(periphere Notate): Aus dem Krieg in den Krieg

Nichts ist so peinlich und jämmerlich wie das ganztägige Gejammer im Radioprogramm des bayerischen Rundfunks über die „wegfallende Maskenpflicht“: Das sei (irgendwie) nur notgedrungen, verfrüht, unvorsichtig; „manche“ freuten sich zwar darüber, aber „viele“ seien dagegen. Die „Ethik“-Plapperpuppe Buyx plappert etwas über „in den Anstieg hinein lockern“ und daß sie „ein großer Freund der Eigenverantwortung“ sei. Jedes Unternehmen, erfahren wir, „sei nun auf sich allein gestellt“ und müsse „Lösungen“ für die schlimme „Herausforderung“ finden. Masken seien zwar „nicht mehr gesetzlich vorgeschrieben“, aber „eine Arbeitsschutzmaßnahme“, die weiterhin „angeordnet“ werden könne. (Das ist in gewissem Umfang sogar richtig: im Umgang mit grobem und feinerem Staub haben die Staubschutzteile bei richtiger Anwendung kurzfristig einen gewissen Nutzen.) „Anordnen“ immerhin, uff, könne man das Aufsetzen der Maske, nicht aber das Abnehmen.

Schade ist, daß solch peinlichen Blödsinn niemand konsequent in Form einer Chronik dokumentiert und archiviert. Vergessenkönnen ist eine Gnade, aber irgendwo sollte man die unzähligen närrischen bis gemeingefährlichen Ausstoßungen der Propaganda und ihrer Galionsfiguren schon nachschlagen können, und sei’s nur zum Amusement künftiger Generationen. Daß etwa die Bundes-„Virologin“ Melanie Brinkmann am 22. November 2021, also vor nicht mal einem halben Jahr, immer noch den Stuß vom „exponentiellen Wachstum“ daherbetete und prophezeite, bei einer solchen Entwicklung werde in spätestens 43 Tagen jeder Deutsche ungefähr 50.000mal infiziert sein, glaubt uns doch im Rest der Welt jetzt schon niemand.

Man kriegt es einfach nicht hin, zu gestehen: War haben uns in die Pfanne hauen lassen, haben an die Gefährlichkeit von „R-Werten“, „Inzidenzen“ und beliebigen Zahlenfeuerwerken geglaubt, die berufsamtliche Idioten in beliebigen Variationen aus dem Hut gezaubert und uns wie mißglückte Persiflagen auf Hare-Krishna-Mantras vorgeleiert haben. Wir haben geglaubt und geglaubt und geglaubt und uns wie Rohrspatzen auf Ungläubige gestürzt; wir wollten nichts hören von Evidenz und Wissenschaft, von Belegen, Beweisen und Statistiken. Wir werfen auch jetzt noch nicht den Radio aus dem Fenster, wenn nach fast 26 Monaten immer noch von „Neuinfektionen“ die Rede ist. Es hat uns nie gestört, daß unsere Priester und Prediger gelogen, betrogen, sich widersprochen und über Monate und Jahre hinweg den größten Blödsinn als „die Wissenschaft“ verkündet haben. Es hat uns nie interessiert, was wirklich ist und wo es herkommt, was es bedeutet, bewirkt und heißt. Wie mit Tipp-Ex oder Tintentod haben wir unsere „Überzeugungen“ der täglichen „Lage“ und „Linie“ angepaßt, wußten dann „schon immer“, daß nur eine „Impfung“ uns rettet (und zwar für immer) und daß eine „Impfung“ aber keine Impfung ist, sondern erst durch drei (oder vier) „Impfungen“ zu einer solchen wird, die aber nichts rettet und verhindert, sondern nur einen „milden Verlauf“ bewirkt. Es ist uns egal, daß es dafür keinerlei Belege gibt, daß aber hinlänglich bewiesen ist, daß die „Impfung“ das Immunsystem zerstört oder dauerhaft schädigt und daß wir deswegen krank werden – immerhin: ohne „Impfung“ hätten die Kranken doch einen „schwereren Verlauf“, nicht wahr?

