Ein kurzer Zwischenruf an meine Kommentatoren

Liebe Leute, ich lese alle eure Anmerkungen sehr aufmerksam und finde sie oft interessant, amüsant, lehrreich und/beziehungsweise inspirierend. Ich scheue davor zurück, mich in Diskussionen einzumischen, weil mir das wie ein „Eingriff von oben“ erschiene und ich so etwas nicht mag und in einem demokratischen Debattenraum auch nicht angemessen finde, zumal sich selbst bei hier und da etwas „erhitztem“ Austausch zu meinem gelegentlichen Erstaunen immer wieder Annäherungen ergeben und von einzelnen Ausnahmen abgesehen eine allgemeine Offenheit für Stellungnahmen der anderen vorzuherrschen zumindest scheint.

Bisweilen wäre mir etwas mehr Mäßigung, Höflichkeit, Freundlichkeit und „Harmonie“ sicherlich lieber; mir ist aber auch bewußt, daß meine eigene Tendenz, mich verbal abzureagieren und dem Platzen des Kragens wenig Widerstand entgegenzusetzen, dafür nicht der ideale fördernde Faktor ist. Das Gefühl der Hilflosigkeit, mit der man einem offenbar komplett bornierten, an keiner Information und Gegenrede interessierten und im Falle eines (auch vorsichtigen) Widerspruchs ungerührt weiterhin gefährlichen Unsinn verbreitenden Propagandaapparat gegenübersteht, kann in Zorn münden, der sich vielleicht am besten verbal entlädt, auch wenn das grundsätzlich gebotene „Augenzwinkern“ nicht gelingt (oder nicht auffällt). Von Mensch zu Mensch ist das nicht die beste Art der Auseinandersetzung. Manchmal denke ich, es könnte vielleicht vieles klären, sich aus dem virtuellen Kämmerchen herauszubegeben, an einen Tisch zu setzen und ein paar Bier zu bestellen – möglicherweise fiele dann manch eine Tirade (auch von mir selbst) etwas gemäßigter aus oder würde sich eher – vielleicht sogar kollektiv – an Instanzen richten, an die sie sich richten sollte. Aber wer soll das beurteilen?

Drum werde ich auch weiterhin nicht eingreifen, solange es nicht tatsächlich aus rechtlichen Gründen nötig sein sollte (auch das ist schwer einzuschätzen; immerhin war es bislang meinem Gefühl nach nicht nötig, irgendeinen Kommentar zu löschen, abgesehen von diversen Spam-Links auf irgendwelche obskuren Seiten. Ich hoffe, ich habe damit niemandem unrecht getan.)

Ein paar Anmerkungen zu Dingen, auf die ich persönlich angesprochen wurde:

Der Schwund der Insektenbevölkerung ist mir sehr deutlich aufgefallen. In meinem Beobachtungsumfeld gibt es zwar Stech- und Trauermücken in einigermaßen großer Zahl, sichtbar ist aber der enorme Rückgang der Bienen, Wildbienen, Wespen (von denen ich zudem nur noch einer einzigen Art begegne), Hornissen, Schmetterlinge, Käfer (keine Mai-, Juni-, Julikäfer heuer, selbst die Marienkäfer bleiben aus, von selteneren Arten zu schweigen), Heuschrecken und -pferdchen, sogar Schweb- und anderen Fliegen sowie Spinnen nebst (aus egoistischer Sicht erfreulich) Ameisen und Zecken. Das Bild mit den Autoscheinwerfern war vielleicht nostalgisch verlockend; es ist aber nicht ausgeschlossen, daß von den verbliebenen Mücken trotzdem der früher gewohnte Anteil an diesen Lampen (ver)endet.

Gegen den „Vorwurf“ meiner Erfolglosigkeit in den Branchen Musik und Literatur ist wenig einzuwenden: Die läßt sich ja anhand der verbreiteten Ranglisten und anderen „Meßinstrumenten“ deutlich belegen. Einwenden könnte ich, daß meine „Produkte“ sicherlich erkennbar nicht auf einen „großen Markt“ gerichtet sind und größtenteils auch nie waren, was umgekehrt auch für den größten Teil der von mir geschätzten literarischen und musikalischen „Erzeugnisse“ gilt und sich somit vielleicht sogar selbst erklärt. Zudem könnte man den Begriff „Erfolg“ in seiner Bedeutung erweitern und die (selten umfassende) Zufriedenheit mit dem Ergebnis der eigenen Arbeit (oder der Arbeit selbst) darin einschließen, ganz unabhängig davon, ob es (Ergebnis) oder sie (Arbeit) einen mehr oder weniger großen Massengeschmack trifft.

Und ganz allgemein: Wenn ich Menschen zum Lachen bringe, warum und wodurch auch immer, dann freut mich das sehr (ganz ohne Sarkasmus). Danke.

(Nachtrag: Meine Bildung und Belesenheit sollte man nicht überschätzen. Es ist viel, viel Zufall und übermäßige Muße dabei.)

7 Antworten auf „Ein kurzer Zwischenruf an meine Kommentatoren“

  1. 1- Höflichkeit schließt weder Humor noch Härte aus. Sie ist unbedingt notwendig, um nicht in die reine Barbarei zu sinken.

