Mittwoch, 7. Juni 2006:
Wieder und wieder erbricht die Weltmaschine das Lackgesicht von Michael Ballack; da sie als Gegenstück nur das Konzept Schweinsteiger zu bieten hat, wird verzweifelt das Urbild des Bären beschworen, der ungreifbar durch die ins Dunkel verschwimmende Ortsortung taucht und sie mit Schafskadavern neu absteckt.
„Die bringen ihre Schafe selber um“, sagt der Freund, „und dann verlangen sie ein Fünzigerl Eintritt zum Begaffen. Der Mensch erkauft sich die mittelbare Ansicht des Ungeheuren.“
Und ich ziehe die Faces aus dem Regal, wo sie fast zwanzig Jahre unberührt schliefen, um durch Rock ’n’ Roll eine Unbestimmtheit zu erzeugen, die unerhört wirkt. „Früher, sackerment, da gab’s halt noch echte Kerle. Die gibt’s heute nicht mehr.“ (Franz Beckenbauer, 20. Jahrhundert)
„Die sind schmutzig“, sagt der Freund, in dessen Gesicht sich das Bubengrinsen von Rod Stewart und Ronnie Wood spiegelt. „In ihren Augen qualmt die Glut der Verzweiflung über die Unveränderlichkeit des Niedrigen, doch sie kapitulieren nicht.“
„Nein“, sage ich, „weil: Das Niedrige ist der Lack auf der Abgründigkeit des Schönen. Kratzfest, aber nur von außen, ätsch.“
„Unfug!“ sagt der Freund, wie: „Heureka!“
Im ersten Sonnenstrahl seit – wann? – tänzelt drüben in der Apianstraße der Kaminkehrer Tré Polk über den First; „Three Button Hand Me Down“ zerbröselt zu antimodernem Musikgeröll, das sich mit Stewarts triumphierendem „Ha!“ zur Lawine sammelt. Zwei Finger, zwei Bier.
Auf der großen Wiese am Flaucher findet sich von den vielen, vielen Stamm- und Zufallsmitspielern nicht einer ein. Sitzen die alle schon vor den Leinwänden, gemeinsam bebend vor Amüsierungszorn? Zu dritt stolpern wir unter dem erwachenden Frühlingshimmel durchs runzlige Gras, staunen über die unbewegte Leere, die Höhe der Bäume, lachen über die Kapriolen des Balls, „footlose and fancy free“.