(periphere Notate): Kot, Intelligenz und Bewußtsein

Viel ist von „Bewußstsein“ die Rede, gerade in jüngerer Zeit. Daß der Mensch das habe und jemand anderer (ein Insekt, eine Blume, ein Planet) eben nicht. Interessant ist daran, daß die Leute, die solches verfechten, meist irgendwas mit „Intelligenz“ meinen, die es inzwischen ja auch „künstlich“ gibt, zum Beispiel in Taschenrechnern, also ohne Verbindung mit einem Körper, so man ein Ding aus Blech und Draht nicht als solchen sehen möchte. Interessant ist das deshalb, weil sich darin der Wahn der Epoche kristallisiert: Man müsse das aktuelle Werkzeug bloß immer weiter verfeinern, dann werde es früher oder später ein „Bewußtsein“ entwickeln. Der Besenbinder des 18. Jahrhunderts, der seinem Besen immer neue, immer feinere Borsten hinzufügte in der Hoffnung, der Besen werde irgendwann „bewußt“ und lebendig, ist derweil längst im Märchenwitz (und in einer netten Goofy-Geschichte) versunken.

Nichts anderes aber ist das. Dem Denken des späten 18. Jahrhunderts galt alles als mechanische Maschine. Ich erinnere mich dunkel an eine Karikatur zur Funktionsweise von Hunden: ein Zahnrad im Kopf, eines im Magen, dazwischen eine Kette zur Übersetzung. Das Bewußtsein: entsteht automatisch durch Anhäufung von immer mehr Komplexität, also: Zahnrädern. Dem 21. Jahrhundert gilt alles als „computisch“. Immer schnellere Chips, immer mehr Kapazität, immer mehr Speicherplatz – und schon wird das Ding irgendwann „bewußt“, wie HAL in „2001 – Odyssee im Weltraum“.

Daß Arthur C. Clarke Humor hatte, merkt man (spätestens) daran, daß dieselben Leute, die ihre heutige Perzeption der Realität an seinem Gespinst ausrichten, immer noch nicht wissen, was der Monolith bedeutet. Oder das „Objekt“ auf dem Led-Zeppelin-Album „Presence“.

Roger Penrose erzählte Lex Fridman folgende Geschichte: Eine Kommune von Elefanten beschließt, den Ort zu wechseln und zu einem neuen Lagerplatz aufzubrechen. Die Führung übernimmt eine erfahrene, gut orientierte Elefantin. Mittendrin in der Wanderung wählt sie plötzlich einen weiten Umweg, der zu dem Platz führt, wo vor langer Zeit ihre Schwester gestorben ist. Die Elefantenherde folgt ihr, man betrachtet die Knochen, streichelt und liebkost sie melancholisch und zärtlich und begibt sich dann wieder zurück auf den Pfad zum neuen Lagerplatz.

Hatte dieser Umweg einen evolutionären „Sinn“ (in Darwins Sinne)? Könnte ein heutiger Mensch die Gräber seiner Verwandten finden? ohne Internet? Und wozu sollte er sie suchen? Sind Elefanten die besseren Computer?

Interessant sind auch südamerikanische Ameisen, die eine sehr elaborierte Form von Landwirtschaft betreiben: Sie züchten Pilze, und zwar eine besonders nährstoffreiche Art von Egerlingsschirmlingen. Dabei haben unterschiedliche Arten höchst unterschiedliche Methoden: Die einen (nennen wir sie „Atta“) beißen Stücke aus Blättern heraus, tragen sie in kilometerlangen Prozessionen in ihre Pilzplantagen, wo sie die Blätter zerkauen, ausspucken und damit das Substrat für die Schwammerl erzeugen. Diese wiederum werden in einer Weise gehegt, gepflegt und entwickelt, gegen die die menschliche Landwirtschaft wie primitivstes Gebolze wirkt. Nennen wir es Gentechnik: die knollenartigen „Gongylidia“, von denen sich die Ameisen ernähren, sind keine natürlich vorkommenden Fruchtkörper, sondern das Ergebnis einer höchst aufwendigen Zucht – durch die Verpilzung werden sogar Insektizide unschädlich gemacht. Den Pilz wiederum hätte ohne die Arbeit der Ameisen längst ein parasitärer Schlauchpilz ausgerottet, vor dem ihn bestimmte Bakterien schützen, mit denen ihn die Ameisen „düngen“.