Nein, nicht wahr. Nichts davon ist oder war je „wahr“, es waren Hirngespinste, Phantasien eines Irren, der wider alle Vernunft durch die Logik des Irrsinns ins zuständige Ministeramt befördert werden mußte, weil jeder andere an seiner Stelle unter dem Ansturm der Evidenz und der Wirklichkeit vor Scham zusammengebrochen wäre. Er indes bekam es hin, so wahnwitzig zu lügen, einen solchen Dauerschwall von Nonsens, Bullshit und Widersprüchen in die Welt zu entladen, daß daraus eine paradoxe „Glaubwürdigkeit“ entstand oder zu entstehen schien: Der Mensch ist fehlbar und lernt dazu, glaubten wir und wollten ums Verrecken nicht sehen, daß der Mann lernen und verstehen gar nicht darf, sondern lediglich einen Auftrag hat, dem er wie ein hirnloser Duracell-Hase nacheifert: „Dosen“ loswerden, die „in Arme müssen“, wie seine Kumpaninnen und Kumpane im Stil einer Weltuntergangssekte über „Medien“ (!) verkündeten, die ihre Ränge freiräumten von denkfähigen Menschen und den Seim ungeprüft in maximaler Verdichtung und Verstärkung dauersendeten.

Jetzt merken sie, daß die Geschichte zu Ende ist, daß sie mehr von dem Zeug nicht loskriegen, daß am Horizont die dunklen Wolken der Konsequenzen ihrer Irrungen und Verbrechen aufziehen. Jetzt packen sie die Koffer, waschen sich die Hände und wollen nichts gewesen sein, nichts gewußt, nichts gewollt haben außer Gutem. Zurück bleiben die Gläubigen, nun ungläubig starrend auf den Schrotthaufen, der von ihrem Glauben geblieben ist und den sie jetzt aufräumen und dabei nicht mal eine Maske vors Gesicht schnallen sollen, um sich ego-„solidarisch“ zu schützen vor dem Fluch, der jetzt plötzlich verflogen sein soll.

Zum Glück haben sie ja nun wenigstens einen neuen Fluch und einen neuen Satan vorgesetzt bekommen, der irgendwie noch schlimmer ist, weil er nicht mehr als mikroskopische Animation einer Stachelkugel, sondern als „echtes“ Zerrbild eines menschlichen Gesichts präsentiert wird und sein Fluch sich in grausigen Bildern manifestiert, zu deren Untermalung „Zahlen“ nicht mehr wirklich nötig sind, weil Lügen genügen.

Die durch den erbärmlichen Rückzug des alten Helden – eines dubiosen, aber talentierten Medizindarstellers, dessen äußerliche Verlotterung sinnbildlich für seinen übermenschlich aufreibenden Kampf gegen Fluch und Satan stand – freigewordene Stelle nimmt nun ein neuer Held ein: ein immerhin nicht nur talentierter, sondern sogar ausgebildeter Schauspieler, der seine Rolle im echten Fernsehen gelernt hat und sie nun in der zur Reality-TV-Show kastrierten „echten“ „Welt“ spielt.

Dabei zieht der Held, den böse Widersacher ebenso mit dubiosen Verweisen auf Verfehlungen, dunkle Wurzeln, nebulöse Herkunft und trübe Motive zu bekleckern versuchen wie seinen Vorgänger, alle Register, die die Erzählstruktur eines Helden-Comics zur Verfügung stellt: Den Amis kommt er mit Pearl Harbor, den Briten mit Churchill, den Italienern mit den armen Kindern, den Deutschen mit der niederzureißenden Mauer, den Niederländern mit der Bombardierung von Rotterdam, und wenn seine umjubelte Zoom-Tour demnächst in Japan Station macht, dürfen wir höchstens vage hoffen, daß sein Redenschreiber (ein früherer Drehbuchautor der Serie, mit der der Held bekannt und Präsident wurde) vor Hiroshima und Nagasaki dann doch mit einem Rest von Respekt zurückschreckt, nachdem schon das israelische Parlament über das „Endlösung“-Animationstheater wenig amüsiert war und in der Empörung kurz ein Stück der historischen und gegenwärtigen Wahrheit aufzuscheinen drohte, die hinter dem massenmedialen Nebel des Glaubens dahinkümmert.

