(periphere Notate): Böller-Eintopf für Schwachköpfe

Die seltsame mehltauartige, an Graubrotschimmel erinnernde geistig-emotionale Lähmung, die das Land seit vielen Monaten befallen hat, mag damit zu tun haben, daß noch in den winzigsten Ämtlein, aber auch in exponierten Herrschaftsämtern jeder Sessel besetzt ist mit Figuren, die nach derzeitigem Wissensstand als Verbrecher, Schwerverbrecher, Mörder, Massenmörder oder mindestens skrupellos aus niederen Motiven handelnde (beziehungsweise nichthandelnde) Helfershelfer oder notfalls Idioten bezeichnet werden müssen. Man kann das ja auch tun, solange man nicht despektierliche Etiketten (etwa „Schwachkopf“ oder „Trottel“) dazusetzt – weil ein juristisches Erwehren eines Massenmörders gegen die Bezeichnung „Massenmörder“ höchstwahrscheinlich ergäbe, daß es sich bei dem Massenmörder um einen Massenmörder handelt, weshalb man davor offenbar lieber zurückschreckt.

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(aus dem tiefen Archiv): „Hilfe! Mein Geld ist weg!“ (Songs zur aktuellen Lage der knappen Kassen, November 2008)

Populäre Musik ist ein Zwitterwesen: Zweifellos ist ihr Aufgabenzweck die Beschwichtigung und Beschwulstigung gesellschaftlicher Widersprüche, die daher rühren, daß die Wir-Propaganda („Blut und Boden“, „Du bist Deutschland“, etc.) mit der wirtschaftlichen Ausbeutung der meisten durch wenige kollidiert – was ohne Abfederung und Ablenkung schlimme Folgen für die wenigen haben könnte. Daneben aber äußert sich im beliebten Lied, in Witz, Schlager, Kabarett und Bänkelsang, selbst unter Rute und Knute der Kulturindustrie, eine ignorante Renitenz und ein freundlicher bis zynischer Wille zur Fröhlichkeit, die nicht nur deshalb bemerkenswert sind, weil sie das von den Einpeitschern so stur verbreitete Vorurteil widerlegen, es seien die armen Leute, die jammern und neiden, und nicht etwa die jammernden Neidhammel von BDI bis FDP, von IFO-Institut bis BMW. So oder so muß, wenn es einem schlecht geht, gesungen und gelacht werden, bisweilen grimmig, oft mit einem „Augenzwinkern“, meist inhaltlich belanglos, stets dem Grundsatz treu, daß sich eh nichts ändern wird und Hauptsache, die Laune stimmt und der Schornstein raucht auch in der Krise. „(aus dem tiefen Archiv): „Hilfe! Mein Geld ist weg!“ (Songs zur aktuellen Lage der knappen Kassen, November 2008)“ weiterlesen

(periphere Notate): Black Rifles in der Antarktis

Eine der letzten noch als solche gültigen „Verschwörungstheorien“ lautete ungefähr so: Wer den ganzen Winter lang eine Gesichtswindel trägt und auf diese Weise seinem Immunsystem das gewohnte „Training“ verweigert, ist unmittelbar nach Abnehmen des Schleimlappens so gut wie jedem über die Atemwege übertragenen Krankheitserreger schutzlos (weil ohne Immunsystem) ausgesetzt – sei der Bösling nun ein harmloses Coronavirus oder was richtig Schlimmes.