    2- Ich habe nichts dagegen, wenn Sie sich in die Diskussionen „einmischen“. Ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie oberlehrerhaft reagieren würden! So wie die Leser über Ihre Artikel eine Meinung äußern, dürfen Sie selbstverständlich auch Ihre Gedanken über die Kommentare veröffentlichen. Das würde nur zeigen, daß Sie bestimmte Beiträge interessant finden. Es könnte sogar sein, daß der Leser einen Austausch mit Ihnen wünscht. Was das sitzen und ratschen an einem Tisch angeht, wäre sicher nicht schlecht. Auf die Dauer ist die virtuelle Kommunikation lästig, künstlich und ziemlich neurotisch.

    3- Auch die Zahl der Spatzen, Amsel, Tauben, Mauersegler, Kohl- und Blaumeisen, Schwalben etc. sinkt rasch, was mit dem sterben von Insekten, Spinnen usw. auch zu tun hat.

    4- Massenerfolg kann eine Beleidigung sein.

  2. @M.S.

    Werter Michael – ich „erlaube mir“ einfach mal das kumpelhafte „Du“ – das ist ein äußerst lobenswerter und – aus meiner ganz subjektiven Sicht als „Fan-Boy“ Deinerseits – wie eigentlich immer trefflich formulierter Artikel.

    Ich nehme mal Bezug zum Thema „Diskussionskultur“ bzw. „gegenseitiger Respekt“ gegenüber andersdenkenden/-schreibenden Diskutanten (m/w/d).

    Auch ich teile Deine Einschätzung, dass man an einem (Bier)Tisch von Angesicht zu Angesicht durchaus mehr gegenseitige Toleranz und Respekt erwarten kann, als in der Anonymität des www.

    Gelegentlich geht auch mir „der Gaul durch“ und ich schreibe ein wenig emotionaler/unbeherrschter/wütender, als es eigentlich sein sollte.

    Kommentare, wie sie von unserem allseits bekannten „W.Ehrenreich“ in seiner wirklich eigenen Art und Weise hier veröffentlicht werden, sind mir mittlerweile zum Lesen zu mühselig. Also ignoriere ich sie einfach.

    „Norbert“ kann nichts Substanzielles zum Diskutieren beitragen. Da bleibt’s bei – scheinbar ernst gemeinten? – Vorwürfen ohne Bezug auf spezielle Themen bzw. Aussagen von Dir oder anderen Kommentatoren. Abgesehen davon warte ich weiterhin auf Post von der zuständigen Staatsanwaltschaft, zu der „Norbert“ hoffentlich mal hingedackelt ist, um mich wegen was auch immer anzuzeigen.

    Solche „Eintagsfliegen“ a la „Karl Otto“ (der mit dem Loch im Eimer?) oder „Sys“ bringen wenigstens mehr hervor als lediglich Verballhornungen unserer Rechtschreibung bzw. Ein-/Zweizeiler.

    Recht amüsant sind diejenigen der anonymen Internet-Maulhelden, die für sich in Anspruch nehmen, „Erfolg“ bei anderen – möglicherweise gar nicht näher bekannten? – Personen kommentieren zu müssen.

    Wie peinlich ist das denn?

    Wird „Erfolg“ durch die Nullen vor dem Komma auf dem Kontoauszug definiert? Oder die Anzahl umweltverpestender Spritschleudern vor/in der Garage? Die Anzahl von Auftritten in „Lallerbach“-Talk-Shows? Die Zahl von „Spiegel-Bestsellern“ binnen fünf oder zehn Jahren? Und vor allem: Was geht diese armseligen Würstchen an, wie „erfolgreich“ andere Menschen in irgendeinem Metier (nicht) sind?

    Ich würde mich persönlich überhaupt nicht als „erfolgreich“ definieren, führe allerdings ein sehr zufriedenes Leben mit allem was ich persönlich benötige.

    Ein prall gefülltes Bankkonto, eine dicke Karre, eine Villa mit Privatsteg am See, eine Yacht… gehören ganz sicher nicht dazu. Wozu auch?

    Ich definiere mich nicht anhand von Statussymbolen, bin es anderen allerdings auch nicht neidig, wenn diese sich „Mein Auto, mein Haus, meine Yacht“-Bilder beim Treffen der „oberen Zehntausend“ um die Ohren hauen.

    Insofern kann ich über diese mickrigen „Besser-Menschen“ nur milde lächeln, die ihr angekratztes Ego (oder was auch immer ihr spezifisches Problem sein mag) mit „Hihihi, der Soundso ist aber total erfolglos…“-Gestammel aufpolieren müssen.

    Meine Güte, dann freut Euch doch, dass ihr so wahnsinnig hip, mega, toll, uneinholbar, spitzenmäßig, wohlhabend, wunderschön, mit einem 40 Zentimeter langen Fleischprügel zwischen den Beinen oder 110 cm Silikon-Titten-Oberweite ausgestattet seid.