Schlimmer als der Darsteller selbst ist höchstens noch die deutsche Presse in ihrem entfesselten Fanatismus. Der „Spiegel“ (der sich einst in militant-militärischer Entgeistung selbst als „Sturmgeschütz“ feierte) ernennt ihn zum „Verteidiger der freien Welt“. In der „taz“ jubiliert eine völlig durchgedrehte Propagandistin, es sei „der Mut der Chancenlosen, der Owsjannikowas, Selenskis und Klitschkos, der die Welt bewegt“. Wenn man so verrückt, so hitlermuttimäßig libidinös durchgeknallt ist, erinnert man sich vielleicht nicht mehr daran, daß Atombomben die Welt noch ein bißchen effektiver „bewegen“. Dazu zieht die Dame Vergleiche mit Israels Historie („Verlieren war nach dem Holocaust keine Option“ – man faßt es nicht!), der französischen Résistance, den Geschwistern Scholl und dem Aufstand im Warschauer Ghetto an den zotteligen Haaren herbei. Ich muß mich wiederholen: Man faßt es nicht. Weil man so etwas in Deutschland seit dem späten April 1945 nicht mehr gehört hat. Oder falls doch, dann nur als lauthals bekeckerte Entgleisung einer selbstmitleidigen „Querdenkerin“.

Derweil sind in deutschen Supermärkten Weizenmehl und Sonnenblumenöl ausverkauft. Man könnte (sarkastisch) vermuten: Das wird von wohlmeinenden Menschen in großen Mengen angeschafft, um es in Kisten zu packen und in die Ukraine zu schicken, wo es herkommt. Für die ausrangierten DDR-Panzer, die die perfide Bundesregierung als stählernes Symbolsurrogat von „Impfstoffen“ der ukrainischen Armee und ihren angeschlossenen Nazibrigaden andreht, gilt im weiteren Sinne ein ähnliches Prinzip, allerdings können die nicht militärisch tätigen Menschen dort mit den Totschießmaschinen noch viel weniger anfangen.

„Wir haben an Corona gesehen, wir sind keine technischen Wesen, auch wenn wir in technotopischen Welten leben, sondern wir sind biologisch verletzliche Wesen“, sagte der Fernsehschaffende Richard David Precht im August 2020 bei einem Auftritt in der Sendung „Sandra Maischberger“. Man kann sich irren, und hinter vielen Irrtümern steckt sicherlich ein Kern von Hoffnung und Wunschdenken. Was sich Herr Precht wünscht, ist mir unbekannt; vielleicht träumt er tatsächlich von einer Rückkehr zu einem „menschlichen Maß“ (so der deutsche Untertitel des klassischen Buchs „Small is Beautiful“ von E. F. Schumacher), von einer Welt, die nicht mehr von verrückten Technokraten immer höher auf ein wackeliges Gerüst aus wahnsinnigen Science-fiction-Träumen gepeitscht wird, das auf und in einem Sumpf verworrener Dogmen und Glaubenslehren steht. Möglicherweise wäre es auch keine schlechte Idee, in diesem Sinne erst mal SUV-Panzer in Städten zu verbieten und diese Art von schrittweisem „Rückbau“ so lange weiterzutreiben, bis eines Tages in tausend oder mehr (oder weniger) Jahren die vernünftigerweise zahlenmäßig geschrumpfte Homo-sapiens-Gemeinde am Lagerfeuer bzw. in der Holzhütte sitzt, natürliche Nahrung genießt, sich in der Dämmerung weise Märchen von den milliardenschweren Titanen der fernen Vergangenheit und ihrem verderblichen Übermut erzählt und nur ganz selten mal das Solarpaneel anschaltet, um ein bisserl Facebook zu glotzen.