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(periphere Notate): die erste und die zweite Geige

29. März 2021:

Die allgemeine „Corona“-Müdigkeit ist sehr verständlich und nachvollziehbar. Ich denke, man wird selbst als fanatischer Gläubiger irgendwann ungeduldig und wünscht sich, das aufdringliche Gespenst der „Inzidenzen“ möge endlich verschwinden. Bei Gespenstern hilft es aber offensichtlich nicht, sie vertreiben zu wollen, indem man sie täglich aufs neue herbeibeschwört und hofft, sie möchten infolge von Straf- und Kasteiungsmaßnahmen diesmal kleiner erscheinen. Die Wirkung ist die gleiche wie bei den „Maßnahmen“ der Geißler gegen die Pest: „(periphere Notate): die erste und die zweite Geige“ weiterlesen

(Aus dem tiefen Archiv:) Belästigungen 26/2009: Ein Vorschlag zur Güte an die protestierenden Studenten (und ihre Gegner)

Eine Frau Wintermantel, die so etwas wie die oberste Verwaltungsverwalterin der deutschen Universitäten ist, hat erklärt: „Auf den Arbeitsmärkten wächst die Akzeptanz der Bachelor- und Masterabsolventen.“ Das, meint sie, sei ein Erfolg.

Ja, es ist ein Erfolg, und zwar für die Bemühungen um Durchsetzung einer vollkommenen geistigen Verwirrung in bezug auf das, was man in Europa unter „Bildung“ versteht. „Bildung“ ist für Leute wie Wintermantel nichts anderes und nicht mehr als ein Arsenal von Techniken und Fertigkeiten, die der Mensch braucht, um als Arbeitskraft eingesetzt werden zu können. „(Aus dem tiefen Archiv:) Belästigungen 26/2009: Ein Vorschlag zur Güte an die protestierenden Studenten (und ihre Gegner)“ weiterlesen

Belästigungen 18/2020: Jetzt ist das so, wie es nie mehr sein wird und wie es nie mehr so sein wird, wie es war (ein Zeitbild aus einer zeitlosen Welt)

Ein ganz normaler Spätsommermontagabend in Zeiten anschwellender Totalitarität. Während draußen die heiße Luft um die Betonzinken wabert, sitze ich drinnen, weil es draußen nichts zu sehen, nichts zu tun und nichts zu erleben gibt.

„Corona immer schlimmer!“ brüllt der sogenannte Ministerpräsident aus der Zeitung; da macht man lieber die Tür zu. Weil man nicht gern zuhört, wenn ein Hysteriker sich selbst zu hypnotisieren versucht, indem er alle anderen hypnotisiert. Das weckt in Deutschland wenig angenehme Assoziationen. Am Ende wünscht man sich den Strauß zurück. „Belästigungen 18/2020: Jetzt ist das so, wie es nie mehr sein wird und wie es nie mehr so sein wird, wie es war (ein Zeitbild aus einer zeitlosen Welt)“ weiterlesen

Belästigungen 5/2020: Wo kommt eigentlich das ganze Geld her? (und warum? und wozu?)

Geld ist ein Monster. Es hat unser Gehirn erobert und okkupiert es wie die Suppe die Nudeln. Wir sind nicht mehr in der Lage, uns die (genau: die, nicht „eine“) Welt ohne Geld vorzustellen.

Oder versuchen wir das doch mal. Da sind wir schnurstracks bei der Geschichte, der Mensch habe das Geld erfunden, um den Tauschhandel zu erleichtern. Das erzählen uns sogar sogenannte „Wissenschaftler“, die sich (vielleicht aus Restscham) ein „Wirtschafts-“ vor ihre Berufsbezeichnung bappen, und manch unbedarfter Pfuschhistoriker plappert es fröhlich nach.

Aber der Tauschhandel, von dem da gefaselt wird, ist auch nichts anderes als ein Handel mit Geld, bloß ohne Münzen und Scheine, und außerdem hat es ihn VOR dem Geld nachweislich nie gegeben. „Belästigungen 5/2020: Wo kommt eigentlich das ganze Geld her? (und warum? und wozu?)“ weiterlesen

Belästigungen 3/2018: My Life in the Gestrüpp of Kausalität (und der Werthaftigkeit von Streichfett)

Normalerweise lese ich keine Zeitungen, der geistigen Hygiene wegen: Alles, was über die Augen in den Kopf hineingeht, hinterläßt dort Spuren. Wer schon mal versucht hat, die olfaktorischen Überbleibsel einer versehentlich verbrannten Kürbissuppe restlos aus der Wohnung zu entfernen, weiß: Da bleibt immer was, und wenn es nur ein eigentümliches Rüchlein am Rücken eines lange nicht zur Hand genommenen Büchleins aus der obersten Regaletage ist.

