Frisch gepreßt #413: The Vaccines „Combat Sports“

Es ist April, da ist der Kleiderschrank dran, genauer gesagt: die Kollektion an Lieblingsband-T-Shirts der letzten zehn Jahre. Hach, sweet nostalgia! Da schwellen Erinnerungen heran an zweisame Frühlingsspaziergänge, Knutschnächte und Bombenparties von 2011, 2013, 2015 … Howler: Wie war das schön! (Jordan Gatesmiths neue Band heißt übrigens Wellness; die dritte von drei sehr erfreulichen EPs erscheint diese Woche, aber ehrlich: Wer zieht ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Wellness“ an?) Palma Violets: the world‘s best-kept big time secret – Nummer-eins-Hits, die niemand kennt, ein zweites „Frisch gepreßt #413: The Vaccines „Combat Sports““ weiterlesen

Belästigungen 12/2018: Hilfe! Ich habe mich in einen Rahmen hineingedacht!

Framing ist eine ziemlich fiese Technik, deren Wirkung sich der Mensch ebensowenig entziehen kann wie eine Katze dem Flügelgezappel eines Jungvogels oder dessen aufziehbarer Imitation. Da mag sich der aufgeklärte Modernbürger der eurodeutschen Demokratur noch so mündig und autonom wähnen – dem Framing kommt er nicht aus.

Zum Beispiel habe ich mir, um im Zeitalter allgemeiner Vernetzung Musik hören zu können, einen Lautsprecher gekauft. Lustigerweise wohnt in diesem Gerät eine (offenbar) junge Dame, die gelegentlich Anfälle von Unberechenbarkeit zeigt. Neulich, wegen eines unmenschlich früh angesetzten Zahnarzttermins von diversen Weckern aus dem Schlaf gepeitscht, stand ich in der Küche und hatte mir mittels Kaffee, „Belästigungen 12/2018: Hilfe! Ich habe mich in einen Rahmen hineingedacht!“ weiterlesen

Belästigungen 13/2012: Unendlich viel Geld für unendlich mal nichts (ein zweiter Teil)

Um zu erkennen, wie absurd die ganze Diskussion ist, die sich anläßlich des „Urheberrechts“ angeblich um den „Schutz“ der „Kultur“ dreht, braucht man nur mal zuzuhören, was da so alles geplappert wird. Eine Meinung dazu hat z. B. unser ehemaliger Ministerpräsident Edmund Streber, der heutigentags als Chef des Programmbeirats der Pro Sieben Sat 1 Media AG einen ganz besonders tüchtigen „Urheber“ vertritt: „Wenn jemand ein Auto, ein Portemonnaie oder ein Handy stiehlt, wird jeder einsehen, daß dies bestraft werden muß. Warum sollte das bei einem Musikstück oder einem Film anders sein?“

Das heißt: Wenn ich auf der Straße spazierengehe und zufällig ein Auto sehe oder es vorsätzlich betrachte, muß ich demnächst damit rechnen, als Dieb verhaftet zu werden? „Belästigungen 13/2012: Unendlich viel Geld für unendlich mal nichts (ein zweiter Teil)“ weiterlesen

Belästigungen 12/2012: Von Nazis, Goldeseln und dem gehobenen Ur (Teil eins)

Die GEMA, ansonsten neben TÜV, ADAC, FDP, IHK, BDI und diversen Nazibanden einer der schlimmsten Großbuchstabenvereine unseres Landes, hatte neulich eine nette Idee: Der bekannte Nazi Norman Bordin soll Geld zahlen, weil er die beliebte Rosaroter-Panther-Melodie zur Beschallung eines seiner Aufmärsche benutzte. Wie gesagt: eine nette Idee und – so dachte man bei der Weitergabe der Meldung an die Presse wohl – geeignet, das seit Jahrzehnten annähernd GEZ-mäßig ramponierte Ansehen der GEMA ein bißchen aufzupolieren.

