Reisen im Regal (12)

Auf Seiten der Unterthanen, welche ihren Herrn über alles Gesetz erhaben zu seyn glauben, wird ein blinder, stummer und knechtischer Gehorsam gefordert und geleistet.
Diejenige, so wissen, daß es anders seyn sollte und könnte, werden bey dieser allgemeinen Unempfindlichkeit muthlos, die Wächter der Gesetze ermüden und ihre Stützen sinken.
Friedrich Carl von Moser: Von dem deutschen Nationalgeist (1766)

In the twenty-first century, as in the twentieth, some of the challenges faced by the Security Service will be difficult, if not iompossible, to predict. One of the lessons of its first hundred years is that it will respond to these challenges best if it has a long-term perspective. In the words of Winston Churchill, for half a century a committed supporter and occasional critic of the service, ‚The further backwards you look, the further forward you can see.‘
Christopher Andrew: Defend the Realm – The Authorized History of MI5 (2009)

Der graziöse Feuilletonist Viktor Auburtin, der ‚Vierzig-Zeilen-Fontane‘, wie ihn seine Kollegen nannten, erzählte die Geschichte von dem Berliner Redakteur, den es plötzlich im Frühling packte: er fuhr mit der Straßenbahn hinaus ins Grüne, ging zwischen den Feldern spazieren und hörte, wo er ging, ein leises Zwitschern. Zu sehen war nichts, und so dachte der Redakteur, es sei die erste Lerche, hoch oben im Ätherblau. Er setzte sich an den Wegrand und schrieb ein Feuilleton über die Lerche und über den Unfug, jetzt in der staubigen Stadt zu sitzen. Dann fuhr er mit der Straßenbahn zurück, und als er durch das Zeitungsviertel ging, horch, da zwitscherte es wieder, und der Redakteur merkte, daß es das schadhafte Scharnier von seinem Kamerariemen war, das so zwitscherte. Im Vorbeigehen gab er die Kamera gleich zur Reparatur und beeilte sich dann, wieder in die Redaktion zu kommen, damit er das Feuilleton über die Lerche noch rasch in Satz geben konnte.
Walther Kiaulehn: Berlin – Schicksal einer Weltstadt (1958)

Der Kommunismus führt, nachdem er im Weltmaßstab gesiegt hat, zum Zusammenschluß der Völker zu einer einheitlichen, brüderlichen, arbeitenden Familie, zur Beseitigung der Staatsgrenzen und schließlich zum Verschwinden der nationalen Unterschiede. Der Kommunismus sichert den ewigen Frieden auf der Erde.
P. N. Fedossejew et al.: Wissenschaftlicher Kommunismus (1972)

„I beg to differ with you“, Secretary Watts replied. „My job as secretary of interior is to see we don’t have too many trees cluttering up our forests. It discourages private investors from exploiting our natural resources. I don’t have anything against trees personally, but I don’t like to see them romanticized and used by the environmentalists as a lobbying weapon against private industry.“
Art Buchwald: While Reagan Slept (1981)

Bei Funktionären darf letztlich nicht vergessen werden, daß diese Ideologie auch die eigenen Privilegien und Machtkompetenzen begründet und rechtfertigt. Es ist, wie man aus allen Ländern zu allen Zeiten weiß, nicht allzu schwer, sich zu einer Ideologie zu bekennen, die mit den eigenen persönlichen Interessen übereinstimmt, ja, die eigenen ökonomischen, sozialen und politischen Machtprivilegien begründet und rechtfertigt.
Wolfgang Leonhard: Was ist Kommunismus? (1976)

„Na“, sagte Ivor Dacre seufzend, „wenn einmal ein Gentleman bestohlen, beraubt und ausgeplündert werden muß, so ist es zum mindesten ein Trost, wenn wenigstens der Räuber ein wirklicher Gentleman ist.“
Anonymus: Die verlorene Herzogin (1915)

Als das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold zur Verteidigung der Freiheit von den demokratischen Parteien gegründet wurde, gab es im Ullsteinhaus einen schmächtigen Reporter namens Ulrich Salingré, ein glühender Demokrat, rührig tätig für die demokratische Schutzorganisation. Salingré ließ sich eine Reichsbanneruniform machen und zeigte sich gern damit. Das Bild wechselte bereits 1930, nachdem die Nationalsozialisten mit 107 Abgeordneten in den Reichstag eingezogen waren. Zu dieser Zeit wurde ihm bereits vom Ullsteinhaus bedeutet, daß er doch mehr neutral auftreten müsse, also ohne Uniform. Die Neutralität wurde gewissermaßen mit dem Zeilenmesser bekundet. Man veröffentlichte plötzlich genauso viele oder so lange Berichte von Stahlhelm- oder SA-Aufmärschen wie vom Reichsbanner. Am 31. Januar 1933 – also nach Übertragung des Reichskanzleramtes an Adolf Hitler – erschien ein Blatt dieses Verlages mit der Überschrift: „Der Aufbruch einer Nation!“
Arno Scholz: nullvier (1962)

Die Welt besteht seit Äonen, die Erde und ihr Leben seit Jahrmillionen, und seit Tausenden von Jahren greift der Mensch in das Gefüge und Getriebe der Natur ein. Aber das Ganze besteht heute wie am ersten Tag und wird auch in ferner Zukunft sein! Und nur das ist ja der Sinn, der allem Geschehen zugrunde liegt, daß die Ordnung und Harmonie des großen, in steter Bewegung und im Fluß befindlichen Ganzen erhalten bleibt. Nicht das Bestehen des Einzelnen und der Einzelnen liegt, wenn man so sagen darf, im Interesse des Weltgeschehens.
August Friedrich Thienemann: Leben und Umwelt (1956)

Vor dem Fenster Rauchfänge, Kamine, alte Dächer. Dachziegeln, auf denen sich Braun und Grün mischten, erschienen manchmal violett oder olivfarben. Darüber war der hohe Himmel mit der Wolkenszenerie, und alles sah, von oben betrachtet, sorgfältig geordnet aus, während es sich unten ineinandermischte.
Ich dachte: was du denkst, braucht nur für dich zu stimmen … Jeder legte sich etwas zurecht über das Leben, und was dabei herauskam, stimmte nur für ihn.
Hermann Lenz: Die Begegnung (1979)

Our contacts with the animal world in pioneer periods were even more intimate and more extensive since many wild animals were included. It was not the sympathy of the animal for man, but certainly man’s belief in that sympathy, which was largely responsible for domestication. How many ages and how firm a faith it took for the human being to coax into life a genuine interspecies affection between himself and the jackal, one of the most disgusting of beats, we shall never know. But faith and infinite patience finally accomplished the miracle. The transformed beast now licks man’s hand or face, while man on his part accepts these lingual caresses with evident satisfaction.
Roy Bedichek: Adventures with a Texas Naturalist (1946)

Wenn der Hochmut von ihrem Gesicht wiche, was würde ich sehen? Verzweiflung, bilde ich mir ein. Nicht die passive, in sich gekehrte Verzweiflung, die sich stumm auslebt, sondern die rasende Verzweiflung, die alles in Reichweite zu Asche verbrennt.
Maeve Brennan: Sie waren beide um die vierzig (1968)

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