So geht es mir mit Zeitungen: Wenn ich ein ganzes Exemplar durchblättere, bündelt sich Bullshit in meinem Kopf, der sich mit stundenlangen Spaziergängen nicht mehr gänzlich hinauslüften läßt. Noch nach Tagen ploppt plötzlich irgend so ein Schmarrnsatz im Gedächtnis auf, und schon muß ich mich wieder ärgern, statt die Schönheit der Welt zu würdigen. Nach zwanzig „Belästigungen 3/2018: My Life in the Gestrüpp of Kausalität (und der Werthaftigkeit von Streichfett)“ weiterlesen

Belästigungen 21/2017: Wo ein Und hingehört und wo ein Oder und wieso dann erst mal alles kleiner werden muß

Auf einem der Plakate, die zur Teilnahme an der unlängst absolvierten Wahlfarce aufforderten (erstaunlich erfolgreich übrigens, wenn man bedenkt, wie sinn- und zwecklos es für das Wahlvieh ist, sich für eine der identischen Verwaltungsorganisationen der Marktdiktatur zu entscheiden – aber das lassen wir mangels Anlaß heute mal, vorerst), – auf einem dieser Plakate, die nun, lange Wochen später, immer noch in Fetzen, Teilen und Trümmerschrott und hier und da (in unbewohnbaren Zonen unserer grundsätzlich trotz Gentrifizierungskrieg, Eventgebimse und Verkehrsterror immer noch recht schönen Stadt, etwa an den tödlichsten Abschnitten des Mittleren Rings) sogar intakt herumstehen und das Panorama (noch mehr) verunzieren …

Uff, wie komme ich aus diesem Gedankenfluß-Schachtelsatz hinaus? „Belästigungen 21/2017: Wo ein Und hingehört und wo ein Oder und wieso dann erst mal alles kleiner werden muß“ weiterlesen

Belästigungen 20/2017: Von Büchern, Drogen und der Glückseligkeit der „Finanzmärkte“

Jede Epoche der Menschengeschichte, so mag es dem Freizeithistoriker scheinen, hat ihre eigenen Drogen und Kulturtechniken. Zum Beispiel war es vor nicht allzu langer Zeit (nicht nur) in unseren Breiten durchaus üblich, tiefgängige und fundierte Literatur zu gesellschaftlichen Problemen, Fehlentwicklungen und Skandalen zu lesen, zu diskutieren und daraus sogenannte Handlungskonzepte abzuleiten. Das heißt: sich zu überlegen, was man am besten dagegen tut, daß die Welt in Einzelheiten und insgesamt nicht so eingerichtet ist und läuft, wie sie das sollte, damit es möglichst vielen Leuten gut geht.

Heute spielen solche Fragen und Antworten keine Rolle mehr, weil das Wohlbefinden gewöhnlicher Menschen nicht mehr von Bedeutung ist. Wem es heute gutgehen soll und muß und wessen Lust und Laune deshalb das „Belästigungen 20/2017: Von Büchern, Drogen und der Glückseligkeit der „Finanzmärkte““ weiterlesen

Belästigungen 11/2017: Wem was wie wo und warum droht (und wem was nicht)

Manche Blödheiten funktionieren wie Brennesseln und Ameisen: Man kriegt sie einfach nicht weg, sie nesseln und wimmeln immer wieder aus denselben Ritzen und Löchern hervor, um arglose Menschen zu ärgern. Zum Beispiel trompetete mich neulich auf dem Weg ins Grüne mindestens zwanzigmal die gleiche „Zeitung“1 an: „Jeder 5. Münchner von Armut bedroht!“

Das war zum Glück gelogen, sonst wäre es schlimm: Von Armut bedroht ist bekanntlich so gut wie jeder, selbst der Multimilliardär, der zwar von seinen devoten Ausgebeuteten in Deutschland nichts zu befürchten hat, dem aber sämtliche Steuergeschenke und Spezln nichts helfen, wenn am Börsentheater die falsche Blase platzt. Die einzigen, die tatsächlich nicht von Armut bedroht sind, das sind: selbstverständlich die „Belästigungen 11/2017: Wem was wie wo und warum droht (und wem was nicht)“ weiterlesen

Belästigungen 15/2016: Ferien sind zum Lernen da (es kommt nur darauf an, was)!

