Belästigungen 12/2022: Acht Milliarden Symbole – „Schnutenpulli auf und Flagge zeigen für Vielfalt!“

Daß es die deutsche Fußballnationalmannschaft noch gibt, ist weder logisch noch aus historischer Notwendigkeit zu erklären. Ihre angebliche eigentliche Funktion – ansehnliches, punktuell womöglich gutes, schönes oder wenigstens interessantes Fußballspiel zu vollführen – hat sie zum letzten Mal ungefähr 1973 erfüllt. Seitdem ähneln die diesbezüglichen Bemühungen eher denen eines Magiers, der vergeblich versucht, eine lebendige Taube zu verschlucken, um sie hinterher als Spielkarte wieder auszuscheiden.

In sozusagen umgekehrter Proportionalität und Kausalität sorgten die kläglichen Darbietungen des millionenteuren Sortiments von Rasenläufern zeitweise immerhin für einen Nationalwahn, der den Herstellern von Plastikfähnchen und Gesichtsschmierfarben unerwartete Profite eintrug, während es der Mannschaft 2006 im ohrenbetäubenden „Schland!“-Gebrüll gelang, ihren sogenannten „Heimvorteil“ zu versemmeln und nicht einmal Zweiter zu werden. „Belästigungen 12/2022: Acht Milliarden Symbole – „Schnutenpulli auf und Flagge zeigen für Vielfalt!““ weiterlesen

WM-Tagebuch 2006 – 16 Reste/Ruinen

Dienstag, 18. Juli 2006: Das Wetter ist noch da, aber anders: geblieben die Sonne, das ewige Blau; verflogen die Schwüle, die einem wochenlang das Gefühl gab, die Stadt schwitze stöhnend unter den Massen von Eventmenschen, die überall herumwuselten wie bunte Ameisen. Jetzt bläst der Wind hindurch, ein Aufatmen.

Die Rasentreppen am Olympiasee, Schauplatz des „Official Public Viewing“: von fern eine braune Kaskade mit leerem Blick auf den Berg, wo das absurde Fußballfeld lag. Die schrägen Tore abgebaut, die Kreidelinien verweht, der Kiosk wochentags verbrettert; müßig spaziert man herum, in Kleinstgruppen ohne Sog, nur die weitläufig kalifornische Abteilung sammelt sich zum quäkenden Trupp, als besichtigten sie schon die Ruinen der historischen Schlacht.

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