Belästigungen 14/2021: Was, wenn wir uns geirrt haben?

Ein Leser schrieb, freundliche Worte fände ich in letzter Zeit nur noch für Tiere und schrübe offenbar deswegen lieber über solche als über die schlimmen Menschen. Das könne er nachempfinden, weil es ihm (mit Ausnahme von Zecke und Mücke) ebenso gehe, allerdings nicht aus Menschenfeindlichkeit, sondern weil wahre Menschen heute selbst mit Diogenes’ Laterne nicht mehr aufzutreiben seien.

Da bin ich anderer Meinung. Zwar: Vom Marxisten bis zum Technofaschisten, vom Menschenfreund bis zum satanischen Ausbeuter, vom pädagogischen Idealisten bis zum grimmigen Militärmordplaner ist seit je her so gut wie niemandem der Mensch, so wie er ist, recht – alle wollten und wollen ihn pimpen, erweitern und insbesondere aufrüsten, um ihn „besser“ zu machen. „Belästigungen 14/2021: Was, wenn wir uns geirrt haben?“ weiterlesen

Belästigungen #430: Ich bin nur ein Symbol, mein Schatz!

„Warum liest du das?“ frage ich das Mädchen, das am Nebentisch sitzt und ein Taschenbuch von Thomas Mann liest und dabei schaut, als wären die Buchstaben zu klein oder irgendwie frech. Über uns leuchtet der Himmel, wie er das im Februar am frühen Nachmittag tut: golden, weiter entfernt, als es scheint.

„Ich mag seine Symbolik“, sagt sie und blickt mich an wie eine überraschend erblühte Blume auf einer winterlichen Wiese.

„Oh“, sage ich und weiß nicht weiter. Eine Horde von Vögeln fliegt plötzlich auf und bildet für einen flüssigen Augenblick eine Sichel um uns, die sich als Wolke auflöst. „Belästigungen #430: Ich bin nur ein Symbol, mein Schatz!“ weiterlesen

Belästigungen #425: Was ein Gender ist und wie man es am besten diskriminiert

Ein Freund, der auf der Universität was geworden ist, rief an und teilte mit, ich dürfe ihn demnächst „Professorin“ nennen. Oho, dachte ich, neulich noch so verliebt, und jetzt eine Geschlechtsumwandlung? Muß eine heftige Affäre gewesen sein.

Er klärte mich auf: Keineswegs werde er zur Frau, höchstens im grammatischen Sinne und da auch nur gewissermaßen. Nämlich habe man einst, um Frauen nicht mehr zu diskriminieren, aus der „Frau Professor“ eine „Professorin“ gemacht, die dann aber immer noch diskriminiert worden sei, weshalb auch in der Mehrzahl aus den „Professoren“ die „ProfessorInnen“ geworden seien. Leider habe sich herausgestellt, daß damit die Diskriminierung nicht zu beseitigen sei, weil „Professor“ nun mal die Stammform und „Professorin“ nur abgeleitet sei. Und drum sollten nun alle unterschiedslos „Professorin“ heißen, was zwar in gewisser Weise die Männer diskriminiere. Das sei aber nicht so schlimm, weil die schließlich die Frauen jahrhundertelang diskriminiert hätten; da müßten sie jetzt schon mal ein bißchen Gegendiskriminierung hinnehmen. „Belästigungen #425: Was ein Gender ist und wie man es am besten diskriminiert“ weiterlesen