Ich erinnere mich an einen Frühlingstag, erfüllt von einer unergründlichen jugendlichen Sehnsucht, die in mir explodierte, als aus einem Fenster vier Gitarrennoten ertönten, die vielleicht bekanntesten vier Noten der Popgeschichte, aus der Einleitung von „Shine On You Crazy Diamond“. Damit wurden Pink Floyd „amtlich“: Das Album „Wish You Were Here“ lief um 1976 in praktisch sämtlichen Räumen, die man betrat, und das obwohl niemand „Have A Cigar“ mochte und kein Mensch wußte, was die zwölfeinhalb Minuten „Shine On“ auf der zweiten Seite sollten, außer der musikalischen Verkörperung von Watte. Wer sich das dreimal hintereinander anhört, kann sich die Frage sparen, wieso Punk sein MUSSTE.
Aber so funktionierte das Phänomen Pink Floyd: Bestimmte Momente ihrer Musik verknüpften sich schon durch die Dauerbeschallung so untrennbar mit dem eigenen Leben, daß viele Millionen Menschen irgendwann glaubten, der Trick funktioniere auch umgekehrt. Mir wurde von der aufdringlichen Wichtigkeit und penetranten Witzlosigkeit der Band spätestens nach „Animals“ übel. „The Wall“ halte ich für den aufgeblasensten Popanz, der in diesem Universum überhaupt vorstellbar ist, und mit diesem Album begann ein Phänomen, das sich später noch erheblich verstärkte: Ich vergaß Pink-Floyd-Platten, noch während ich sie hörte, und es gelang mir trotz größter Mühe nicht, irgend etwas davon wirklich wahrzunehmen – außer dem unangenehmen Gefühl, von dem pathetisch klagenden Gedudel in einen Apfelstrudel verwandelt zu werden.
Schon das Cover des angeblich wirklich letzten „neuen“ Albums läßt Schlimmstes ahnen, zumal bei einer Band, die in dieser Hinsicht bis 1977 selbst Led Zeppelin blaß aussehen ließ und deren Platten sich viele nur aus optischen Gründen kauften. Vielleicht ist das Absicht, denn so schrecklich, wie der Zeugen-Jehovas-mäßige Wolkenruderer andeutet, ist das, was auf den 18 Tracks ertönt, beileibe nicht. „Tracks“, weil: Gesungen wird nur im letzten, ein Song ist das aber auch nicht, dazu bräuchte es eine irgendwie erkennbare und memorable Melodie. Statt dessen mäandert und nudelt der „endlose Fluß“ von Softrock und New-Age-Geräusch mehr oder weniger beschaulich, meditativ und zum Glück weitgehend unpathetisch vor sich hin, schwappt nur einmal („Anisina“) heftig in den Kitschsumpf, und wieder gelingt es schon beim Hören nicht, sich an irgend etwas zu erinnern. Man wartet bis zum Ende auf eine Auflösung wie durch die besagten vier Noten, vergeblich. Der ideale Soundtrack für traumlosen Schlaf oder verkaterte Regentage, an denen man zu faul ist, um auch nur einen Gedanken zu fassen.
Positiv gesagt: ein perfekter Schluß für das Werk einer Musikgruppe, die als eine der abenteuerlichsten und wagemutigsten überhaupt anfing, zum gelähmten Monster mutierte und schließlich zu einem Staubhaufen von Belanglosigkeit zerbröselte. Und als solcher ist die Platte tatsächlich gar nicht schlecht gelungen.
geschrieben im November 2014 für KONKRET
2014 im November hatte ich bereits 7 Monate die GEZ verweigert.
Als klassisch ausgebildeter Musiker, der die längste Zeit seines Lebens Popmusik verachtete, habe ich keine Ahnung von „pink floyd“. Doch diese „wall-Nummer“ erinnert an ein niedlich-wilhelminisch-rassistisch-imperialistisches Kinderlied….
„Heiß brennt die Äquatorsonne auf die öde Steppe nieder
wo im Krale der Ovambo…seine Lieder“
Kalitschkakauka Tschulima
gruß aus der Taiga
Pink Floyd war nie so meins, entkommen ist man denen ja aber nicht und was so im Radio läuft kenne ich auch, ein schöner Text. Mir schien das immer ein Projekt zu sein das auf Marktstudien Rücksicht nimmt und auf maximalen Breitenerfolg hin komponiert ist. Viel Geld hat es ja gebracht und dem Nick Mason ein eigenes Studio und was da so raus kam gefällt mir teils recht gut und auch sehr gut, die Fictitious Sports (Material von Carla Bley und mit ihr) höre ich bis heute gelegentlich gerne und bei The Hapless Child hat er ja auch schon eine Rolle gespielt und um Robert Wyatt hat er sich auch verdient gemacht. Und in ihrer Anfangszeit, vor dem Erfolg, sollen sie gute Musik gemacht haben habe ich mal gehört.