    Lasst Euresgleichen an eurem „Erfolg“ teilhaben und wichst euch einen darauf ab (sorry, M.S.), dass ihr es scheinbar „geschafft“ habt.

    Einen tosenden Beifall aus der großen Internet-Blase für euch „Spitzenpersonal“ und „Immer-alles-richtig-Macher“.

  3. Zum Nichtmoderieren: Im Unikindergarten in den Münchner 1980er Jahren war ja auch nicht „moderiert“ worden – d.h. die „Bezugspersonen“ saßen gemeinsam im „Bezugspersonenzimmer“ und die Kinder hatten „Freispiel“:

    Je nachdem welchem Opfer- bzw. Führertyp das eigene Kind angehört hat, war man auf der Seite derjenigen, die nach „Moderation“ gerufen, ja danach gebettelt haben oder aber man pflegte das gediegene Weggucken, weil der eigene Sohn immer derjenige war, der einem Rattenfänger gleich eine ganze Horde marodierender Jungens hinter sich hergeschleift und die Mädchen am kontemplativen Puppenhausspielen gehindert hat:

    Hat man aus beiden Gruppen jeweils ein Kind dort gehabt, mußte man in der einen Elterngruppe für geschützte Räume für Mädchen plädieren und in der anderen vehement darlegen, daß das der eigene Sohn mitnichten gewesen sein könne, denn das, was er angeblich angestellt haben sollte, fiel genau in den Zeitraum, in dem er gar nicht in der Kita war: Gleichwohl hatte die ganze Gruppe als Antwort auf „wer war das?!“, geschrien „das war der xyz!“. Der Name ist so selten, ich schreibe ihn besser nicht hierher…obwohl er reimntechnisch weit wohlklingender gewesen wäre als xyz. Josi

  4. Zugegeben und nachgetragen: Ich habe gerade festgestellt, daß ich im Laufe der Jahre schon 66mal auf Kommentare geantwortet habe. So viel zur Selbsteinschätzung, angenehm ist es mir trotzdem nicht … (und bei uns war der „xyz“ immer entweder ich oder Solkan oder Helmut oder Hajo oder Antonios, je nachdem).

  5. Mir stiess nur die selbst für Klaus B. frappant-erstaunliche Dumpfheit seines Kommentars auf, der ganz im Stile eines 1914-Hosenboden-Patrioten Kriegsfreude u. Sadismus transportierte in Form der Pfrase „zeigen wo da Hamma hängt“ & die offenbar weitgehend zustimmende Aufnahme von solchem Rotz bzw. dessen Ignorieren hier (Mann, das ist unter telepolis Niwo. Auch von einem „russischen Befreier-Salvator“ zu fantasieren, der halt wieder hier einmarschiern muß wie 45, dass a Ruh u. Frieden wird.)

    Ansonsten mea culpa, aber man kann auch sagen, anonymes Internet (natürlich selbst ein Auswuchs) ist in so Fällen auch mal bessa als Biertisch, weil da solls schon zu Prügeleien u. Maßkrugschlägerein gekommen sein aus Anlass von Meinungsverschiedenheiten. Jedes Ding hat zwei Schlagseiten.

    (dann ein erstaunlicher Seitenaspekt, dass manche hier großen internetpolizeilichen Eifer darein legen, der verdeckten Identität des Störenfrieds nachzugehn; das erinnert wieder an z. B. wikipedia Hausmeister mit ihrem Sockenpuppen Fimmel. Daher sieht man, fast jeder wird von diesem Teufelszeug Internet mitgerissen, lässt er sich mal drauf ein.)

  6. Es gibt zum Glück, Herr Sailer, keinen Schriftsteller, der einst Diktatoren hofierte und ihre Menschenrechtsverletzungen und sonstigen Schweinereien in seinen Traktaten verteidigte und der jetzt noch gelesen wird. Insofern arbeiten Sie mit Ihrem Irrsinn in Ihrem Blog daran, dass ihre Werke nur noch mit spitzen Fingern angefasst werden.

  7. wegen der Insekten nochmal……
    vielleicht ist es völlig anders, als wir denken und es uns gelehrt wird
    dieser Jakobsweg Mai/Juni 2018 von der tschechischen zur schweizer Grenze…. es hat mich ja komplett entsetzt gehabt, wie tot und leblos die agrarindustriellen Riesenflächen sind und es keine Insekten, Vögel, Regenwürmer mehr gibt. Gleichzeitig zu dem Totalverschwinden jedoch bogen sich sämtliche Obstbäume, Sträucher, unter der unglaublichen Menge, der Last an Obst, welches dort reifte. So viele Äpfel, keiner sammelte die, bedeckten faulend den Boden unter den Bäumen, für lebenslange Barfußläufer wie mich ist diese Situation mit einem Alarmsignal verbunden, denn dort wimmelte es dereinst von Wespen und Hornissen, nichts mehr.
    So habe ich mir schon gedacht, ob das alles überhaupt stimmt, was mir beigebracht wurde…. ich kenne Honig und Bienen und hörte viel von deren Nützlichkeit, doch einen Zusammenhang zwischen Insektensterben und Befruchtungsrückgang kann ich nicht erkennen.

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