(periphere Notate): Tendenzen zweiten Grades, lapidar und unerklärlich

Eine Redakteurin der „Ostthüringer Zeitung“ wurde vom Funke-Konzern, der Eigentümer auch ihres Blattes ist, fristlos gekündigt, weil sie mit einem Kommentar gegen „Richtlinien“ des Konzerns oder der Zeitung verstoßen habe. Wer sich fragt, seit wann es solche „Richtlinien“ gibt und was sie in einem Land verloren haben, in dessen Grundgesetz noch vor der Definition von Bund und Ländern die freie Äußerung und Verbreitung der Meinung in Wort, Schrift und Bild als Grundrecht festgeschrieben ist, stellt vielleicht die richtigen Fragen.

Diese Fragen sind aber fast so alt wie das Grundgesetz selbst, und daß „eine Zensur nicht stattfindet“, kann ernsthaft und ohne mindestens ein Augenzwinkern nur behaupten, wer schon so lange in einer derart hermetisch verschweißten Blase lebt, daß er den Stuß, den die staatstragenden Propagandamedien verbreiten, nicht mal mehr „glauben“ muß, um ihn für die reine, alleinige Wahrheit zu halten.

Die „Richtlinien“ heißen in der Kündigungsbegründung des Konzerns „Tendenz“: „Frau Eigenrauch hat wiederholt journalistische Beiträge erstellt und veröffentlicht, die der Tendenz der Ostthüringer Zeitung (OTZ) entgegenstehen. Damit hat sie eine äußerst schwere Pflichtverletzung begangen.“ Diese äußerst schwere Verletzung der Pflicht zur Vertretung einer fremden Einheitsmeinung bestand darin, daß die Redakteurin von einer Demonstration gegen die „Corona“-Sanktionen in Gera berichtet hatte, Demonstranten hätten ihr erzählt, sie seien „das erste Mal in ihrem Leben als Nazis und Faschisten beschimpft“ worden. Dadurch, so der Konzern, entstehe beim Leser der Eindruck, daß die Redakteurin „Quellen zweiten Grades nutzt, die Fakten nicht überprüft und damit unvollständig darstellt“.

Was in diesem Fall eine „Quelle ersten Grades“ sein könnte und welche „Fakten“ überprüft werden könnten, um sie „vollständig darzustellen“, wird nicht beschrieben, man kann es sich aber denken: Dazu müßte man zum Beispiel anhand einer „Faktencheck“-Hetzseite nachweisen, daß es sich bei den Demonstranten tatsächlich um Nazis und Faschisten handelt, und dürfte diese selbstverständlich nicht selber zu Wort kommen lassen, weil Nazis und Faschisten bezüglich ihres Nazi-und-Faschisten-Seins immer nur „Quellen zweiten Grades“ sein können – die wahren „Fakten“ kennt nur der „Checker“, der daher immer und ausschließlich zu konsultieren und zitieren ist.

Zudem behauptete die Redakteurin in ihrem Kommentar: „Das Versammlungsrecht ist ein Abwehrrecht gegen den Staat und dazu gemacht, daß sich Minderheiten Gehör verschaffen können“, und zitierte damit das Grundgesetz. Daß es mindestens „rechtsoffen“ ist, das Grundgesetz zu zitieren, sollte sich aber inzwischen wirklich bis in die Redaktion der Ostthüringer Zeitung herumgesprochen haben. Der Konzern stellte dazu klar, die Kommentatorin habe „das Versammlungsrecht falsch dargestellt, Rechtsverstöße verharmlost und die Faktenlage nicht richtig berücksichtigt“ sowie „in keinster (sic!) Weise die Belange der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung berücksichtigt“, sondern sich „einer lautstarken Minderheit angedient“. Das ist – na klar – absoluter und grober Unfug und darf daher in diesen Zeiten keinesfalls „hinterfragt“ oder gar angezweifelt werden.

