Früher hätte man gesagt: Die Ereignisse spitzen sich zu. Heute sagt man: Pah, alles wie immer. Die Heimliche Staatspolizei (auch „Verfassungsschutz“ genannt) „beobachtet“ und „überwacht“ in letzter Zeit die Nachdenkseiten, die Junge Welt, die „Neulandrebellen“, die Berliner Zeitung, den Freitag, die Weltwoche, die Junge Freiheit, Tichys Einblick und den („öffentlich-rechtlichen“) NDR sowie etliche andere, weil alle diese offenbar (beziehungsweise scheinbar) nicht stramm genug gleichgeschalteten Medien Dinge veröffentlichen, die „das russische Narrativ verbreiten“.
Nun ist es nicht überraschend, daß die Heimliche Staatspolizei keinerlei Interesse daran hat, die deutsche Verfassung vor ihren Feinden zu schützen – da müßte sie ja vehement gegen Regierung und Parteien vorgehen und wäre zudem der einzige regierungsamtliche „Dienst“, der nicht das Gegenteil von dem tut, was seine Marke behauptet. Daß sie den doofen Quatsch dann aber mit sorgenfaltigem, pseudofachlichem Kauderwelsch öffentlich darbietet, ist eine derart lachhafte Farce, daß man unwillkürlich die sowjetische Flagge auf dem Reichstag wehen sieht: Seid ihr wirklich so blöd, nicht zu merken, WAS ihr da wiederholt?
Wir hatten dies schon öfter: „Russen“ greifen Nachrichten auf, verbreiten sie und betreiben damit „Desinformation“. Das ist in normalen Zeiten völlig normal, im Gegensatz zur Verbreitung von Lügen und absichtlichen Falschinformationen (vgl. „Russia-Gate“, „Hunter Biden’s Laptop“, vgl. auch ARD, ZDF, SZ, ZEIT und „Spiegel“). Nun ist es aber so, daß umgekehrt richtige Informationen, die „ins russische Narrativ passen“ (z. B. „Der Himmel ist blau“) nicht mehr verbreitet werden dürfen, weil sie den Endsieg im Krieg gegen Rußland gefährden.
Statt dessen soll man nur noch die Endsieg-Lügen des Regimes verbreiten, weil der Endsieg vielleicht dann doch noch gelingt. Das, liebe „Staatsschützer“, nennt man für gewöhnlich „Wolkenkuckucksheim“. Man könnte es auch „deutsche Presse im April 1945“ nennen, aber das versteht ja keiner mehr, weil ihr euren Weltkriegsrekruten so etwas in ihren „PISA“-Schulen nicht mehr beibringt. Gelt?
Man nennt das, was der „ausführliche Bericht“-Schwurbel auf vielen Seiten „darstellt“, übrigens in militärischen Kreisen „gezielte Desinformation“, in diesem Fall im Krieg gegen die eigene Bevölkerung. Die ist allerdings (hoffentlich) nicht blöd genug, auf einen derart dreisten Quatschhaufen hereinzufallen, obwohl sie zu gut vier Fünfteln aus gentechnisch veränderten Organismen (GOV) besteht. Warten wir mal ab und hoffen das mindest Schlimme.
Lustig ist an der Episode übrigens auch, daß die erste Information über den bizarren Vorgang von RT („Russia Today“) kam, mithin per se „Desinformation“ sein mußte. Irgend etwas beißt sich da in den Schwanz; was es ist, kann man nur vermuten.
Immerhin: Die Suche nach „sailer“ in dem absurden Dokument gesteuerter Paranoiapropaganda ergibt „0 Treffer“.