Daß der Mensch was lernen muß, hat schon meine Oma hin und wieder betont, wenn die zügellose Kinderschar lieber in einer Gebirgslandschaft aus Donald-Duck-Heften, Knabberzeugs und Blubberlutsch kampierte als sich lateinischen Vokabeln und mathematischen Formeln zu widmen. Andererseits lernt der Mensch bekanntlich gerade dann besonders gut und nachhaltig, wenn er es aus reiner Lust und Laune tut und gar nicht merkt.

So haben ganze Generationen aus der Lektüre der Entengeschichten von Carl Barks die tief im Bewußtsein verankerte Erkenntnis davongetragen, daß Arbeit etwas Lästiges ist, dem man am besten weiträumig aus dem Weg geht, und daß einem viel Geld nur dann was nützt, wenn man Spaß daran hat, darin herumzukraulen. „Belästigungen 15/2016: Ferien sind zum Lernen da (es kommt nur darauf an, was)!“ weiterlesen

WM-Tagebuch 2006 – 10 Zeit der Wespen, Zeit der Hubschrauber

Sonntag, 25. Juni 2006:

Das Gefühl, als wäre alles mögliche am Anschwellen; ein erinnertes Stimmungsbild von dem Sammelsurium auf der karierten Decke im Garten 1976: Frigeo-Puffreistüten, Perry-Rhodan-Taschenbücher, Donald-Duck-Sonderhefte aus einem verstaubten Flechtkorb im Speicher (der drückend schwüle Hitzegeruch von alten, stumm drohenden Wespennestern), das blecherne Gedudel von Yes, Kraan und Harlis aus dem Kassettenrecorder, abends die bebende Freudenspannung, als drei Tore von Dieter Müller aus einem 0:2 gegen Jugoslawien ein 4:2 machen, die entsetzten Schreie über Uli Hoeneß’ verschossenen Elfmeter gegen die CSSR, die die erwachsene Diskussionsrunde über Arbeit und menschliche Würde einen Augenblick innehalten lassen. Gelbe Wiesen, Wasserschläuche, sieben Wochen täglich hitzefrei, der tanzende Jubel auf der Straße über das endlich anrückende Gewitter, „WM-Tagebuch 2006 – 10 Zeit der Wespen, Zeit der Hubschrauber“ weiterlesen

Belästigungen 20/2015: Schöne Sachen kaputt: na und! Schlimme Sachen weg: au weia! (eine anthropologische Studie)

Wenn der Herbst kommt und Menschen wie ich in Züge steigen, um kreuz und quer durch Deutschland zu fahren, Texte vorzulesen und mit lustigen Menschen Bier zu trinken, geraten diese Menschen irgendwann in einen leicht surrealen Gemütszustand. Nämlich reist man weitenteils mit dem Zug heutzutage nicht mehr durch Deutschland, sondern durch Tunnels, dunkle unterirdische und graugeblechte oberirdische aus Lärmschutzwällen.

Die eigentümlich melancholische Monotonie dieses Anblicks wird nur ganz hin und wieder unterbrochen von Vorführungen zeitgenössischer Architektur, mit der man jene Landschaften vollmüllt, wo die Menschen abgelagert werden, die sich noch keine Tunnels und/oder Lärmschutzwälle leisten können. „Belästigungen 20/2015: Schöne Sachen kaputt: na und! Schlimme Sachen weg: au weia! (eine anthropologische Studie)“ weiterlesen