Aber so sehr es uns freut, daß Nazis auch mal was bezahlen müssen: Worin bitte schön bestand bei diesem ganzen Vorgang der Beitrag oder die Leistung der Erben von Henri Mancini (an die die GEMA einen Teil des Betrages „Belästigungen 12/2012: Von Nazis, Goldeseln und dem gehobenen Ur (Teil eins)“ weiterlesen

Belästigungen 11/2018: Liebe Einzelsocken, singt das Loblied der Langeweile!

Schlimm an der Welt ist zum Beispiel, daß immer das, was man braucht, gerade nicht da ist. Damit meine ich nicht Geld. Das ist ja immer da, in ungeheuren Mengen sogar. Man kann bloß nichts damit anfangen, weil es angeblich irgend jemandem gehört (was es theoretisch gar nicht kann, aber das wollen wir heute mal vergessen).

Eher, aber nicht unbedingt konkret, meine ich die sprichwörtliche Spezies Socke, die man als Geschwisterpaar in die Waschmaschine hineinstopft und im sprichwörtlichen Regelfall einzeln wieder herauszieht – und zwar nur eine davon. Die andere bleibt verschwunden, bis sie Wochen später nach einem anderen Waschgang wieder auftaucht. Dann ist aber entweder die erste mittlerweile abgetaucht oder entsorgt, oder die „Belästigungen 11/2018: Liebe Einzelsocken, singt das Loblied der Langeweile!“ weiterlesen

Frisch gepreßt #412: Murs „A Strange Journey Into The Unimaginable

Am Küchentisch heißt es: „Hä? Wir haben doch schon ein Hip-Hop-Album im Haus! Wozu noch eins, es ist Frühling! Da hört man sich doch nichts an, was heuer so klingt wie letztes Jahr und letztes Jahr wie 1996!“

Aber der nettmenschliche Einwandsfluß versiegt sehr bald und weicht einem mindestens milden Staunen. Zwar ist der thematische Rahmen, in dem sich Nicolas Carter alias Murs (was alles mögliche heißen kann oder soll, fragen wir nicht näher nach) auf seinem ungefähr elften Solo- und mindestens 22. Album insgesamt bewegt, so streng gezimmert, wie er das im klassischen Hip Hop „Frisch gepreßt #412: Murs „A Strange Journey Into The Unimaginable“ weiterlesen

Belästigungen 10/2018: Die unsichtbare Universität (ein Plädoyer für die Nutzlosigkeit)

Eine Freundin berichtete vor einiger Zeit, sie studiere jetzt an der Universität. Irgendwas mit Schaltkreisen, die man über spezielle Bluetoothfrequenzen steuern könne und die für die Autoindustrie enorm zukunftsträchtig seien. Es sei ziemlich schwer; sauviel zu lernen in viel zu kurzer Zeit, ständig Prüfungen. Sie komme überhaupt nicht mehr zu den Sachen, die sie interessieren. Aber man brauche eben eine Bildung, damit man mal einen anständigen Job finde.

Spontan und etwas leichtfertig korrigierte ich ihren Irrtum: Weder studiere sie, noch sei sie an einer Universität (abgesehen von dem Gebäude, das aus Traditionsgründen diese Aufschrift trage). Vielmehr mache sie eine hochspezialisierte berufliche Ausbildung, deren Ziel die Qualifikation für eine Arbeitsstelle sei. Mit Bildung habe das absolut nichts zu tun, weil Bildung im „Belästigungen 10/2018: Die unsichtbare Universität (ein Plädoyer für die Nutzlosigkeit)“ weiterlesen

Belästigungen 09/2018: Weg mit dem Kreuz, her mit der Eichel! (ein Aufruf zur Ehrlichkeit)

Von dem politischen Erdbeben, das Bayern derzeit erschüttert, werden wir unseren Nachfahren kaum in verständlichen Begriffen berichten können, weil es ihnen (hoffentlich) an Verständnis für ein derartiges Kasperltheater grundsätzlich fehlen wird.