Das Sozialsystem der Atta-Ameisen ist extrem kompliziert, es gibt die unterschiedlichsten Klassen, Stände, Schichten, Berufsgruppen und Mutationen. Das hat damit zu tun, daß die Stämme aus Millionen von „Individuen“ bestehen – müssen, weil die Erzeugung des Substrats für die Pilze aufwendig und ineffizient ist und einer absolut perfekten Organisation bedarf. Der kleinste Fehler würde eine Hungersnot und das Aussterben des gesamten Stamms bewirken.

Eine andere Ameisenart hat sich für eine gänzlich andere Politik entschieden. Anstatt riesige Horden zu bilden, die auf ineffiziente, aber ausgeklügelte Weise funktionieren, sammelt diese Art (ich habe ihren Namen leider vergessen) den Kot von Raupen ein, in dem die Blätter sozusagen „verdichtet“ sind und der Stickstoffgehalt entsprechend vielfach höher ist. Allerdings ist der Kot Mangelware, weil selbst Ameisen eine natürlich bedingte Höchstgeschwindigkeit haben und es in einem begrenzten Areal nun mal nur so und so viele Raupen gibt, die man auch nicht dazu bringen kann, mehr zu fressen (und dementsprechend zu scheißen), als sie wollen.

Die Stämme dieser Ameisen sind recht klein: ein paar tausend vielleicht, und es gibt keinerlei soziale und genetische Differenzierung: keine Königinnen, keine Arbeiter, nichts davon. Alle sind gleich, wursteln gemeinsam gemütlich vor sich hin und sind in Millionen Jahren Evolution noch nicht mal auf die Idee gekommen, Raupen zu züchten, um Kot zu ernten. Es geht ja auch so.

Wie man diese Geschichten auf Menschen übertragen könnte, weiß ich nicht wirklich. Die Lebensweise zweiterer Art scheint mir bei Menschen nur in sehr begrenzten Zeiten und Orten attraktiv gewesen zu sein; vielleicht in der sogenannten „Vorgeschichte“. Ansonsten arbeitet man offenbar auf das Atta-Modell hin. Allerdings traue ich Kanaillen wie Biden, Habeck, Scholz, Faeser, Baerbock etc. pp. nicht zu, so etwas auch nur annähernd funktionabel zu organisieren.

Den Raupenkot könnte man mit fossilen, die gesammelten Blätter mit „erneuerbaren“ Energieträgern assoziieren, was mir aber zu anstrengend erscheint und auch zu simpel wäre. Immerhin dies: Die Atta-Ameisen mit ihren kilometerlangen Prozessionen gelten als schlimme Schädlinge, die Kotsammler hingegen bemerkt man so gut wie überhaupt nicht.

Dazu folgender Gedanke: Daß in den letzten Jahren der Begriff „Umweltschutz“ aus der öffentlichen Diskussion völlig verschwunden ist (auch als „Naturschutz“) und komplett durch einen absolut fiktiven „Klimaschutz“ ersetzt wurde, erscheint manchem als unerhebliches Detail. Was wäre denn eine „Natur“ oder „Umwelt“ ohne „Klima“, das sozusagen die universale Klammer bildet?

Vielleicht steckt dahinter aber mehr. Denn ganz sicher wird der Umstieg von (hochkonzentrierten) fossilen auf (extrem ineffiziente) „erneuerbare“ Energieträger ohne jeglichen ernsthaften Versuch der Reduktion des Verbrauchs ein Ausmaß an Umwelt- und Naturzerstörung bewirken müssen, das wir uns heute nicht einmal annähernd vorstellen können.

Ach so, und übrigens gibt es auch die Theorie, daß in Wirklichkeit nicht die Ameisen die Pilze, sondern umgekehrt die Pilze die Ameisen züchten. Aber das ist ein Problem der wissenschaftlichen Perspektive – das Konzept der Symbiose ist dem homo sapiens aufgrund eines angeborenen Denkfehlers wohl grundsätzlich nicht zu vermitteln.

(Ich bitte übrigens um Verständnis, dass ich in letzter Zeit keine Lust mehr habe, jede Kleinigkeit mit Links zu Quellen zu belegen – eine einfache Suche nach zwei oder drei Begriffen auf Startpage, Duckduckgo oder (manchmal) Google spuckt sowieso sofort alles aus, was ich verlinken könnte. Faulheit, dazu bald mehr.)