Und inzwischen, so hört man, „rudert“ die Heimliche Staatspolizei „zurück“: Man habe das zwar irgendwie so gemeint, aber nicht so gemeint oder so ähnlich, heißt es. Offenbar fällt dem Schlapphuthaufen nicht auf, daß er mit seinem hilflosen Gequake samt Ruderwettbewerb genau das tut, was er den bösen Untergrabungsmedien vorwirft: Er unterstützt „russische Narrative“ und müßte daher eigentlich zwangsläufig sich selbst beobachten, kontrollieren und öffentlich anprangern.
Derweil bleibt weitgehend unbeachtet, daß die NATO ihren Krieg gegen Rußland ungehindert weiter eskaliert und nun endlich mit Langstreckenraketen und „Marschflugkörpern“ (die nicht „marschieren“, weil das viel zu langsam ginge) unter anderem das tun möchte, was der CDU-Oberkriegshetzer Kiesewetter seit langem fordert: „russische Ministerien zerstören“. Die Warnung der russischen Regierung, ein solcher Angriff werde dazu führen, daß Rußland sich verteidigt, bewertet die deutsche Propaganda in gewohnter Weise: „Massive Drohungen von Putin“ seien das. Der abgestumpfte Beobachter fragt sich höchstens noch, wieso da nicht wie üblich „Massive Drohungen Putins“ steht.
Die stumme Mehrheit und ihre tumben Führer glauben offenbar immer noch, die Russen werden schon nicht … zumindest nicht noch mal unter Opferung von 27 Millionen Landsleuten auf Berlin marschieren. Da könnten sie recht behalten, aber anders als der Kiesewetter und der Panzer-Toni und der „Russen sind Tiere“-Mob sich das vorstellen: Es macht diesmal einfach „Doppel-Wumms“, und dann ist Ruhe.
Daß solche Vorgänge unbeachtet bleiben, liegt auch daran, daß man in den sozialen Medien alle Hände voll zu tun hat, die Behauptung von Donald Trump, Einwanderer in Springfield (Ohio) gestalteten ihren Speiseplan nach dem verfügbaren Angebot an schlachtbaren Haustieren, zu karnevalisieren. Wieso sie das tun und was daran besonders sein soll, wird nicht diskutiert. Nicht diskutiert wird auch, daß es ein Grundpfeiler der westlichen (oder wenigstens der bajuwarischen) Kultur war, einstmals hochgeschätzte Haus- und Schiffstiere als Schweinsbraten mehr oder weniger zu kannibalisieren.
Die „Debatte“, in der Trumps skandalöse Äußerung fiel, hat laut der deutschen Propaganda übrigens einen eindeutigen „Sieger“, was schon deshalb erleichternd ist, weil „Debatten“ im Totalitarismus, falls sie überhaupt stattfinden, lediglich dazu dienen dürfen, den „Sieg“ des „Konsenses“ zu unterstreichen. Daß es dazu nötig war und ist, die reichlich irrsinnigen Äußerungen der Comedienne Harris zum Thema Außen- und Kriegspolitik komplett auszublenden und wegzuzensieren, ist irrelevant, weil etwas, was man nicht weiß, weil man es gar nicht erfährt, einen ja nicht heiß machen kann, bekanntlich.
Wenn die Zensur mal versagt, wird es denn auch schnell ungemütlich. Zum Beispiel auf einem Filmfestival im kanadischen Toronto, wo der Film „Russians at War“ gezeigt werden sollte. Ich habe den Film nicht gesehen, kenne nur seine durchaus interessante Entstehungsgeschichte, die kurz wiedergegeben sei: Die kanadische Regisseurin und Produzentin Anastasia Trofimowa, eine erklärte Gegnerin des russischen Vorgehens in der Ukraine, kam demnach in Kontakt zu einem russischen Soldaten aus dem Donbas, einem Gegner des Kiewer Regimes, wobei das Kennenlernen, wie sie später erklärte, vor seiner freiwilligen Meldung zum Dienst erfolgte. Er bot ihr an, in seinem Bataillon zu filmen.
