(periphere Notate): Banzer! Banzer! Banzer! (und Symbole!)

Die Serie „Severance“ steht exemplarisch für ein großes Rätsel der neunormalen Unterhaltungsindustrie: Sie wurde mir als großartige, scharfe, grimmige, entlarvende (und was der Schlagworte mehr sind) Satire empfohlen, und zweifellos ist sie großartig und „entlarvt“ meinetwegen auch einiges, was in meinen Augen indes längst keine Larve mehr trägt (höchstens FDP2-Filter, die ihrerseits zunehmend entlarvenden Charakter annehmen). Zugleich entstammt sie genau dem üblen System, das sie zeigt, was die Absicht, diesem System abzuhelfen, fragwürdig macht.

Eine ihrer Stärken ist, daß sie keine Utopie, keine Dystopie, auch keine Uchronie ist und nicht in der üblichen „Zukunft“ spielt, sondern in einer nicht ganz genau bestimmbaren historischen Vergangenheit (ich täte sagen: Mitte der siebziger bis Mitte der achtziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts). Was eine Aussage ist: Das, was ihr da seht und was euch erschrecken und aufrütteln soll, gibt es schon so lange, daß ihr das längst bemerken hättet können! Spricht die Tatsache, daß ihr es nicht bemerkt habt, für das System oder gegen euch oder beides?

Das gilt in ähnlicher Weise für viele ähnliche Produkte, von „Rohwedder“ bis „Don’t Look Up“: Wir könnten das längst wissen, wir haben es teilweise auch gewußt, aber nichts dagegen unternommen, und jetzt, wo man es uns (und damit uns) vorführt, werden wir wieder nichts dagegen unternehmen. Selbst bei denen, die das alles nicht so genau gewußt haben, entsteht also nichts außer einem subtilen schlechten Gewissen. Möglich, daß man die Menschen (die Konsumenten) mit solchen Produkten verspottet, beschwören möchte ich das aber nicht.

Bei einem anderen Genre der Unterhaltungsindustrie, das mittlerweile eine weit zurückreichende Tradition vorweisen kann – man könnte es „Pandemieschrecknis“ nennen – ist die Absicht klarer: Die andauernde Vorführung der Wahrscheinlichkeit und Fürchterlichkeit weltweiter Verbreitung von Krankheitserregern hat dazu geführt, daß ein Großteil der Menschheit (zumindest der technisierten) solche „Ausbrüche“ nicht nur für möglich, sondern für vollkommen normale, regelmäßig stattfindende oder drohende reale Ereignisse hält. Die Einsicht, daß es sich zum Beispiel bei einer Erkältungskrankheit, an der zu einem beliebigen Zeitpunkt drei bis sechs von hunderttausend Menschen leiden und die deshalb durch einen idiotischen „Test“ real „sichtbar“ gemacht werden muß, unter keinen Umständen um eine Pandemie handeln kann, ist nicht mehr möglich.

Zumal wir in einer „könnte“-Welt leben: Die allermeisten Gefahren und Risiken, mit denen die Herrschenden die Beherrschten beständig und beharrlich in Angst und Schrecken versetzen, gibt es überhaupt nicht. Es könnte sie aber jederzeit geben, wird uns eingeschärft, so wie es im tiefsten Frieden jederzeit Krieg geben könnte und der glücklichste, gesündeste Mensch zu jedem beliebigen Zeitpunkt einem plötzlichen Tod durch Blitzschlag, Flutwelle oder Erdrutsch zum Opfer fallen könnte. Das heißt: Friede und Sicherheit sind Zustände, die absolut unmöglich sind.

Der umgekehrte Gedanke – daß mitten im Krieg plötzlich Friede ausbrechen könnte, etwa indem die Munition ausgeht oder die Kämpfer einer Seite schlicht aufgeben – ist hingegen völlig undenkbar, und niemand fragt sich: warum?

Wenn man nur noch mit Ländern handelt und verhandelt, die „die Menschenrechte achten“, entstehe automatisch ein neuer kalter Krieg, meint Julian Nida-Rümelin im Interview mit Sylvie-Sophie Schindler. Ein interessanter Standpunkt, der allerdings zwangsläufig die Frage aufwirft: Wer will diesen kalten Krieg gegen den Westen (der auf Menschenrechte traditionell meistens, seit 2020 absolut pfeift) führen? Sitzen da nicht die meisten Länder dieser Welt in einem Boot, mehr oder weniger? Oder gibt es ein Land, das die Menschenrechte uneingeschränkt achtet (und gleichzeitig in hypermoralischem Extremismus nur mit Ländern Beziehungen pflegt, die so etwas ebenfalls praktizieren)?

Oder etwas praktischer gefragt: Unterscheiden sich die totalitären Regimes im expansiv-aggressiven „Westen“ und im defensiv-diplomatischen China stärker voneinander als jeweils von Rußland (von dem immer behauptet wird, es „mißachte“ die Menschenrechte, aus dem jedoch geflüchtete und emigrierte Kollegen etwas völlig anderes berichten)? Was ist mit Afrika, Südamerika und dem sogenannten „Nahen Osten“? Und was bedeutet gleich wieder die antike Vokabel „Imperialismus“?