Das Problem ist, daß das nicht passieren kann, weil das Gegenteil passiert: „Wir“ haben „an Corona“ vor allem gesehen, daß eine Technotopie als einziges Resultat und einzige Lösung für die biologische Verletzlichkeit des ungenügend für das Leben auf Erden gerüsteten Wesens Mensch aus der Evolutionsgeschichte hervorglänzt. Und deshalb sind „wir“ zügig dabei, diese Technotopie in Wirklichkeit umzusetzen. Was wir dabei an Kollateralschäden in Kauf nehmen (müssen), ist – von außen betrachtet – ungeheuer, und der angestrebte Zustand ist – von außen betrachtet – offensichtlich weder diese Schäden noch überhaupt ein Anstreben wert. Um das zu verstehen, muß man es allerdings von außen betrachten können, und damit geht unerläßlich einher, aus dem „wir“ ein „die“ zu machen.

Das kriegt der Mensch irgendwie nicht fertig, und das zeigt sich auch und beispielhaft an dem, was typische Vertreter des Nichtfertigkriegens öffentlich zu Kriegen äußern: Der Gedanke, daß ein Verzicht auf symmetrische Gegenwehr (zurückschlagen und -schießen) jeden Angriff zum sofortigen Erliegen bringt – so wie man mit Bohrmaschine, Dübel und Schraube nichts anfangen kann, wenn keine Wand da ist –, läßt sich schlichtweg nicht denken. Schuld daran sind vielleicht die Deutschen, mindestens teilweise, weil sie ein für alle mal (oder für sehr lange Zeit) gezeigt haben, daß der Gedanke, Menschen ohne jede Gegenwehr auszurotten, eben doch denkbar ist. Ob er das immer noch ist oder außerhalb von Deutschland je war, bliebe zu untersuchen.

Lernen „wir“ also generell nichts? Haben „wir“ aus den letzten zwei und den letzten hundert Jahren gar nichts gelernt? Vielleicht zwei Dinge: Daß es in Deutschland nie eine echte Revolution geben kann, weil sich der Deutsche freiwillig unter die Guillotine legt, wenn man ihm einen „milden Verlauf“ verspricht. Und daß Unternehmungen wie eine Impfkampagne oder einen Weltkrieg nur der Irrste aller Irren ins Werk setzen und bis zum bittersten aller denkbaren Enden führen kann, weil jeder andere irgendwann aufgibt.


5 Antworten auf „(periphere Notate): Aus dem Krieg in den Krieg“

  1. Danke. Viele meiner Gedanken finde ich hier wieder, ausdrücken könnte ich es nicht so gut. Bin also doch nicht allein. und ja ob Krieg gegen ein Virus oder gegen ein Land ist..Krieg ist ein Verbrechen. und dazu die Bilder der Baumritzungen…geradezu preiswürdig!

  2. Ein hervorragender Text, der zum Ausdruck bringt, was manche (wenige?) denken und fühlen. Was ich in diesem und in anderen Texten vom Autor nicht zustimmen würde ist, daß Boshaftigkeit, Verblödung und Wahnsinn etwas spezifisch deutsches sind oder haben. Immer wieder beobachte ich, daß der deutsche Mensch irrtümlicherweise glaubt, sich grundsätzlich von dem Rest seiner Artgenossen zu unterscheiden. Das kann sowohl zu einem peinlichen Selbstlob führen, wie auch zu einer nicht weniger peinlichen Selbsterniedrigung. Wenn der Deutsche nicht der beste sein kann, will er als den schlechtesten erscheinen. Wenn ich einem Deutschen sage, daß seine Landsleute nicht so gründlich, fleißig, klug usw. sind, ist er beleidigt. Wenn ich einem anderen sage, dass sie nicht besonders dumm und böse sind, ist er auch beleidigt. Die deutsche Überlegenheit darf nicht diskutiert werden! Nationale Eitelkeit findet man auch in anderen Ländern, das ist auch nichts besonderes. Die schamlose Direktheit, mit welcher der Glaube, überlegen im Guten und/oder im Schlechten zu sein, zum Ausdruckt kommt, ist vielleicht die einzige wirklich deutsche Eigenschaft. Woanders zeigt man dieselbe Überzeugung mit wenigem Nachdruck, mit einer gewissen falschen Bescheidenheit. Es gibt auch „nationale“ Nuancen in der Art, wie man blöd oder böse ist, aber diese Varianten sind eher oberflächlich, sie haben einen fast folkloristischen Charakter. Im bezug auf Corona, Putin usw. ist die Verblödung von Berlin bis Feuerland dieselbe. Die Globalisierung hat auch die Hirnlosigkeit uniformiert.

  3. @messerschmidt, ich kann nirgendwo erkennen, daß hier im Blog von Michael Sailer irgendwo „Bösartigkeit, Verblödung und Wahnsinn“ als typisch deutsch angeprangert worden wären: Wenn schon, dann der typisch deutsche Gehorsam, blind, empathielos, selbstzerstörerisch – der selbstverständlich auch einem Bösartigen, einem total Verblödeten und einem Wahnsinnigen gehorcht (hat).

    Süchtig nach Befehlen, süchtig nach Gehorsam und jetzt auch süchtig nach der Maske: Seit Sonntag testet meine Familie an unterschiedlichen Lokalitäten in München, ob es sich um eine Tageserscheinung, eine Ortserscheinung oder um eine Quartierserscheinung handelt:

    Daß 99,5 % aller Münchner die Maske noch immer aufhaben.

    Also um 10 Uhr in den Lidl und geguckt. Um 8 Uhr in den Wimmer, um 17 Uhr in den Basic, um 19 Uhr in den Baumarkt, den Feneberg kur vor Ladenschluß, die örtlichen Lokale, Pizzerien, Einkaufszentren zu jeder beliebigen Uhrzeit, in migrantische Quartiere (Westend), ins pseudo-liberale Neuhausen-Nymphenburg zum Hermannsdorfer:

    Alles gleich. Überall tragen sie noch immer die Masken, entsteht irgendwie ein Vakuum mangels eindeutiger Gehorsamsstrukturen um einen Nichtmaskenträger herum: Es fehlt schlichtweg die Durchsage „Maske tragen verboten“ und ohne bayrisch gefärbte Hinweise zwischen zwei Haltestellen „Masken sind verboten, sie schädigen damit sich und andere“, ziehen die Deutschen die Masken nicht vom Gesicht und bleiben dann beim letzten Befehl hängen in einer Endlosschleife:

    Niemand hat offiziell das Maskentragen verboten, also trägt man weiter Maske.

    Netter Versuch diese Gehorsamkeitsfehlhaltung in der nationalen Grundausstattung in etwas umdeuten zu wollen, das es überall genauso gäbe: Ich erinnere mich, daß „Lawrence von Arabien“ behauptet hat, er habe nie wendigere, tapfere, schneidigere Kämpfer erlebt als Tuaregs bei dem Aufstand gegen das osmanische Reich, an dem er teilgenommen hatte – hätte er davon ein paar Dutzend mit dem Gehorsam einer deutschen Armee könnte er damit die Welt erobern. ABER: Kaum hätten die paar Dutzend ein Scharmützel erfolgreich überlebt, ritten sie mit großem Geschrei davon, entzündeten am Horizont ein Lagerfeuer und feierten mit Wein, Weib und Gesang, völlig egal wie man sich als „Lawrence von Arabien“ die Kommandoseele aus dem Halse schreit.

    Gehorsam ist ihnen total egal.

    Reih und Glied auch.

    Über den augenblicklichen Erfolg hinaus sehen sie nicht ein, ihr Leben zu riskieren: Dann wird erstmal gefeiert und die Beute geteilt.

    Davon haben wir entschwieden zu wenig, denn natürlich sind Fleiß, Ausdauer, Pünklichkeit und Gehorsam auch Tugenden mit denen man… (den Rest bitte selbst ergänzen, stimmt aber immer noch). LG Josi

  4. Hallo Josi,

    vielen Dank für die Antwort! Jein… Ich meine nicht nur diesen Text, sondern auch andere. Das hätte ich betonen sollen. Darüber hinaus sehe ich, daß es in Deutschland (auch bei Michael Sailer, einem Autor, den ich sehr schätze) eine Neigung gibt, den Deutschen als -wörtlich- „unvergleichlich“ dumm und böse zu betrachten.

    „Gehorsam, blind, empathielos, selbstzerstörerisch – der selbstverständlich auch einem Bösartigen, einem total Verblödeten und einem Wahnsinnigen gehorcht (hat).“ Das würde ich persönlich als dumm und böse zugleich bezeichnen. Übertreibe ich? Blinde Gehorsamkeit hat mit Verblödung zu tun. Empathielosigkeit finde ich böse. Selbstzerstörung ist blöd und böse. Was bedeutet auf moralischer und intellektueller Ebene, einem, der bösartig und wahnsinnig ist, zu folgen?

    Ich komme aus einer wirklich kosmopolitischen Familie und habe lange in drei Ländern und zwei Kontinenten gelebt, gelernt, studiert und gearbeitet. Überall werde ich als Ausländer betrachtet. Paradoxerweise kann ich mich in mehreren Ländern zuhause fühlen. Im Laufe meines Lebens durfte ich einiges sehen und vergleichen.

    Das Wort „Gehorsam“ wird oft in bezug auf Deutschland verwendet. In anderen Ländern will man davon nichts hören. Das bedeutet aber nicht, daß die große Masse bei gewöhnlicher Gehirnwäsche wesentlich anders reagiert. In den romanischen Ländern z.B. (sowohl in Europa als auch in Iberoamerika) scheint sie spontaner, chaotischer, freier etc. zu sein. Der Schein täuscht. Sie ist gleich so leicht zu lenken, wie in Deutschland. Sie braucht eine andere Rhetorik und drückt ihre Gehorsamkeit auch anders aus. Nur die Form ist unterschiedlich, der Inhalt ist derselbe.

    2020 habe ich fast den ganzen Sommer in Spanien verbracht. Die Hotels waren geschlossen, nur Einheimische waren im Lande. Es war Pflicht, sogar auf der Straße eine Maske zu tragen. Die meisten trugen sie! Am Strand war es vorgeschrieben, maskiert zu gehen, bis man das Handtuch legte und sich auszog. Danach durfte man die Maske ablegen und ohne sie ins Wasser gehen, schwimmen, auf dem Sand liegen, laufen, spielen, duschen (wenn eine Dusche vorhanden war) und alles, was man sich vorstellen kann. Nachdem man sich angezogen und den Platz geräumt hat, mußte man wieder die Maske anziehen, um den Strand zu verlassen. Die Spanier haben mitgemacht!

    Strandkiosk mit netter Terrasse. Ich sitze an einem Tisch, trinke einen Kaffee und rauche eine Zigarette. Plötzlich fällt mir auf, daß die meisten Gäste mich beobachten. Bin ich paranoisch? Nein, sie schauen tatsächlich in meiner Richtung mit ziemlich unfreundlicher Miene. Es gibt keinen Aschenbecher. Wenn ich fertig bin, drücke ich die Zigarette auf der Untertasse und rufe die Kellnerin. „Ach! Sie haben geraucht! Das ist verboten! Der Raucherplatz ist da“. Und sie zeigt mir ein einsames Tischlein vor der Toilettentür.

    Heute habe ich einen türkischen Freund getroffen. Wir waren in einer fast überfüllten Kneipe im Univiertel. Der einzige Gast, der die Maske anzog, um von der Tür zum Tisch und vom Tisch zur Tür zu gehen, war mein türkischer Freund!

    Über die Beduinen kann ich leider nichts sagen, ich kenne sie nicht. Aber ich vermute, daß sie auch folgsam und gehorsam werden, wenn man die richtige Form, sie zu manipulieren, beherrscht. Möglicherweise war bei Lawrence die „Methode“ fehlerhaft.

    Schöne Grüße

    Juan Messerschmidt

  5. Josi, so die „Tuaregs“ in „Lawrence von Arabien“ feiern mit „Wein, Weib u. Gesang“ – Äeh, verwechseln Sie da vielleicht Film, Ort & Zeit ?

    Nur mal sone Frage.

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