Ein bißchen Historie

(nicht nur zur Füllung des verfrühten Sommerlochs)

Eine Antwort auf „Ein bißchen Historie“

  1. Vielen Dank für den sehr interessanten Vortrag! Hier ein paar Anmerkungen:

    Schon während der Revolution wurden die Bolschewiken von britischen, französischen, amerikanischen, tschechoslowakischen und italienischen Truppen auf russischem Gebiet bekämpft. Dann kamen dazu der Krieg mit Polen und die Intervention von deutschen Freikorps im Baltikum. Bei allen diesen Kämpfen spielten ideolgische, geopolitische und wirtschaftliche Gründe gleichzeitig eine Rolle.

    Die Gründungsideologie der NATO wird während des Ersten Weltkriegs formuliert. In der Aliierten-Propaganda und dann im historischen Sieger-Diskurs über diesen Krieg spielen die Vereinigten Staaten, Frankreich und Großbritannien die Rolle der Beschützer der Freiheit gegen ein tyranisches Deutschland und gegen ein gefährliches kommunistisches Rußland. Natürlich ist das eine Fiktion, aber sie dient als Rechtfertigung für die extremen Bedingungen von Versailles und als Vorwand für einen als selbstverständlich dargestellten Anspruch dieser drei Länder auf eine geteilte Welthegemonie.

    Chamberlains und Daladiers Politik gegenüber Deutschland ist das Ergebnis der Angst vor einer kommunistischen Revolution. Die Sowjetunion war doch von Anfang an eine expandierende Macht, die ihr politisches System exportierte und daraus kein Geheimnis machte. Großbritannien, Frankreich und die Vereinigten Staaten sahen in der Sowjetunion das gefährlichste Konkurrent. Das erklärt die Toleranz mit Nazi-Deutschland, das als kleineres Übel betrachtet wurde. Aus demselben Grund hoffierte Stalin die Nazis: sie schienen ihm weniger gefährlich, als die drei atlantischen Mächte. Im Jahr 1940 machte Hitler den Fehler, die Sowjetunion anzugreifen. Die Karten wurden dabei neu gemischt.

    Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Sowjetunion viel weniger harmlos, als man auf dem Video behauptet. Sie hatte keine Atombomben, aber war dabei sie zu haben und besaß die wahrscheinlich stärkste Armee der Welt. Ihre Expansion als Weltmacht hatte in Europa angefangen, wo sie keine „Verbundete“, sondern eher unterworfen Satelliten hatte. Ihre Machtsphäre reichte bis China, wo sie in den ersten Jahren nach Maos Eroberung der Macht (1948) einen enormen Einfluß hatte. Ihre hegemonische Ansprüche versteckte die sowjetische Regierung nie, sie schminckte sie nur mit schönen Worten wie Unterstützung für die „Befreiung des Proletariats“ auf der ganzen Welt, „Entkolonisierung“ etc. Vertreterkriege haben nicht nur die NATO und die Amerikaner angezettelt, auch die Sowjetunion und der Warschauer Pakt spielten dasselbe Spiel. Natürlich war in diesem Kontext auch für die Sowjetunion selbstverständlich, militärisch immer stärker zu werden. Auch in der UdSSR war die Entwicklung der Rüstungsindustrie ein prioritäres Ziel.

    Irgendwann haben die Amerikaner verstanden, daß die Sowjetunion „müde“ war und daß Wettrüstung als „Streßfaktor“ eine Rolle bei der Schwächung des Gegners spielen könnte. Aber das war erst nachdem die USA die Kriege in Vietnam und Kambodscha verloren hatten. Sie erkannten, daß sie auf diesen Weg keine Chance hatten. Darüber hinaus war der von der Sowjetunion unterstützte Linksterrorismus dabei, die amerikanischen Satelliten in Lateinamerika (Sandinisten, Montoneros, Tupamaros) und Europa (IRA, Brigate Rosse, RAF, ETA) zu destabilisieren. Unter Carter und Reagan beginnt wirklich die wirtschaftliche, militärische (Afghanistan) und soziopolitische Destabilisierung der Sowjetunion u.a. mittels Wettrüstung.

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