(periphere Notate): Stubenfliegen lügen nicht

Daß es nicht die genialste Idee ist, Widerstand gegen despotische Macht über Plattformen wie Facebook, Twitter und Youtube zu organisieren, ist eine Erkenntnis, die sich langsam ihren Weg bahnen mußte. War es nicht herrlich romantisch, wie sich der „arabische Frühling“ damals genau auf diesem Weg durchsetzte? Man durfte das möglicherweise denken, solange man nicht wußte, wer hinter dem digitalen und analogen Gewusel die Fäden zog.

Hingegen war es von Anfang an ziemlich dumm, die despotische Macht von Konzernen wie Facebook, Google und Twitter über Facebook, Youtube und Twitter angreifen zu wollen. Ganz blöd gesagt: Hätte die Rote Armee Fraktion – was immer man von ihr hält – versucht, ihre Dokumente im Feuilleton der FAZ zu veröffentlichen, wäre sie um einiges früher und kläglicher gescheitert. Mit dem Umstieg von Analyse und Kritik zu Bekennerschreiben mag das funktioniert haben, aber von denen weiß man ja auch nicht genau, wer dahintersteckte.

Möglicherweise setzt sich diese Erkenntnis langsam durch. Der Rekordeinbruch der Aktie des Facebook-Konzerns kann diverse Ursachen haben. Eine davon ist aber sicher, daß das „Produkt“ der Marke an Attraktivität verliert. Wer hat schon Lust, sich stundenlang damit zu beschäftigen, „lustige“ Bildchen und „sinnige“ Sinnsprüche zu betrachten, im Sekundentakt mit idiotischem „Im Covid-19-Informationszentrum findest du Infos und Ressourcen zu Impfungen“-Spam bespaßt zu werden, zwischendurch immer mal wieder eine „originelle“ „Querdenker“-Beschimpfung vorgesetzt zu kriegen und dabei zu wissen, daß es sicher auch ein paar interessante Beiträge gäbe, die aber leider schon gelöscht sind.

Davon wird man hirnkrank, wenn man nicht rechtzeitig merkt, wie öde es ist. Offenbar merken das immer mehr Menschen und halten sich fern. Die übrigen sind dann vielleicht irgendwann so hirnkrank, daß sie tatsächlich mal „Covid-19-Informationszentrum“ anklicken. Was sie dort finden, weiß ich nicht; ich mag es mir auch nicht vorstellen.

Nun also geht es abwärts mit dem einst so funkelnden und schillernden „sozialen Leben“ per Avatar, und die Meldungen dazu sind bizarr: Man hört, Herr Zuckerberg, der Kaiser dieser (!) Welt, habe durch den Kurseinbruch „Geld“ verloren, und zwar an einem einzigen Tag einen Betrag in Höhe des jährlichen Bruttosozialprodukts von Estland. Das wäre ein ganz schöner Batzen, ist es aber nicht, weil das Geld nie existiert hat, so wie der größte Teil von Herrn Zuckerbergs Vermögen nicht existiert – so man davon ausgeht, daß Geld nur dann existiert, wenn es gegen etwas eingetauscht wird. Was aber sollte Herr Zuckerberg von den Milliarden kaufen? den Jupiter samt sämtlichen Monden? von wem? und was wollte er damit anfangen?

Wenn sich die Vorstellung durchsetzt, daß das Geld, auf das Menschen wie Bill Gates ihre Macht gründen (nämlich die Macht, es durch Befehligung der Menschheit zu noch mehr Geld zu machen), nicht existiert, könnte einiges brüchig werden. Wenn er zum Beispiel nach Afrika fährt und den Menschen dort erklärt, sie müßten sich in Zukunft durch Anpflanzung genetisch veränderten Patentsaatguts ernähren, könnten die einfach sagen: Nö, lieber nicht. Wenn er Milliarden Menschen per Fernsehsendung mitteilen möchte, sie müßten sich experimentelle Medikamente spritzen lassen, weil sie sonst nicht mehr zur menschlichen Gesellschaft gehören dürfen, könnten die sagen: Ist der Kerl verrückt geworden? Die menschliche Gesellschaft kommt nämlich ohne ihn ganz gut zurecht. Oder sagen wir: ohne seine despotische Macht. Könnte sie sagen, die menschliche Gesellschaft.

Selbst der Fernsehsender könnte sich weigern, so einen Blödsinn zu verbreiten. Es kommt ja auch ansonsten nicht jeder X-Beliebige in den „Tagesthemen“, bloß weil er meint, die Menschen müßten sich ein Loch in den Schädel bohren, um besser denken zu können. Leider leben wir (noch) nicht in einer Welt, in der nichtexistentes Geld keine Macht ausüben kann.

In dieser Welt soll angeblich die verfassungswidrige „Corona“-Junta am Mittwoch einen vorgefertigten „Beschluß“ fassen wollen, um „alle weitreichenden Einschränkungen des gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebens schrittweise zurückzunehmen“. Oder „alle tiefgreifenden“, je nachdem, wen man fragt. Es ist so und so Quatsch: Man kann das, was diese Junta angerichtet hat, nicht zurücknehmen. Weil der Schaden nun mal da ist und weil der erste Schritt zu einer Bereinigung die sofortige Selbstauflösung der Junta wäre.

