Ich habe in den Neunzigern einige Jahre als Buchhändler gearbeitet, in einer schönen Buchhandlung mit einem erfreulich breiten Sortiment weit über die üblichen Bestseller hinaus, die schon damals durch die Feuilletons gedreht, von sogenannten Kritikern behudelt, preisgekrönt und nach drei Wochen vergessen wurden. Neben diesem Druckmüll, der in regelmäßigen Wellen von Kistenbergen hereinflutete, von den feinfühligen und hochanständigen Kolleginnen mit spitzen Fingern gestapelt wurde und den Laden am Laufen und Leben hielt, und den Perlen, die kluge Menschen aus dem Schlamm zupften, gab es sogenannte „Steadyseller“, die über die Jahre hinweg immer wieder nachbestellt wurden, weil sich immer mal wieder jemand fand, der sie kaufen wollte.
Darunter waren sehr spezielle Bücher, die Buchhändler selbst im Lager, wo kein Kunde hinkam, verschämt in Ecken verräumten, weil sie irgendwie anrüchig, widerwärtig, degoutant waren – eine Art Pornographie ohne Haut, zumindest nicht in der Form von Serviervorschlägen, wie man sie von Sexbildern kennt. „Belästigungen 4/2023: „Vom Einzelschuß zur Feuerwalze“ – über das „Leben“ in der Apokalypse“ weiterlesen