Manchmal frage ich mich, woher die Gleichgültigkeit kommt, die mich zur Zeit für ganze Tage erfüllt wie weicher Schaum. Ist es die Kälte in der Wohnung, die sich unter neunormalen Bedingungen nicht mehr wie gewohnt heizen läßt und nur in unmittelbarer Ofennähe eine Temperatur von mehr als 12 Grad aufweist? Oder der dringend notwendige, nur mit Mühe zeitweise aufschiebbare Winterschlaf?

Es könnte der sozusagen erzwungene Bewegungsmangel sein. Nach drei Jahren U-Bahn-Abstinenz sporadisch wieder dieses „öffentliche“ Verkehrsmittel nutzen zu müssen, macht schlagartig klar, was man länger ahnte: Diese Art des Transports von Menschenmaterial an seine Einsatzorte ist mit einer dauerhaften Funktionsfähigkeit des Gehirns nicht vereinbar.

Zumal dort immer noch „Pandemie“ ist und man bei der Betrachtung der Gehetzten, Verhetzten und dauerhaft Verängstigten, ihres Selbstwerts und Weltvertrauens Beraubten immerhin begreift, daß „Pandemie“ tatsächlich spür- und sichtbar nur durch das Massensymbol der Gesichtsverhüllung wird. Das Phänomen ähnelt anderen kultischen Verblödungsinstitutionen: Ohne die Allgegenwart von Kreuzen und Kruzifixen wäre auch das Christentum schon seit – möglicherweise – Jahrhunderten höchstens noch eine historisch-philosophische Kuriosität mit vereinzelten Jüngern.

Daß die solcherart mental und emotional Kastrierten zumal angesichts der drohenden Folgen ihrer Gen-Kommunion mit hysterischer Unterwerfung reagieren, ist nachvollziehbar. Errettet werden können sie jedoch nur dort, wo Opfer religiöser Massenhypnose traditionell errettet werden: im Jenseits. Da es ein solches für die Jünger der „Corona“-Religion nicht gibt, öffnet ein Dilemma, dessen Auflösung mir (momentan) ziemlich unmöglich erscheint. So erklären sich die Exzesse einer Minderheit, die langsam einzusehen beginnt, daß ihr Himmel leer ist, diese Einsicht aber um jeden Preis vermeiden muß.

Vielleicht tröstet es sie, daß die verräterischen Herrscher des „Westens“, die in letzter Zeit gaaanz zaghaft (aber immerhin) vom strengen Glauben und seiner Praxis abzuweichen drohen, ihre Macht gleichzeitig an absolut(istisch)e Instanzen abtreten (müssen), die sich mit solchen Kinkerlitzchen wie „Wahlen“ nun wirklich überhaupt nicht mehr aufhalten, sondern schlicht installiert werden und von Gottes Gnaden das weitere Schicksal der Erde bestimmen dürfen.

In ähnlicher Position als eine Art „Erbe des Universums“ wähnt sich offenbar der hinterbayerische Schwerwaffentrottel Anton Hofreiter, der außer „Banzer! Banzer! Banzer!“ kaum noch Verständliches aus dem Hals hinausbekommt und damit seinen großen Vorbildern aus der Zeit vor der Mitte des 20. Jahrhunderts immer ähnlicher wird. Auch in seinem Fall laufen derzeit mehrere private Wetten zu der Frage, von wem (also: von welchem Produzenten von Massenvernichtungsmitteln und -maschinen) der Kerl geschmiert wird. Eine Minderheitenmeinung lautet: Der sei wirklich so blöd und glaube fest daran, Segen könne nur der totalen Vernichtung entspringen, die er daher mit allen Mitteln herbeizuführen versucht. Schließlich könnte nach dem nächsten totalen Krieg das „grüne“ Ideal einer menschenfreien, vollnatürlichen Erde tatsächlich Wirklichkeit werden. Nach – sagen wir mal – zehntausend Jahren, aber Zeit spielt ja bekanntlich nur eine Rolle, wenn es darum geht, mitten im Krieg ganz schnell ein bisserl Gas zu „sparen“.

Es spricht nicht unbedingt für die Denker der Aufklärung, daß sie das Herandämmern einer Generation dermaßen denkunfähiger Sprechpuppen als Konsequenz ihrer „Zeitenwende“ nicht prognostiziert oder wenigstens bedacht haben.

4 Antworten auf „(periphere Notate): Banzer! Banzer! Banzer! (und Symbole!)“

  1. Apropos Fernsehserien: Haben Sie „Utopia“ gesehen? Das britische Original? Das war auch vor Corona schon äußerst verstörend. Leuten mit starken Nerven sei die Serie sehr empfohlen.

    Ich bin Tischtennisspieler. Bei anderen Hobbytitschern wäre ich nett, Lauterbach würde ich, wenn möglich, keinen Punkt überlassen (bei 10:0 schenkt man dem hoffnungslos unterlegenen Gegner in der Regel einen Gnadenpunkt).