Gestritten wird nicht etwa über den Klimawandel, der uns den dreiviertelten April lang einen brachialen Höchstsommer beschert und die Schleimhäute der armen Allergikern äglich mit fünf Pfund Blüten- und sonstigem Staub zementiert hat. Auch nicht darüber, daß es um die Trillionen Blüten, die allüberall leuchten, prangen, protzen und vor sich hin stauben, vielerorts merkwürdig still ist, weil die Bienen offenbar nicht mitbekommen haben, daß irgendeine Ministerin demnächst eventuell mal „anzudenken“ angedeutet hat, „Belästigungen 09/2018: Weg mit dem Kreuz, her mit der Eichel! (ein Aufruf zur Ehrlichkeit)“ weiterlesen

Frisch gepreßt #411: Superorganism „Superorganism“

Es gibt übrigens ein neues Album von David Byrne. Das ist keine Schleichwerbung, sondern sozusagen Nebenbei-Chronistenpflicht (wobei der Chronist anmerkt, daß ihm die neuen Alben von Tracey Thorn, Camp Cope, Frigs, In Tall Buildings, Moaning, Lucius, Ernst Molden, Sarah Blasko und ganz! besonders! Lucy Dacus auch und besser gefallen als das von David Byrne).
Aber an David Byrne muß man im ausklingenden Winter manchmal denken, weil er uns beigebracht hat, daß das letztliche Hoffnungsziel der Popmusik das: Nichts ist. Der Himmel ein Ort, an dem nie etwas geschieht, das Leben „Frisch gepreßt #411: Superorganism „Superorganism““ weiterlesen

Belästigungen 08/2018: Falls Sie diese Kolumne noch lesen können, haben wir (vorläufig) Glück gehabt

Daß ein Kampfhund von seinem eigenen Herrchen totgebissen wird, kommt nicht so oft vor, nicht mal in Deutschland und nicht mal in der Zeit der sauren Gurken, wo ansonsten zwischen sich selbst überfahrenden SUV-Deppen, vom Hund erschossenen Jägern und in Dorftümpeln marodierenden Krokodilen so ziemlich jede Kuriosität recht ist, um das Elend des Kapitalismus aus den Medien herauszuhalten.

Im übertragenen Sinne also kein Wunder, daß sich der „westliche“ Teil des Planeten Erde immer noch eine NATO leistet, die für den größten Teil seiner Kalamitäten, Ärgernisse und Schrecken zum größten Teil ganz allein verantwortlich ist, vom fehlenden Geld für alles mögliche (weil man damit Waffen kaufen muß) bis hin zum Russen, der angeblich ständig darauf lauert, „Belästigungen 08/2018: Falls Sie diese Kolumne noch lesen können, haben wir (vorläufig) Glück gehabt“ weiterlesen

Belästigungen 07/2018: Der Mensch braucht eine Heimat (weil man ihn sonst regieren kann)!

In Deutschland, und ganz besonders in Bayern, wird so viel über „Heimat“ gefaselt, daß einem ganz heimelig werden könnte, wenn da nicht dieser seltsame Unterton wäre. Der hat einen Grund. Wenn in Deutschland von „Heimat“ gefaselt wird, ist meistens dies gemeint: eine kriegerisch aggressive Industriehölle von viertelkontinentalem Ausmaß, hier und da gesprenkelt mit Restgrün, durchzogen von röhrenden Autobahnen. Und die, die in diesem Schlamassel am lautesten von „Heimat“ faseln, sind (abgesehen von diversen Politfaslern, die ihnen das Heimatzeug vorfaseln) meistens die armen Würstchen, die ihr Leben lang in dieser Hölle herumgeschickt werden, um sich ausbeuten zu lassen, damit ein Profit entsteht, der Jahrzehnte nach ihrem Dahinscheiden milliardenweise vererbt wird. „Belästigungen 07/2018: Der Mensch braucht eine Heimat (weil man ihn sonst regieren kann)!“ weiterlesen