Daraus entstand ein Filmprojekt mit einem siebenmonatigen Aufenthalt nahe und an der Front auf den Territorien der Volksrepubliken Donezk und Lugansk. Normalerweise ist es unmöglich, ohne die ausdrückliche Drehgenehmigung des russischen Verteidigungsministeriums im Kriegsgebiet zu filmen. Trofimova erhielt jedoch Zugang zu einer Militäreinheit, in der sie das Vertrauen des Bataillonskommandeurs und des Brigadekommandeurs gewinnen und den Alltag der Soldaten und eines Teams von Ärzten dokumentieren konnte. Die Soldaten, die zu Wort kamen, zeigten oft Unverständnis über die russischen Kriegsziele in der Ukraine und kritisierten die (eigene) Militärführung. Umgekehrt sind in dem Film auch Protagonisten zu sehen und zu hören, die sich „patriotisch“ äußern.
Das klingt erst mal ganz normal; so entstehen Dokumentarfilme nun mal – oder vielmehr: So entstanden sie in Zeiten, von denen die meisten offenbar nicht bemerkt haben, daß sie gründlich vorbei sind. „Die Schrecken des Krieges, den Schmerz, die Zweifel und die Trauer zeigte die Filmemacherin aus nächster Nähe“, heißt es in einer Beschreibung. Was sie offenbar nicht zeigen wollte: daß Russen Abfall, Unrat, wilde Tiere sind, eine Art Killervirus, der das freie, friedliche Europa anfällt wie einst die Horden der Hunnen und Mongolen. So geht das freilich nicht, und deshalb bombardierten das ukrainische Generalkonsulat und diverse „Stellen“ samt öffentlich aufmarschierenden „Jubelpersern“ die Veranstalter mit derart wüsten Drohungen, daß der Film abgesetzt wurde.
Weil: einfach zeigen, was ist, – was man früher übrigens auch mal „Journalismus“ nannte, hi hi – geht halt einfach gar nicht; es untergräbt die „Kriegstüchtigkeit“. Zum Glück konnte eruiert werden, daß die Regisseurin Anastasia Trofimowa zwischen 2015 bis 2017 vier Dokumentarfilme für „Russia Today“ gedreht hat und somit offensichtlich selber schuld ist an ihrer Abschiebung aus dem wertewestlichen Kulturbetriebsblock. Auf einer Pressekonferenz in Venedig mußte sie sich beispielsweise fragen lassen, ob es „ethisch vertretbar“ sei, russische Soldaten zu „vermenschlichen“, weil diese doch ununterbrochen damit beschäftigt seien, Kriegsverbrechen zu begehen. In ihrer Antwort zeigte sie sich (quod erat demonstrandum) trotzig, bockig und verstockt: „Ich finde es ein bisschen seltsam zu fragen, ob wir jemanden vermenschlichen dürfen oder nicht. Gibt es also Listen von Menschen, die wir vermenschlichen dürfen und solche, die wir nicht vermenschlichen dürfen? Natürlich müssen wir jeden vermenschlichen.“ Das gilt, nota bene, auch für die westlichen Kriegspropagandisten.
Die laut den zuständigen Experten nahende Eiszeit scheint es heute recht eilig zu haben. Der wichtige Gedanke, das sei nicht Klima, sondern Wetter, ist schwer zu denken bei sechs Grad und Dauerregen. Man mag darin auch einen sozusagen irdischen Akt der Zivilisationskritik sehen und eine gewisse Belustigung empfinden angesichts der Mühen der Veranstalter des heutigen Oktoberfestanstichs und des Freiluftrummels auf Ludwig- und Leopoldstraße, welch letzterer ja unter anderem auch in Sachen „Erderwärmung“ beziehungsweise deren Verhinderung engagiert ist.
Aber das ist irgendwie auch geschert. Man kann sich auch einfach in eine Decke wickeln und alte Bücher lesen.
Eine Antwort auf „(periphere Notate): Menschen vermenschlichen“