlicher Menschen nicht mehr von Bedeutung ist. Wem es heute gutgehen soll und muß und wessen Lust und Laune deshalb das „Belästigungen 20/2017: Von Büchern, Drogen und der Glückseligkeit der „Finanzmärkte““ weiterlesen

Frisch gepreßt #399: Sparks „Hippopotamus“

Darf ich einleitend erwähnen, daß ich momentan (Donnerstag, kurz vor Mitternacht) in einem mindestens zehn Jahre alten Morrissey-T-Shirt (die „Formel-eins“-Kollektion) eineinhalb Meter neben meinem Lieblingszapfhahn sitze (Hintergrundmusik: „Centerfold“ von der J. Geils Band)? Doch, das spielt eine Rolle (das in Klammern nicht).

Weil: es gibt da eine Geschichte. Da ist Morrissey (ohne Zweifel der stil- und geschmackssicherste, belesenste und behörteste, nerdmäßig gebildetste und möglicherweise eloquenteste Populärmusiker des 20. und 21. Jahrhunderts; „Frisch gepreßt #399: Sparks „Hippopotamus““ weiterlesen

Belästigungen 19/2017: Hi hi hi! Ha ha ha! (ein Universalhoroskop für ein glückliches Leben)

Man muß nicht an Horoskope glauben, um bisweilen einen gewissen Nutzen aus den wahllos in der Gegend herum medisierten Lebensweisheiten, Tagesratschlägen und Gemeinplätzen zu ziehen, die Orientierungslosen in Zeiten der Orientierungslosigkeit eine gewisse Orientierung versprechen. An was soll man sich sonst auch halten? An das Fernseh, in dem seit mittlerweile Jahrzehnten immer die gleichen Berufsplauderer zusammensitzen und ihren Plapperöffnungen von Sabine-Christiansen-Klonen identischen Schwurbel entlocken lassen, um dem Volk da draußen einzudübeln, daß der Neoliberalismus alternativlos, die AfD total wichtig und der demütigende Vorgang, alle paar Jahre ein Kreuzerl auf irgendeine Liste machen zu dürfen, eine echt pfundige Demokratie und drum Superpflicht ist? „Belästigungen 19/2017: Hi hi hi! Ha ha ha! (ein Universalhoroskop für ein glückliches Leben)“ weiterlesen

Frisch gepreßt #398: Hammock „Mysterium“

Der frühe Herbst ist die Zeit, in der Erinnerungen zu Träumen und Träume zu Erinnerungen werden, in der unerfüllte Gefühle, vergebliche Sehnsucht und sporadische Zärtlichkeiten in Bilder fließen, die, von Klängen getragen, das Leben des Vergangenen und das zukünftige Erleben prägen. Eine Baumkrone am Isarufer im spätaugustlichen Gelblicht, ein lächelndes Halbgesicht über einer Bettkante im rauchigen Halbdunkel, schwindender Frühnebel zwischen Feldern, der letzte Sonnenstrahl in einem Bergeinschnitt – selbst der triefendste Kitsch findet seinen gerechten Platz im Museum der Augenblicke, „Frisch gepreßt #398: Hammock „Mysterium““ weiterlesen

Belästigungen 18/2017: Wie man die Welt rettet, indem man sitzenbleibt

Zu den unterschätzten Tätigkeiten insbesondere des Spätsommers zählt das Sitzenbleiben. Damit meine ich nicht das, was Schülern im früheren Sommer früher gelegentlich unterlief, wenn sie die Verweigerung der Aufnahme angeblich nützlicher Wissensfakten und Rechenregeln allzu ausgiebig verweigerten, um statt dessen vernünftigerweise lieber zum Baden zu fahren oder auf Spielplatzbänken herumzuknutschen. Diese Form des Sitzenbleibens kommt kaum noch vor, seit Regierung und Wirtschaft beschlossen haben, Deutschland müsse dringend zukunftsfähig werden und zu diesem Zweck brauche möglichst jeder ein Abitur, das so schnell und früh wie irgend möglich abgelegt werden müsse, damit die sozusagen nürnbergisch betrichterten Bildungskinder umgehend in die Fabriken, Büros und Arbeitsagenturen hineinströmen und das Wachstum ankurbeln. „Belästigungen 18/2017: Wie man die Welt rettet, indem man sitzenbleibt“ weiterlesen

Frisch gepreßt #397: Milo „Who Told You To Think??!!?!?!?!“

Ich mag Musikwitze. Zum Beispiel: Was passiert, wenn man Platten rückwärts abspielt?

Country: Das Feuer geht aus, die Frau kommt zurück, der Hund wird wieder lebendig. Heavy Metal: (bitte beliebige Satanspointe dazudenken). Bei Elektro: passiert nichts. Hip-Hop-Platten: handeln plötzlich nicht mehr nur von sich selbst.