Drum schrieb der Chefredakteur seiner Untergebenen unmittelbar nach Erscheinen des Kommentars, sie habe „mit diesem Beitrag nicht nur gegen die tradierte Linie der Zeitung verstoßen, sondern nachhaltig das Ansehen der Zeitung als seriöse Informationsquelle geschädigt“. Als sie dann in einem weiteren Kommentar von einer Bürgerin berichtete, die einen offenen Brief an den Geraer Oberbürgermeister geschrieben hatte und darauf „eine aus ihrer Sicht lapidare und unerklärliche Antwort erhielt“, war der Ofen aus, weil Eigenrauch dem Oberbürgermeister nicht die Gelegenheit gab, sich mit einer unwidersprochenen Ausrede aus der Affäre herauszuwiegeln und der frechen Bürgerin öffentlich den Marsch zu blasen. So geht es nicht!

Nun behauptete ein vorwitziges Gericht, die Kündigung sei unrechtmäßig erfolgt und es handle sich bei den beanstandeten Texten nicht um „Verstöße gegen Tendenzen“ und schon gar keine „Rechtsverstöße“. Die Redakteurin darf daher an ihren Arbeitsplatz, an dem sie 35 Jahre lang saß, zurückkehren – zumindest bis der Konzern Rechtsmittel einlegt und einen typischeren deutschen Richter findet. Interessant ist an dem Urteil, daß das Gericht also sehr wohl feststellt, Journalisten seien verpflichtet, „Tendenzen“ zu befolgen. Dazu müßten diese allerdings auch klar und deutlich formuliert werden. Das ist peinlich für die „Ostthüringer Zeitung“, die es offensichtlich bislang versäumt hat, klar festzulegen, was ihre Schreibsklaven zu meinen und zu sagen haben. In der nach dem ersten „Verstoß“ eilends zusammengetippten „Arbeitsanweisung“ des Chefredakteurs heißt es lediglich: „Laut Arbeitsvertrag ist die Richtschnur unserer journalistischen Arbeit der Pressekodex des Deutschen Presserates. Zudem sind wir auf den europäischen Gedanken verpflichtet. Wir treten mit unserer Arbeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung, unser Grundgesetz, ein (…) Zudem beharren wir auf dem Gewaltmonopol des Staates.“

Das ist nun doppelt bis vierfach peinlich, weil der Hinweis auf das Grundgesetz, wie gesagt, bekanntermaßen ein deutliches Signal für „rechtsoffenes“ „Schwurbeln“ ist, weil ein „europäischer Gedanke“, auf den man sich verpflichten könnte, zumindest ungefähr umrissen werden müßte, um mehr zu sein als blödsinnigstes Propagandagebrabbel und weil der Pressekodex des Deutschen Presserates zwar alles mögliche untersagt, was deutsche Zeitungen Tag für Tag und Seite für Seite betreiben, aber sicher nicht das, was die Redakteurin sich erlaubte (vom „Gewaltmonopol des Staates“ ganz zu schweigen).

Eine eindeutige „Tendenz“ hätte ungefähr so lauten müssen: „Wer für die ‚Ostthüringer Zeitung‘ schreibt, verpflichtet sich zum unbedingten Glauben an die ‚Pandemie‘ und zum bedingungslosen Kampf gegen ihre Gegner. Grundgesetz und Pressekodex kommen hierbei nicht in Betracht; eine Berufung auf sie ist vielmehr als eindeutiges Bekenntnis zur staatsdelegitimierenden Querdenkerei zu verstehen, das mit sofortiger Kündigung geahndet wird.“

Wer es für den eigentlichen Skandal hält, daß solche „Tendenzen“ nicht nur formuliert werden dürfen, sondern geradezu müssen, um Abweichlerei bestrafen und „Querdenker“ aus den deutschen Redaktionen entfernen zu können, macht sich selber der „Querdenkerei“ verdächtig. Wer zudem meint, eine „Tendenzpflicht“ verstoße unter anderem gegen das Grundgesetz und so etwas könne es im besten Deutschland aller Zeiten („BeDaZ“) gar nicht geben, lebt in einer Traumwelt. Den „Tendenzschutz“ gibt es tatsächlich, er ist sogar rechtlich definiert (wenn auch ziemlich brabbelig und beschönigend, wie sich das für verfassungswidrige, antidemokratische Gesetze gehört).