    In völlig anderem Zusammenhang: Die von Ihnen so gelobten Manic Street Preachers sind leider an mir vorübergegangen. Jetzt durfte ich erfahren, dass sie John Cales ewiges, seliges „The Endless Plain of Fortune“ gecovert haben. Ich fürchte, ich werde mich doch noch mit der Band beschäftigen müssen…

    Was waren das noch für Zeiten, als unser größtes Problem die Frage war, ob Hüsker Dü jetzt „kommerziell“ geworden seien. Your mileage may vary.

    1. „Utopia“ fand ich damals (2014/15) in der Tat erstaunlich, vor allem die erste Staffel – möglicherweise hat die Serie dazu beigetragen, eine gewisse „Grundaufmerksamkeit“ zu wecken.
      Eine dunkle Erinnerung sagt mir, daß wir früher beim Tischtennis bei 7:0 das Spiel abbrachen (hieß das „geschneidert“ oder „geschustert“?), aber das war vielleicht eine regionale Sonderregel …
      Was die Manic Street Preachers angeht: Da gibt es viele Aspekte und viele Einzelheiten, die ich sehr kritisch sehe, was aber die persönliche Wertschätzung nicht schmälert. John Cale ist (oder war, ist lange her) für James so etwas wie ein „Heiliger“ (was am Rande auch mit walisischem Trotzpatriotismus zu tun haben mag). Ich habe mich selber mal länger mit ihm unterhalten und fand ihn sehr weise und auf poetische Art witzig.
      Und Hüsker Dü waren ja irgendwie immer „kommerziell“, nicht wahr? Ich berufe mich da gerne auf Grant Hart …

  2. Der Gedanke, daß die jetzt Herrschenden die jetzt Beherrschten furchtbar verarschen, bekommt auch dadurch Nahrung, daß die Hersteller der Flüssigkeit, die sich der Endzeitlemming in die Adern jagen ließ und auch noch läßt, um sich und andere zu schützen, als Adresse: Mainz, „Goldgrube 12“ angeben. Und das soll Zufall sein? Ich bekam nicht heraus, wann wer weshalb diese Straße so benannte. Münchens allerhäßlichster Homunculus träumt vielleicht auch von Straßennamen. Es könnte ja irgendwann ebendort eine „Schwere-Hofreiter-Straße“ geben. Wenn nichts dazwischenkommt..

    1. @ klaus b.

      „Es könnte ja irgendwann ebendort eine „Schwere-Hofreiter-Straße“ geben. Wenn nichts dazwischenkommt..“

      In der Tat. Das würde mich nicht überraschen.

      Entlarvend, die große Zustimmung der (Oliv-)Grünen gem. dem letzten Bild im obigen Beitrag, für „eher entschlossenes Agieren“.

      Auch die BioNDreck-Adresse „An der Goldgrube 12“, wie sie offiziell heißt, hat mich, seitdem ich davon erfahren habe (müsste beinahe drei Jahre her sein), verwundert. Nomen est omen?

      Während ich „ungespritzt“ nach wie vor gesund und munter durch’s Leben marschiere, zeigen sich bei mir bekannten „Immunisierten“ (oder etwa doch nicht?) in etlichen Fällen bereits zum zweiten/dritten mal „Covid-Symptome“.

      Wie lautete einer der vermeintlichen „guten Gründe, sich ‚impfen‘ zu lassen“?

      „Die ‚Impfung‘ schützt zuverlässig vor Ansteckung.“

      Aufgrund der – völlig überraschenden – Mutation von Viren, und der daraus resultierenden nachlassenden Wirksamkeit (sofern jemals vorhanden…) war mir von Anfang an klar, dass es nicht bei „zwei ‚Impfungen‘ zur Erlangung einer Immunität gegen das Virus“ bleiben wird.

      Booster, Doppel-Wumms-Booster, fünfte, sechste… x-te „Auffrischung“.

      Wer es bis jetzt nicht kapiert hat und endlich aus seinem „Nur die ‚Impfung‘ schützt zuverlässig“-Traum erwacht ist, dem kann man sowieso nicht mehr helfen.

      Die Prognosen von zahlreichen, mittlerweile als „Querdenker“, „Schwurbler“, „Covid-Leugner“… verunglimpften, Experten scheinen sich langsam aber unaufhaltsam zu erfüllen.

      Ich wünsche allen Aufrechten unter diesem Volk der obrigkeitshörigen und leichtgläubigen Schlaf-Schafen, friedliche Weihnachten und einen guten Rutsch in’s neue Jahr.

      Diese von Herzen kommenden Wünsche gehen speziell an den Blogbetreiber, Michael Sailer, der nicht nur mich mit seinen stets präzise und vortrefflich formulierten Zeilen in den vergangenen Jahren auf so manche Ungereimt- bzw. Bösartigkeit hingewiesen hat.

      Man liest sich 2023!

      tomandcherry

      PS: Wo ist eigentlich „lovely Norbert“ abgeblieben?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert