Immer noch und immer wieder – seltener, dafür zunehmend panisch – flammen in meinem Bekanntenkreis Angst vor und Haß gegen eine Partei auf, deren Namen ich wohl nicht nennen muß. Die Ängste haben zum Teil einen realen Hintergrund; der ist allerdings nicht die Partei selbst: Wenn ein Homosexueller Angst vor Diskriminierung und Verfolgung hat, wenn ein Jude angesichts des zunehmenden Antisemitismus fürchtet, in Deutschland nicht mehr sicher zu sein, kann ich beides nachvollziehen, weil ich in den letzten fünf Jahren erlebt habe und weiterhin erlebe, wie erschreckend schnell und wirksam Haß, Ausgrenzung und Verfolgung angefacht werden können und dann derartig explosionsartig aufflammen, daß phasenweise die undenkbarsten Dinge vorstellbar wurden – wer einmal direkt in hundert „Wir! Impfen! Euch! Alle!“-Haßfratzen geblickt hat, kann sich fast alles vorstellen und hat den „Glauben“ an den „Menschen an sich“ zwangsläufig verloren.
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Populäre Musik ist ein Zwitterwesen: Zweifellos ist ihr Aufgabenzweck die Beschwichtigung und Beschwulstigung gesellschaftlicher Widersprüche, die daher rühren, daß die Wir-Propaganda („Blut und Boden“, „Du bist Deutschland“, etc.) mit der wirtschaftlichen Ausbeutung der meisten durch wenige kollidiert – was ohne Abfederung und Ablenkung schlimme Folgen für die wenigen haben könnte. Daneben aber äußert sich im beliebten Lied, in Witz, Schlager, Kabarett und Bänkelsang, selbst unter Rute und Knute der Kulturindustrie, eine ignorante Renitenz und ein freundlicher bis zynischer Wille zur Fröhlichkeit, die nicht nur deshalb bemerkenswert sind, weil sie das von den Einpeitschern so stur verbreitete Vorurteil widerlegen, es seien die armen Leute, die jammern und neiden, und nicht etwa die jammernden Neidhammel von BDI bis FDP, von IFO-Institut bis BMW. So oder so muß, wenn es einem schlecht geht, gesungen und gelacht werden, bisweilen grimmig, oft mit einem „Augenzwinkern“, meist inhaltlich belanglos, stets dem Grundsatz treu, daß sich eh nichts ändern wird und Hauptsache, die Laune stimmt und der Schornstein raucht auch in der Krise.

Schwammerl sind lustige Zeitgenossen. Liegt irgendwo ein Stück Holz herum und wird für längere Zeit feucht, ploppen sie plötzlich auf, recken ihre fröhlichen Köpfchen dutzend- und hundertfach in den schattigen Tag, pulvern Sporen herum, daß es nur so raucht, und sind ein paar Tage später spurlos verschwunden.