Belästigungen 3/2023: Ich will nicht essen, was ich sein soll (aber hoffentlich nicht bin)!

Der Mensch, heißt es, ist, was er ißt. So gesehen wäre es durchaus angemessen, wenn der Mensch zumindest im einst wilden, heute angeblich regelbasierten „Westen“ nicht mehr Hirsch und Antilope bejagt und süßsauersaftige Früchtchen vom Baum brockt, sondern Mistkäfer, Schaben und insbesondere Ameisen trocknet, zermahlt und aus den „teilentfetteten“ Resten der Krabbelviecher so was ähnliches wie Graubrot erstellt, um es mit veganer Brühwurst und grünchemisch zusammengemanschten Kunstölemulsionen zu bestreichen und zwecks Erhaltung der Arbeitskraft im Schweiße seines fitneßgestählten Angesichts zu verzehren.

Andererseits sollte man von Ameisen vielleicht die Finger oder vielmehr Zähne lassen, gerade wegen der auffälligen Ähnlichkeiten von Verhalten und Wirtschaftsweise – inklusive Heranzüchtung von Fettmutanten, die bei den Kleinkrabbelviechern immerhin der Arterhaltung dienen, beim Menschen hingegen lediglich mit Privatjets um den Planeten jetten, irgendwas mit Klima schwurbeln und alles aufsammeln, was an Wert und Profit anfällt – weil sich eben angesichts der Zurichtung des modernen Westmenschen durch seine Zuchtbeauftragten und Ausbeutungsorganisatoren beim Verschlingen dieser Spezies ein zumindest metaphorischer Kannibalismusverdacht aufdrängen könnte.

Ich bitte um Verzeihung für den bandwurmähnlichen Schachtelsatz – der ist mir ohne Hinblick auf den Nährwert so herausgerutscht. Und ich möchte nicht mißverstanden werden: Ich bin zwar Vegetarier, habe aber nichts dagegen, wenn andere Menschen meinen, Tiere schlucken zu müssen. Obwohl ich noch nie verstanden habe, wieso man in unseren Breiten Schweine, Kaninchen, Forellen und Hühner essen darf, Wellensittiche, Ratten, Goldfische und Hunde jedoch nicht, müssen die Eßtiere meinetwegen nicht mal so serviert werden, daß man ihnen ihr Tiersein beim Essen noch anmerkt oder -sieht. Und daß das Leben an sich nicht darum herumkommt, sich anderes Leben einzuverleiben, gilt ja auch im Fall von Blatt, Wurzel und Korn und selbst bei manchen symbiotischen Beziehungen.

Ich habe übrigens sogar selber schon mal Ameisen gegessen oder vielmehr getrunken. Das war allerdings weder geplant noch beabsichtigt: Der Strohhalm in meinem Soft Drink, den ich damals für kurze Zeit am Strand des Fohnsees zurückgelassen hatte, erschien ihnen wohl eine genauere Inspektion wert, und als der Schluck im Mund war und mir die ungewöhnliche Säuerlichkeit des Safts auffiel, war es schon zu spät. Unangenehme Folgen hatte das nicht. Ob es mir einen nutritiven Gewinn brachte, weiß ich aber auch nicht.

Und übrigens war im Kochbuch meiner Oma ein handgeschriebenes Rezept für eine Maikäfersuppe eingelegt, bei dessen Entdeckung mir als Grundschulbuben die Haare zu Berge standen. Nicht weil es damals schon keine Maikäfer mehr gegeben hätte – die gab es periodisch und regional in solchen Massen, daß selbst die Hühner auf dem Bauernhof meiner niederbayerischen Verwandten das Angebot, das wir ihnen servierten, kaum bewältigen konnten. Aber daraus eine Suppe zu kochen, erschien mir irgendwie abstrus. Zwar hatten wir im Kindergarten auch mal Regenwürmer probiert, aber nur um festzustellen, daß Bandnudeln besser schmeckten. Und um kleine Mädchen zu schockieren, zu welchem Zweck auch immer.

