Freitag, 7. Juli 2006:
Komisch sei, sagt der Freund, daß jetzt, wo alles vorbei ist, plötzlich so viele Sicherheitsleute am Chinesischen Turm rumlaufen. Stimmt, stelle ich fest, und auf einmal wimmelt Schwabing auch wieder vor Polizei. Diskriminierung! sagt er. Franzosen und Portugiesen sind auch nicht gefährlicher als Deutsche! Vielleicht, sage ich, sind die Deutschen gefährlicher, wenn sie verloren haben. Wir kaufen einem männlichen Photomodell aus der Schweiz zwei grüne Gummiarmreife ab, mit der Aufschrift „Respect“ und „WC 2006“.
Aber die deutschen Nachfeierer singen immer noch ihr Lied, unterstützt von einem Trupp Franzosen, die den Text aus Sprach- und Wahrheitsgründen auf „La la la!“ reduzieren. „Wir stehen wieder auf!“ droht die „Bildzeitung“, „Schade Helden“ lallt die AZ von gestern. „München ist Meister der Weltmeisterschaft“, sagt der Oberbürgermeister. „Der Totti ist ein Weltmeister aus Deutschland“, sinniert ein intellektuell Besoffener in der Sonnenglut. „Ich will das nicht glauben“, jammert ein Halbmastfahnenträger. „Viel Bier“, sagt einer im Mexikotrikot, „Bier müde“, sagt sein Begleiter. „Klinsmann muß bleiben!“ fordert die Nation, aber Klinsmann ist weg. „Ich bin stolz auf dieses Land“, verkündet Horst Köhler. „Deutschland muß sterben, damit wir leben können“, steht auf einer Wand, die abgebrochen wird. Die beflaggten Autos, meistens edle Karossen, haben alle einen Parkplatz gefunden. „Die hätten wir beide weggehauen“, sagt einer nach Frankreichs müdem Halbfinalsieg gegen Portugal und trinkt sein Bier aus, „Gott sei Dank.“ „Aber schön war’s“, sagt der Nachbar, und „Nein“, antwortet er gleich selber, „schön war’s nicht. Aber mei, was willst machen.“ Er gehe jetzt heim, sagt der Freund, und ich: Ich auch, ist spät. „Ihr seid’s doch schon daheim“, lacht der mit dem leeren Bier, „zu Gast bei falschen Freunden.“