Belästigungen #418: Letzte Ausfahrt Palliativstation (bitte vorher abbiegen!)

Es zählt zum festen Repertoire meiner alljährlichen Sommervorsätze, so viele lustige, spannende, schöne, begeisternde, mindestens erfreuliche, bewußtseinserweiternde, hin-, mit- und umreißende Dinge wie nur möglich zu erleben, Tag und Nacht von wunderbaren Menschen umgeben zu sein, Sex zu haben, Bier zu trinken, Drogen zu nehmen, geile Musik zu hören, schöne Bücher zu lesen, in kristallperlenden Seen und Flüssen zu schwimmen, den blauen Himmel zu überstrahlen und in Gewitterschauern nackt auf der Straße zu tanzen. Deshalb entwickle ich in gewissen Momenten eine Art pädagogischer Radikalität: Wenn ich mit einer Ananas und einer Avocado in der Hand stundenlang an entwürdigenden Kassen herumstehen und zuschauen muß, wie brunzhäßliche Menschen tonnenweise Müll, Dreck und notfalls noch fünf Packungen Erfrischungsstäbchen aufs Rollband legen, dann möchte ich ihnen zurufen: Was ihr da tut, ist falsch! Es ist böse! Es wird euch noch unglücklicher und brunzhäßlicher machen, als ihr sowieso schon seid! „Belästigungen #418: Letzte Ausfahrt Palliativstation (bitte vorher abbiegen!)“ weiterlesen

Frisch gepreßt #298: Almut Klotz & Reverend Dabeler „Lass die Lady rein“

Es gibt Dinge im Leben, die sind so schlimm, dass man sie erzählen muss, weil man sie ertragen eigentlich nicht kann.

Vor Jahren war ich mal Schlagzeuger in einer Band, einen Abend lang. Das ging so: Tags zuvor spielten Almut Klotz und Rev Dabeler auf einer kleinen Münchner Bühne und sollten am nächsten Tag wieder auf einer kleinen Münchner Bühne spielen, die zufällig meine Wohnzimmerbühne ist. Es war (der erste) ein bezaubernder Abend, wie immer, wenn die beiden den Raum und die Nacht mit ihren schönen, weisen, witzigen, bescheidenen, melancholisch verdrehten und verwobenen Liedern füllten; nur fand ich die elektrische Beatbox, die normalerweise die rhythmische Leitplanke bildete, irgendwie schade und schlug deshalb (es gab auch Bier, ja) vor, sie am folgenden Abend durch ein lebendiges Schlagwerk zu ersetzen. Prima Idee, fand Almut mit ihrer gewohnt geduldigen Milde und fröhlichen Neugier, Rev nickte sein gelassenes Nicken, und schon war ich Schlagzeuger, besorgte mir von einem guten Freund eine dieser modischen Klopfkisten, und nach einer knappen Viertelstunde Proben waren wir eine Band, für einen Abend. Es war ein famoser, intimer, höchst belustigender und fröhlicher Abend, den eine große Wärme erfüllte. Besser kann ich das nicht beschreiben, tut mir leid. „Frisch gepreßt #298: Almut Klotz & Reverend Dabeler „Lass die Lady rein““ weiterlesen

Belästigungen #417: Wieso das Private politisch und das Politische gulugulu (und das insgesamt wurst) ist

Meine Kolumne, sagt ein Freund, gerate in letzter Zeit dermaßen privatistisch, daß es ein Skandal sei: nur noch Herz- und Liebesarien und philosophisches Gewölk! Ich müsse mich Handfestem widmen, den wichtigen „Themen“ nämlich der Politik, schließlich seien demnächst Wahlen und pi pa po.

Ich spare mir den Einwand, wir wüßten doch seit Meinhof, Adorno und den Sechzigern, daß das Private politisch und nichts so politisch sei wie Liebe und daß es ein richtiges Leben im Falschen nicht gebe etc. pe pi pa po, weil der heißen Münchner Sommerluft nichts hinzuzufügen ist und ich zum Baden will.

Also gut: Politik. Deren greulichen Emanationen in Form zerlumpter Plakatständer ist auf dem Weg von Schwabing zum Flaucher so und so nicht zu entgehen. „Statt abhören zuhören“ fordern die „Grünen“ (von wem, steht nicht dabei), „Zuhören statt abhören“ empfehlen die „Piraten“ (wem, steht nicht dabei), und die drittwichtigste neoliberale Flummypartei hält „Politik muß zuhören, nicht abhören“ für einen guten Rat (an wen, steht nicht dabei). „Belästigungen #417: Wieso das Private politisch und das Politische gulugulu (und das insgesamt wurst) ist“ weiterlesen