Meine Oma erklärte mir, im und nach dem letzten Krieg – der damals noch nicht so lange her war wie heute der NATO-Angriffskrieg gegen Jugoslawien – habe man schauen müssen, was da war, und da konnte keiner heiklig sein, zumal nicht immer bekanntgegeben wurde, was im Topf so alles mitköchelte, und eine anständige Portion Maggi eventuelle Nachfragen sowieso verhinderte. Später erfuhr ich von einer afrikanischen Freundin, daß sie als Kind Heuschrecken ebenso geliebt hatte wie wir die damals gerade eingeführten Pommes frites. Wenn die gierigen Wüstlinge in der Abenddämmerung schwarmweise wie Gewitterwolken über die Felder herfielen, standen Fässer mit heißem Öl bereit, in die man mit Tennisschlägern und Zweigen so viele davon direkt aus der Luft hineinbeförderte, wie es nur ging. Fünf Minuten fritieren, Salz drauf, und fertig war die Delikatesse, die für einige Tage die geraubten Feldfrüchte ersetzte.

Ich bin also bestimmt nicht etepetete und finde den versehentlichen Verzehr eines Mückenschwarms beim abendlichen Herumradeln nicht halb so eklig oder pervers wie die angebliche Kulturtechnik, Tiere zu Brei zu zerhäckseln und in ihren eigenen Darm zu stopfen oder Kindern den Verzehr solcher Produkte schmackhaft zu machen, indem man sie zu Lachgesichtern oder freundlichen Bärchen formt oder behauptet, Hirn sei gut für das Hirn oder ähnlichen kruden Unfug.

Trotzdem oder eben deswegen will es mir nicht recht natürlich erscheinen, Dinge zu essen, die mit dem, was sie zu sein behaupten, vorgeben oder scheinen, nur noch den Schein gemeinsam haben. Ich stelle mir ja auch keine Dummy-Bücher ins Regal – also verklebte und gebundene Stapel von leerem Papier, auf deren Rücken „Goethe“ oder so was steht – und erhoffe mir davon intellektuelle Erhellung.

Darum geht es letztlich bei dem Insektenfraß, den die notorische europäische Union – die ja dem Mythos zufolge früher vor allem für die Überwachung der Krümmung von Gurken zuständig war – neuerdings legalisiert hat: Da werden Grillen, Schaben, Würmer, Larven des Getreideschimmelkäfers und was weiß ich noch für ein Gekreuch und Gefleuch auf irgendeinem sogenannten Substrat herangezüchtet, geschreddert, entölt und irgendwie zu Proteinpulver gemacht, das man dann in Semmeln, Pizza, pseudoveganen Pseudoburgern und tausend anderen Futtermitteln für das Menschenvieh hoffentlich nicht mehr wiedererkennt. Das will mir nicht gefallen. Ich kann mich an Skandale erinnern, die sich darum drehten, daß man Hühner mit Fischmehl mästete, woraufhin ihre Eier deutlich nach Meeresfrucht schmeckten. Ich weiß auch noch, wie man diskutiert hat, was herauskommt, wenn man Schlachtvieh mit seinen eigenen Kadaverresten ernährt. Man nannte das BSE oder Rinderwahnsinn, und bewiesen wurde der Zusammenhang wohl nie. Mir reicht aber auch in diesem Fall der Verdacht.

Daß die Insekten, die wir uns zukünftig einverleiben sollen, nicht wirklich gesund sein können, erkennt man möglicherweise daran, daß wir das bislang nicht tun, zumindest nicht freiwillig, sondern einen gehörigen Ekel davor empfinden. Solche Grund- und Bauchgefühle haben schon ihren Zweck, und tatsächlich ist längst auch wissenschaftlich nachgewiesen, daß zum Beispiel Chitin ziemlich giftig sein kann und auch manch anderer Insektenbestandteil samt kollateralen Parasiten, Pilzen und so weiter recht abträglich wirkt oder zumindest nichts zu einer anständigen Ernährung beitragen kann. Dagegen sprechen die „offiziellen“ Studien, die selbstverständlich vom Hersteller (es ist nur einer, weil Monopole ja sowieso groß in Mode sind) durchgeführt, geheimgehalten und von den zuständigen Behörden ohne jegliche Prüfung durchgewinkt werden. Ein Verfahren, das wir von gewissen anderen Stoffen kennen, die uns nicht per Mund, sondern per Spritze zugeführt wurden und für deren Verordnung man immerhin noch eine vermeintliche Notlage herbeibauschte. Die liegt diesmal ganz bestimmt nicht vor. Es sei denn, man prognostizierte eine solche aufgrund der gezielten Vernichtung der Landwirtschaft, die angeblich dafür sorgen soll, daß das Klima ab jetzt bleibt, wie es ist, und durch die vor allem Flächen für Millionen neue Windräder freigeräumt werden sollen. Daß in den Biochemieküchen an der Goldgrube und anderswo bereits an genetischen Therapeutika für exotische neue Allergien, Autoimmun- und andere Krankheiten gepanscht wird, ist zu vermuten. Irgendwo müssen die nächsten Milliarden ja herkommen!