Und er ist jedenfalls keine Erfindung der „Corona“-Totalisten, denen man in den letzten Jahren von der Hetzjagd auf „Verschwörungstheoretiker“ bis zur Abschaffung der Demokratie so ziemlich alles vorwirft, was sie angeblich erfunden und durchgesetzt, in Wirklichkeit jedoch nur verschärft, im Galopp vorangetrieben beziehungsweise vollendet haben. Als „Verschwörungstheoretiker“ mußte ich mich schon 2010 bezeichnen lassen, weil ich einem Redaktionskollegen von der Impfung mit „Pandemrix“ abriet. Den erbärmlichen Zustand der deutschen Leitmedien hat Wolf Reiser schon 2018 in bewundernswerter Klarheit konstatiert, beklagt und auf seine Wurzeln im September 2001 zurückgeführt. Das Grundgesetz mag erst 2020 außer Kraft gesetzt worden sein, aber demoliert wurde es lange vorher, eifrig und beharrlich, und das am Abbruch der Restdemokratie tätige Personal war teilweise dasselbe wie heute. Die Diffamierung des russischen Präsidenten Putin und seine Aufbauschung zum „neuen Hitler“ begann nicht 2022, auch nicht 2021 oder 2014, sondern mit seinem Amtsantritt. Und wer glaubt, die „Grünen“ hätten sich erst 2022 zur faschistischen Kriegstreiberbande gewandelt und der völkerrechtswidrige Angriffskrieg gegen Jugoslawien 1999 sei so was wie ein Ausrutscher gewesen, zu dem der böse Schröder oder Scharping die ansonsten blütenbewesteten Friedensbewegten gezwungen habe, der gebe in eine beliebige Suchmaschine die Begriffe „Hofreiter“ und „Faßbomben“ oder „Fücks“, „Beck“ und „Rußland“ ein.

So ist vieles, was uns neu erscheint, in Wirklichkeit sehr alt. Man gewöhnt sich halt an vieles und meint bei jeder weiteren Eskalation der Hetze und Kriegstreiberei, der Umwandlung einer „repräsentativen Demokratie“ (was ein ähnlich paradoxer Begriff ist wie „schwarzes Licht“) in eine totalitäre Oligarchie, das sei etwas ganz anderes als zuvor. Ähnliches gilt sogar für Nosferatu Lallerbach, von dem seine eifrigsten Propagandisten neuerdings behaupten, er sei früher ein „Hoffnungsträger“ und „populär“ gewesen, wo er sein kriminelles und wahnsinniges Treiben doch schon so lange treibt (und auch vor der „Pandemie“ trieb), daß viele „Medienschaffende“, die ihn jetzt plötzlich ein bißchen seltsam finden, zu Zeiten seiner ersten Untaten vielleicht noch gar nicht geboren waren.

Ich muß gestehen: Es bereitet mir nicht selten eine (perverse, aber gar nicht so klammheimliche) Freude, mich mit Lallerbachs öffentlichen Äußerungen zu beschäftigen. Wenn jemand so unablässig, hemmungslos und ungebremst lügt, schwindelt, mißversteht, schwallt und brabbelt, erstehen aus dem Lavastrom des Bullshits immer wieder Perlen unfreiwilliger Komik.

Zum Beispiel diese: „Die Impfung schützt nicht mehr vor der Ansteckung. Wenn sie nicht mehr vor der Ansteckung schützt, dann gibt es auch keinen Grund mehr dafür in diesen Einrichtungen.“ Das ist wie üblich durch und durch gelogen, falsch, verdreht und aberwitzig – aber irgendwie eben auch witzig. Weshalb das ZDF vorwitzig und leicht angesäuert dazusagt: „Noch vor zwei Wochen, am 8. November, war Lauterbach der Meinung, daß die derzeitigen bivalenten Impfstoffe auch gegen die mögliche neue Variante gut wirkten: BQ1.1 sei nah an der derzeit dominierenden BA5-Variante: ‚So wirken wahrscheinlich unsere neuen BA.5-Impfstoffe gut‘, twitterte er. Auch erste Studien wiesen darauf hin: ‚Vorbereitung bisher ok.‘“