Der versteckte Vorwurf geht selbstverständlich ins Leere, weil Platten mit populärer Musik im Grunde immer von sich selbst handeln. Daß die „Frisch gepreßt #397: Milo „Who Told You To Think??!!?!?!?!““ weiterlesen

Belästigungen 17/2017: Endlich: eine Seite ganz ohne Faschismus! (na gut, nicht ganz ganz …)

A ruft an und berichtet, sie habe sich von V getrennt, weil sie seinen „Ernährungsterror“ nicht mehr ertrage. Ich bitte sie, mit dem Wort „Terror“ am Telephon vorsichtig zu sein, schließlich wisse man nie, ob so eine Bezichtigung für BKA, Polizei, NSA und sonstige Interessierte nicht Anlaß genug sei, V als „Gefährder“ einzustufen und stante pede in irgendein Kriegsgebiet abzuschieben. Ich solle nicht so zimperlich sein, zürnt A, sondern lieber mal was schreiben zu diesem Thema, schließlich sei das der blanke Faschismus.

Nachdem ich vorsichtig aufgelegt, nein: eingehängt, nein: das getan habe, was man heutzutage tut, um ein fernmündliches Gespräch zu beenden (und wofür es leider noch kein Wort gibt), ruft K an und sagt, er versuche seit Stunden, mich anzurufen, könne aber nichts und niemanden erreichen, weil sein Telephon seit ebenso vielen Stunden mit irgendwelchen Updates beschäftigt sei, die er zwar weder wolle noch brauche, gegen die er sich aber auch nicht wehren könne, und wenn dieser Faschismus so weitergehe, werde er das Ding „Belästigungen 17/2017: Endlich: eine Seite ganz ohne Faschismus! (na gut, nicht ganz ganz …)“ weiterlesen

Frisch gepreßt #396: Alice Cooper „Paranormal“

Detroit/Phoenix 1948-64: Die Vorfahren Hugenotten, Sioux, Engländer, Schotten, Iren, der Papa Laienprediger, der Opa Apostel der Kirche Jesu Christi, in der Vincent Damon Furnier mit elf brav ministriert, in der Schule brilliert und Mitglied des DeMolay-Ordens wird, wo er Kameradschaft, Treue, Familie und Sauberkeit schätzen lernt. Er kränkelt, schließt das Kunst-College ab und gründet eine Band, in der niemand ein Instrument spielen kann, die aber mit einer Pantomime zu Beatles-Playback einen Talentwettbewerb gewinnt. Also lernt man spielen, nennt sich The Spiders und tritt vor einem riesigen Spinnennetz auf. „Frisch gepreßt #396: Alice Cooper „Paranormal““ weiterlesen

Frisch gepreßt #395: Mammút „Kinder Versions“

Herzlich willkommen im Museum der großen, der unvergänglichen Kunstpop-Damen! Wie Sie sehen, ist unser Haus von bescheidener Größe, aber sie werden sich aus dem Chemieunterricht erinnern, daß ein kleines Stück Gold durchaus mehr Gewichtigkeit vorweisen kann als ein ebensolches aus Pappendeckel. Und sehen Sie, wir sind relativ streng, was unsere Aufnahmekriterien betrifft, und dann ist es ja auch so, daß Frauen im Kunstpop generell unterrepräsentiert sind. „Frisch gepreßt #395: Mammút „Kinder Versions““ weiterlesen

Belästigungen 16/2017: Haben Sie den Gorilla da drüben gesehen? Obacht, der bringt Sie in „Sicherheit“!

„Sicherheit“ ist ein begehrter Zustand. Den meisten Menschen, möchte man meinen, erscheint „Sicherheit“ erstrebenswerter als – nur zum Beispiel – berauschte Euphorie, verliebte Glückseligkeit und orgasmische Ekstase. Sonst käme die CSU kaum auf die Idee, auf ihre Wahlplakate lediglich zwei aneinandergeklebte Gesichter und dieses eine Wort zu drucken: „Sicherheit.“ Sondern sonst stünde da „Sex“ oder „Saufen“ oder „Liebe“ (was bei einer katholischen Partei ja nicht abwegig wäre).

Sicherheit ist ja auch schön. Jeder wünscht sich, sicher zu sein: Wer gerne arbeitet, mag seinen Job behalten. Wer nicht auf der Straße schlafen will, ist sich gerne seiner Wohnung sicher. Wer Hunger hat, wünscht sich was zu essen, wovon er weder krank noch dumm noch tot wird, das er aber dennoch „Belästigungen 16/2017: Haben Sie den Gorilla da drüben gesehen? Obacht, der bringt Sie in „Sicherheit“!“ weiterlesen

Frisch gepreßt #394: The Popguns „Sugar Kisses“

Manchmal stößt man sehr unverhofft auf Sachen, die man längst kennen sollte. Zum Beispiel der Musikchronist, der seiner Pflicht nachgeht und sich alles, was man aktuell kennen sollte, tapfer und eisern anhört. Dem können sommerbedingt auch mal die Nerven reißen, wenn er an einem mit juniendetypischer Frische lockenden Traumtag im Alphabet bei „Lo“ anfängt und nach einer langen Stunde mit London Grammar und Lorde mal wieder ernüchtert feststellt, wie betrüblich, öde, lähmend und die Fantasie mit plastikschaumgefüllten Kissen im Halbschlaf stickmeuchelnd das alles ist, was ihm die Trendindustrie als führend, wichtig und prägend andrehen möchte. „Frisch gepreßt #394: The Popguns „Sugar Kisses““ weiterlesen