Nun mag man meinen, man müsse das Zeug ja nicht essen, schließlich zwingt einen (noch) keiner dazu. Aber wer liest schon bei jeder Breze den Beipackzettel und vertraut darauf, daß die Angaben ehrlich und vollständig sind? „Dieses Produkt kann Spuren von Hummel, Wanze und Zitterspinne enthalten“? Und wer weiß schon, was er verträgt, bevor man’s ausprobiert und es vielleicht zu spät ist, auch wenn man das erst Monate oder Jahre später merkt?

Immerhin: Chips sollen laut Verordnung freibleiben von dem industriell prozessierten Krabbelzeug. Warum das nun wieder, fragt man sich verwundert. Ein Privileg für die „Sofahelden“ der „Corona“-Zeit, die sich ihre imaginären Ritterkreuze damit verdienten, daß sie zu Hause herumfläzten, Glotze glotzten und Knabberdreck in sich hinein schaufelten, um spätere Generationen vor dem Aussterben durch eine Massenerkältung zu bewahren?

Andererseits hat das meiste von dem, was wir heute tun und sind, so wenig mit dem zu tun, was wir zu tun und zu sein wähnen, daß man doch mal drüber nachdenken könnte, was das eigentlich bedeutet und bewirkt.

Die sogenannte Musik, die uns heute durch den Tag und die Partynacht trägt, stammt aus Maschinen. Wenn es da knallt und zischt, wird kein Stock auf Trommel und Becken geschlagen, sondern lediglich ein elektrischer Impuls erzeugt. Im modernen Krieg tötet man den Feind des eigenen Herrschers aus tausend Kilometer Abstand per ferngesteuerter Drohne, und in den meisten solchen Fällen findet Gott oder wem auch immer sei Dank nicht mal ein Krieg statt, sondern ein sogenanntes Spiel – den Unterschied merkt im Zweifelsfall nur der Feind. Sport übt der neue Mensch hauptsächlich vor dem Fernseher aus, auf dessen Schirm Avatare herumzippeln und einen vermeintlichen, von kommentierenden Agitatoren beschworenen Siegeswillen demonstrieren – im Höchstfall simuliert man das Besteigen von Bergen und das Rudern in wilden Strömen an mechanischem Gerät oder fällt aus allen Wolken, wenn man doch mal selber aufbricht in die Erlebniswelt und entgeistert feststellt, daß der Mount Everest kein regelbasiertes Fitneßstudio ist. Das gemütliche Kaminfeuer, vor dem man sich einst vom harten Alltag erholte, flackert ebenfalls nur noch kalt und verpixelt auf dem Display seines elektrischen Nachfolgers. Selbst in das für jedes Leben grundlegende Interagieren der Geschlechtsorgane haben sich identitäre Definitionsfragen eingeschlichen, die das, worum es eigentlich geht, in den tiefen Hintergrund verschieben oder ganz verdrängen.

Was kümmert uns da noch das Essen, wo wir doch sowieso 24-7 in einer Welt vegetieren, die es gar nicht gibt? Wieso geben wir dem drängenden Verlangen der Möchte-gern-und-ist-wohl-auch-Weltregierung, die sich „ökonomisches Forum“ nennt, uns mit denaturiertem Ungeziefer zu mästen, nicht einfach nach? Es war doch schon bei „Corona“ viel einfacher, mitzulaufen und mitzumachen, sich „nudgen“ zu lassen und dem weltweiten Experiment zu unterziehen, wo doch die meisten anderen sich auch nicht wehren und die Verweigerer bis zur Existenzvernichtung gepiesackt wurden und man ja immerhin hoffen konnte, mit einer „milden“ Herzentzündung davonzukommen, die im besten Fall lediglich ein paar Lebensjahre kostet, in denen man sowieso nicht mehr arbeiten und zum weiteren Wachstum des Vermögens der Fettmutanten beitragen könnte?