„Meinung“, „wahrscheinlich“, „gut“, „ok“ … na ja. Man mag sagen: Verglichen mit dem, was Lallerbach in den letzten zwanzig Jahren insgesamt so zusammengeschwafelt hat, verglichen mit dem leider nirgendwo vollständig verzeichneten Gesamtwerk seiner „Corona“-Lügen ist dieser Quatsch ja fast schon harmlos. Zumal er darauf hinzudeuten scheint, daß langsam offenbar sogar der Führer und Kapitän das sinkende Schiff ganz gern verließe. Allerdings laufen seine Bestellungen (circa zehn „Dosen“ für jeden Deutschen) mangels Rücktrittsrecht wegen erwiesener Nutzlosigkeit und Schädlichkeit ja trotzdem weiter …

Wenn man im Spätherbst 2022 im frühen Abenddunkel an einer Schwabinger Straße steht und unbewußt meditativ in eine vorbeifahrende Trambahn hineinschaut, sieht man: die Bilder aus Bergamo. Als düstere Variation, sozusagen. Vielleicht wäre es Zeit für ein striktes Vermummungsverbot. Aber so weit sind wir wohl noch nicht.

2 Antworten auf „(periphere Notate): Tendenzen zweiten Grades, lapidar und unerklärlich“

  1. Die neueste perfide Methodik, die Menschen weiterhin von der „tödlichen P(l)andemie“ zu warnen, sind jetzt „Dunkelziffern“, die nach Aussage (selbsternannter) „Experten“ bis zu „zehnmal höher sein könnten“, als die offiziellen Zahlen der Neuinfektionen.

    Genau.

    Man trickst und betrügt mittlerweile so offensichtlich, dass es kaum noch jemanden aufregt.

    Mit „Dunkelziffern“ hat man nach „Inzidenzen ohne Vergleichswerte“, „Modellierern ohne ansatzweise eingetroffenen Realitäten“ und „Mega-Studien aus den Meta-Studien“, die dem Nosferatu Lallerbach tagtäglich in die Finger geraten, das Angst- und Panik-Instrument, mit dem man nicht mal ansatzweise evidenzbasierte Entscheidungen treffen muss.

    Perfekt.

    Das ist vergleichbar mit dem „durchschnittlichen Reichtum der BürgerInnen in Deutschland“, der – vom Baby bis zum Greis – theoretisch xx.xxx € betragen soll.

    Nur praktisch haben diejenigen, die von zu wenig Rente (über)leben müssen, auf Hartz4 angewiesen sind oder an den Tafeln um ein bisschen Essen anstehen müssen, halt keinen Cent mehr in den sowieso schon leeren, löchrigen Taschen.

    „Dunkelziffer“ und „durchschnittlicher Reichtum“.

    Irgendwie hängt das eine mit dem anderen zusammen.

    Wieso fällt mir im Moment noch „durchschnittlicher Intelligenzquotient“ ein?

  2. Die Verarschlochung der Medienszene ist schon länger im Gange, „Idi Alpin“, auch FJS genannt, schon hatte persönlich genug Zeit und Energie aufgebracht, um einem Gymnasiasten in Niederbayern das mediale Handwerk in einer Schülerzeitung zu legen. Ich hatte in meiner Baden-Baden-Zeit einen sehr guten Freund. Dieser war Nachrichten-Redakteur beim SWF, dann SWR. Er hatte sich erdreistet, in einer Nachrichtensendung, wohl 1999, vom „Angriffskrieg der Nato auf Jugoslawien“ zu berichten, kassierte deshalb eine Abmahnung des Senders, ging vor Gericht in Berufung und gewann in der ersten Instanz. Doch dann kam diese Figur Dr. Peter Voß , Intendant des Senders (ein allerwiderlichster Widerling) auf die Idee, auch wieder persönlich, diesen meinen Freund in einer zweiten Instanz maßzuregeln, maßregeln zu lassen… mit Mikrophonverbot und der ganzen Scheiße eben. Der Ärger wurde groß genug, daß mein Freund davon krank wurde und frühzeitig ausstieg, in Rente ging. Ein aufrechter Mann.
    Doch: „wess´Brot ich ess..etc“

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