4 Antworten auf „(periphere Notate): Kot, Intelligenz und Bewußtsein“

  1. Lieber Michael, ich liebe es, wenn keine links, keine ellenlangen Beweisfußnoten an einen Text angehängt werden (man stelle sich die Brüder Karamasow mit links vor, damit es auch jeder glaubt): „Wir haben keine Chance, also verlinken wir auch nicht mehr“ oder, anders ausgedrückt: Man legt sich damit Fußfesseln an und dem Leser auch. Es ist auch immer wieder so etwas wie eine Referenz an den Feind: „Seht her, ich bin doch total seriös und fabuliere nicht einfach drauf los, lässt sich alles überprüfen und beweisen“.

    Ich habe noch eine viel grässlichere Geschichte über Pilze und Ameisen gelesen: Der Pilz befällt die Ameise, rückt in ihr Gehirn vor, dort „befiehlt“ er der Ameise auf den nächsten Baum zu klettern, aber dort nur bis zu einem halben Meter, dann versteift er der Ameise ihre Glieder, sodaß sie sich festkrallt in der Baumrinde und lebendig erstarrt. Dann folgen der Ameise ihre Kollegen nach währenddessen der Pilz aus dem Kopf der Ameise herauszuwachsen beginnt und Samen auf die nachfolgenden Ameisen (wohl eher: Sporen) abregnet. Das, was aus dem Kopf herauswächst sieht so ekelhaft aus, bläht sich zwischendrin auf, lebt und gedeiht, daß man beim bloßen Anschauen erkennt: Das, was wir hier erleben, das ist noch längst nicht alles. Denn der Pilz hat sich eine so ausgeklügelte Form der Vernichtung eines unerschöpflichen Reservoirs an Körpern, die er aussaugen kann, ausgedacht, daß man erkennt (erkennen muß):

    Das kann er auch mit uns machen.

    Oder halt diese Bio-Labore. Da möchte man dem Artikelautor samt seiner grausigen Bilder zurufen: Mann, halt bloß die Schnauze, die machen das doch sofort nach. „Gedenke meiner spricht der Staub“ wäre dann donnerhallend wie am jüngsten Tag „Gedenke meiner spricht der Pilz“. Und wir hängen alle auf einem halben Meter mehr tot als lebendig mit einer Stinkmorchel aus dem Kopf gewachsen an unseren Hochhäusern fest. LG Josi

  2. „jede Kleinigkeit mit Links zu Quellen zu belegen“
    Nur bei Wikipedia haben sie die geheime Zutat, um aus Links auf Webseiten oder andere Quellen im Internet DIE WAHRHEIT zu generieren (und nebenbei auch einiges an Spendenaufkommen). Wenn man einen hart gesottenen Wikipedianer per Zeitmaschine in klassische Griechenland versetzte, würde er auch von Homer ‚Links zu Quellen‘ verlangen.

  3. Der Klimawahn (und die gleichzeitige Verdrängung des ganzheitlichen Umweltschutz-Gedankens) hat eine ganz genau justierte Zielrichtung: Atomkraft wieder gesellschaftsfähig zu machen, wieder zur Handlungsoption zu machen. Und zwar genauso wie damals auch schon: mit den Behauptungen, Atomstrom sei sicher, berherrschbar, billig, schier unbegrenzt verfügbar, ohne die sich dadurch immer weiter erhöhende Gefahr des Atomkrieges (Spaltprodukte, Plutonium) ausbaubar – und die Endlagerstättenproblematik würde man ja auch in den Griff kriegen.

    Oder sollt es etwa Zufall sein, dass Bill Gates neben Invenstition in die Pharma- und Injektions-Branche auch in „Kleinatomkraftwerke“ investiert? Hsqmyp!

    ()https://www.handelszeitung.ch/tech/das-mini-akw-kommt-von-rolls-royce-ab-fabrik
    ()https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/klima-nachhaltigkeit/energiewende-mini-atomkraftwerke-fuer-den-klimaschutz-17159942.html
    ()https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/atomkraft-mini-kraftwerke-in-der-eu-was-kommt-da-auf-uns-zu-a-1093128.html
    ()https://weather.com/de-DE/wissen/klima/news/zuruck-zur-atomkraft-usa-bauern-neue-akw-unter-der-erde

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