
An dieser Platte ist scheinbar rein gar nichts echt, oder sagen wir: natürlich. Nicht ein einziges der vielen Musikinstrumente, die zu hören sind – Trommeln, Becken, Gitarren, Baßgitarren, Klaviere, Geigen, diverse Flohmarkt-Keyboards und museale Ur-Synthesizer – ist jemals von einer menschlichen Hand oder auch nur einem in der Luft herumschwebenden Bakterium berührt worden, nicht mal von der Luft selbst, diesem septischen Gasgemisch. Diese Musik ist im reinsten Sinne mathematisch und virtuell: bis ins feinste Detail berechnet, geplant, umgesetzt; man glaubt förmlich, die Experten in ihren weißen Kitteln mit Mundschutz vor den blankpolierten Bildschirmen stehen zu sehen, wie sie die Töne mikrometergenau setzen, die Ergebnisse ihrer Arbeit mit Meßgeräten überprüfen, die ansonsten zum Nachweis von Neutrinos und Bosonen dienen könnten. Abschließend wird alles gereinigt, gespült, mit Aceton ausgewaschen, bis die Musik endlich als pure, farb- und geruchlose Substanz auf steril schimmernde Scheiben gepreßt werden kann. „Krach & Wahn (Popmusiktexte aus vielen Jahren): Scissor Sisters „Night Work“ (Juli 2010)“ weiterlesen