Belästigungen 22/2014: Ich! bin! alt! und! du! nicht! (eine Tirade)

Neulich war ich zu einem Poetry-Slam geladen. Früher durfte man dort so ziemlich alles, was oft recht spannend war. Seit Julia Engelmann (googeln: auf eigene Gefahr) gilt Regel Nummer eins: Du bist jung. Und du mußt davon schwärmen, wie geil es ist, jung zu sein.

Wer jung ist, hat Chancen, Optionen, Möglichkeiten, Aussichten, eine Zukunft! Aber keine Gegenwart. Die besteht aus Lernen, Aufsagen, Terminen, Jobs, Vorstellungsgesprächen, Praktika, sich endlos den Kopf zermartern, was für Chancen, Optionen, Möglichkeiten man nutzen soll und wie das geht.

Das ist mein Glück: Da, wo ich aufgewachsen bin, hat es keine Chancen und keine Zukunft gegeben. Da hieß es: jetzt Schule, später Arbeit, Rente, dann aus. Aber es gab eine Gegenwart: Fußballspielen, Musik, rumhängen, Leute ärgern, Sachen kaputtmachen, Sex haben, zum Baden fahren, Bücher lesen, spazieren gehen, in der Sonne liegen, nachdenken. Ich habe nie verstanden, wozu ich eine Zukunft brauche, wenn ich eine solche Gegenwart habe. Ich wollte, daß das immer so weitergeht, ohne Zukunft. „Belästigungen 22/2014: Ich! bin! alt! und! du! nicht! (eine Tirade)“ weiterlesen