Vielleicht genau deshalb: Weil man fürchtet, irgendwann selbst nicht mehr echt, sondern nur noch ein gepixelter Avatar zu sein. Und weil man es irgendwann satt hat, daß auf jede Zumutung der feudalen Herrschaften die nächste folgt, jede zuverlässig unverschämter und schlimmer als die letzte – Seuche, Krieg, Käferfraß, die nächste Seuche, der nächste Krieg … und dann?

Der Mensch habe eine Würde, die angeboren und unveräußerlich sei, hat man uns in der Schule mal beigebracht, irgendwann zwischen Maikäfersuppe und „Great Reset“. Vielleicht sollten wir uns darauf mal besinnen. Und uns fragen, wieso es uns eigentlich nach keiner der tollen Innovationen, Maßnahmen und Behandlungen, denen man uns seit Jahrzehnten in exponentiell zunehmender „Schlagzahl“ unterzieht, in irgendeiner Weise besser geht. Und wozu der ganze Schmarrn dann gut sein soll. Und was statt dessen gut für uns sein könnte, im Bauch, im Hirn und überhaupt.

Die Kolumne „Belästigungen“ erscheint seit Dezember 1996 und ist in derzeit sechs Bänden als Buch erhältlich. Zu hören ist sie jeden ersten Freitag im Monat auf Radio München.

5 Antworten auf „Belästigungen 3/2023: Ich will nicht essen, was ich sein soll (aber hoffentlich nicht bin)!“

  1. es träumte mir ein furchtbarer Traum:
    ich stehe als Konfirmand (es wundert mich selber, ich bin ja so alt…) in der evangelischen Kirche zu Kümmersbruck und warte auf die Segnung. Grad hat der CVJM-Jugendleiter noch schnell seine Gitarre auf meinem Kopf zerschlagen, da ich an der falschen Stelle gelacht habe und dann will man mich zwingen, diese Oblate in den Mund zu stecken…ich renne weg und stehe unvermittelt in der Warteschlange beim „Feinkost Käfer“, (hahahaha-!! was für ein Scheißnamen), die Verfolger habe ich abgehängt… doch hier gibt es heute auch diese Oblaten, diejenigen Packungen, bei denen das Haltbarkeitsdatum abgelaufen ist, die gibt es zum halben Preis – deshalb ist da so ein Gedränge. Diese Oblaten sind exklusivzertifiziert gebacken als „Sühnezeichen“ und beinhalten Proteine von Filzläusen, gezogen auf jungfräulichen Nahöstler*Innen. Die Hälfte des Erlöses geht an einen Kieh-butz und die andere an die Ostfront zur Stärkung … Ich soll nun die Verkostung der Oblaten eröffnen… mit Bewegungen, die an Brustschwimmen erinnern könnten, hebe ich ab und schwimmflattere rauf und weg, man grabscht nach mir, doch ich gewinne Höhe…
    bei der Sau am Rande des Dorfes lande ich
    erleichtert wache ich auf

  2. Wow, was ist denn Das fuer ein Reinhauer neulich bei … der Scheiszplattform mit dem eben dem Article hier (vglichen zum normalen Michael Sailer blog dorten) 8.000 or so vjus ? Respect ! Geht Ginge Da Meer ?? Gwinnbeteilichung ?… Erstaunt. Kopp HOch !

    1. Frage:
      Was hast Du, Werner Ehrenreich, mit einem Lebekäs´gemeinsam?
      Antwort:
      Bei euch beiden hat der Namen nichts mit dem Inhalt, mit den Bestandteilen zu tun

    1. (Ich werfe mal wieder höflich die Bitte um Höflichkeit in den Kommentaren dazwischen. Bitte nicht vergessen, daß den Zensoren gegenüber ich verantwortlich bin … Danke!)

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