Frisch gepreßt #410: Belle & Sebastian „How To Solve Our Human Problems“

Die „Indie“-Szene, also die Bands der mittleren 80er bis 90er, die Helden der Eltern heutiger Uniabsolventen, die sich ungefähr so ausbreiteten wie Grünlilien (denen sie frisurtechnisch auch überwiegend ähnelten), bis die ganze Welt bis ins hinterste Niederostwestfalen ein Riesenfeld identischer Grünlilienbands war …, – diese Szene war ein seltsames Phänomen. Seltsam vor allem: Sie geht nicht wirklich ganz weg, obwohl sich außer ein paar bald rentenreifen Scenesters keine Sau mehr für sie interessiert und sie sich in 30 Jahren praktisch nicht verändert hat. „Frisch gepreßt #410: Belle & Sebastian „How To Solve Our Human Problems““ weiterlesen

Belästigungen 6/2018: Hurra, jetzt flattern die blauen Bänder (bis zum Pluto und zurück)!

Ist schon mal jemandem aufgefallen, wie groß die Welt im Frühling plötzlich wird? Kaum sind die Schneepolster von den Hecken, Bäumen und Zäunen weggeschmolzen, weitet sich der Blick plötzlich in unheimliche … na ja, Weiten eben und man sieht, was der Winter fürsorglich dem romantisch träumenden Auge entzogen hatte: Zeug vor allem.

Kein Krüppelgebüsch am Straßenrand mehr, das nicht durchwoben und lamettiert wäre von zerfetzten Chipstüten, Softdrinkflaschen und -dosen, Pizzakartons, Schokoriegelhüllen, Reklameprospekten, Hundescheißebeuteln, Elektrogeräteteilen, Autoreifen, halbvollen Papiertaschentuchpäckchen, Möbelfossilien, Styroporklötzen, Einweggeschirr und -besteck sowie kunstvoll demolierten ostasiatischen Klumpfahrrädern. „Belästigungen 6/2018: Hurra, jetzt flattern die blauen Bänder (bis zum Pluto und zurück)!“ weiterlesen

Belästigungen 5/2018: Hilfe! Schwarze Schachteln wollen mein Gehirn in Scheiben schneiden!

Ein Bekannter hat mir die Geschichte von Lenins Gehirn erzählt: Das zerschnippelte man nach dem Tod des Oberrevolutionärs in 30.963 dünne Scheiben, die einem deutschen Forscher zur Untersuchung vorgelegt wurden. Man hoffte in dem zerebralen Carpaccio Indizien für Genialität zu finden, fand jedoch anfänglichem Jubel über superviele „Assoziationsstränge“ zum Trotz letztlich nur Spuren der geerbten Versteinerung (oder, je nach momentaner Theorielage, Syphilis), die Lenin dahingerafft hatte.

Das mag daran liegen, daß sich aufgrund der etwas unklaren Beschriftung die einzelnen Scheibletten nicht mehr so richtig zu einem ganzen Hirn zusammenbauen ließen. Zwar wurden sie akribisch photographiert, was unter Umständen helfen hätte können. Allerdings landeten die Bilder auf wiederum „Belästigungen 5/2018: Hilfe! Schwarze Schachteln wollen mein Gehirn in Scheiben schneiden!“ weiterlesen

Frisch gepreßt #409: Olli Schulz „Scheiß Leben, gut erzählt“

Wie der Ratzingerplatz Mitte der 70er ausgeschaut hat und wie romantisch das war: Erzähl das doch dem Olli, der macht ein Lied draus. Menschen haben seltsame Gewohnheiten, erleben seltsame Sachen und tun komische Dinge, von denen sie manchmal selber nicht so genau wissen, warum sie sie eigentlich tun. Solange niemand daherkommt und Zusammenhänge aufzeigt. Also Olli Schulz. „Das Essen bei meiner Oma war immer etwas sonderbar. Das wurde mir leider viel zu spät erst klar“, singt der dann zum Beispiel. Und stellt fest, daß nicht nur Omis Erbsensuppe „schmeckt, wie Pisse riecht“, sondern „Frisch gepreßt #409: Olli Schulz „Scheiß Leben, gut erzählt““ weiterlesen