Das ist sicher nicht geplant, und auch im übrigen wird nichts zurückgenommen: Die abgesehen von der erwünschten Anonymisierung und Entfremdung vollkommen sinnlose Pflicht zur Gesichtsmaskierung bleibt bestehen, und ansonsten gibt es ein bißchen 3G statt 2G hier, 2Gplus statt was anderem dort, irgendwas mit Tests, noch mehr regimestabilisierende Wirrnis, etwas dies und etwas das, was im Herbst wieder „zurückgenommen“ und verschärft werden wird. Also ungefähr das, was man bei Daumenschrauben als „Lockerung“ bezeichnet: Die Schraube bleibt, und Menschenrechte wird es nicht geben. Der Ausnahmezustand ist dauerhaft etabliert und wird es bleiben. Ob der Beck-Verlag plant, künftige Druckausgaben des Grundgesetzes mit dem Aufkleber „historisches Dokument“ zu versehen, warten wir ab. (Wer die vollständige „Beschlußvorlage“ lesen möchte, muß sich auf eine Feindsenderseite begeben. Oder eine andere Quelle suchen. Man kann es sich auch sparen: Am Mittwoch wird die „Vorlage“ zum Beschluß, dann erfahren wir alles nötige.)

Daß die Deutschen so unvergleichlich dumm und geduldig darauf warten, ihre Grundrechte wieder „erteilt“ oder „gewährt“ oder „verabreicht“ zu bekommen, mag daran liegen, daß sie als wahrscheinlich einziges Volk der Welt Grundrechte bislang tatsächlich nur als Gnadengeschenk kennen.

Ein (auch) anderweitig typischer Deutscher ist der hochtrabende Propaganda-Herrenreiter Werner Bartens, als solcher auch für die „Süddeutsche Zeitung“ tätig, der einem leid tun könnte, wäre er nicht so laut, dumm und unangenehm. Inzwischen bildet er so etwas wie ein letztes Aufgebot der „Impf“-Kommandeure und muß mit Fake-Facts, Parolen und Quark von Frühsommer 2020 in so gut wie jeder Talksendung von Servus TV versuchen, die wenigen Ratten im sinkenden Schiff zu halten. Leider eine Fehlbesetzung: Von so einem täte ich nicht mal ein Freibier nehmen, und das pseudowissenschaftliche Gefasel, das er absondert, ist so oft widerlegt und schon so lange vom Tisch, daß die Wirkung nicht über das Gesumme einer Stubenfliege hinausgeht. Leider auch ist hemmungsloses vorsätzliches Lügen im Fernsehen auch dann nicht strafbar, wenn es gemeingefährlich ist, zumindest wenn es ums „Impfen“ geht.

Der Vergleich ist unfair: Stubenfliegen lügen nicht.

Auffallend ist an seiner antiquierten „Argumentation“, daß er immer noch auf die alte Täter-Opfer-Umkehr setzt und einer Fünfzehnjährigen, die diskriminiert wird, weil sie sich nicht spritzen lassen will, nahelegt, sich dann eben spritzen zu lassen. Anstatt gehörig auf die loszugehen, die derartige Diskriminierungen initiieren oder zumindest dulden.

Den Mechanismus hat Sebastian Haffner schon 1939 recht treffend beschrieben:

„Das Seltsame und Entmutigende freilich war, daß (…) diese erste großzügige Bekundung einer neuen Mordgesinnung in ganz Deutschland eine Flut von Unterhaltungen und Diskussionen entfesselte – nicht etwa über die Antisemitenfrage, sondern über die ‚Judenfrage‘. Ein Trick, der den Nazis seither auch in vielen anderen ‚Fragen‘ und in internationalem Maßstabe geglückt ist: Indem sie irgend jemand – ein Land, ein Volk, eine Menschengruppe – öffentlich mit dem Tod bedrohten, brachten sie es zustande, daß nicht ihre, sondern seine Lebensberechtigung plötzlich allgemein diskutiert – d. h. in Frage gestellt wurde.“

Das läßt sich sehr leicht auf die Abschaffung von Menschenrechten übertragen: Plötzlich muß sich der rechtfertigen, der sie wiederhaben will. Nicht mehr der, der sie abgeschafft hat.

Haffner, übrigens, lebte lange, hatte aber vielleicht das Glück, daß das allgemeine Gefasel zu seinen Lebzeiten noch etwas anrüchiger war als heute. Zudem galt es noch nicht als „unehrenhaft“, sich in einem gewissen Alter aus der medialen Öffentlichkeit zurückzuziehen, während es andererseits als wenig schicklich galt, demente Greise zurück in diese Öffentlichkeit zu zerren, ihnen dumme Fragen zu stellen und sie anhand ihrer Antworten als Kasperfiguren vorzuführen oder ihr Gebrabbel gar als Munition in aktuellen politischen Debatten oder Kampagnen zu benutzen. Doch, die Illustrierte „Tempo“ hat das mal mit Herbert Wehner gemacht und sich zum Glück eine ganze Menge Pfui eingefangen, weil man so was halt nicht tut.

Noam Chomsky ist ein Jahr älter als Haffner war, als er starb. Daß er zur Zeit wie ein dressierter Affe vor Kameras gesetzt wird und genau so behandelt und sein Gebrabbel als Munition für eine aktuelle politische Kampagne benutzt wird, die allem zuwiderläuft, wofür er je stand, ist kaum noch erbärmlich, fast nur noch traurig. Demnächst wird er er sich möglicherweise lobend dazu äußern, daß ihn der Diffamierungsblog „Wikipedia“ als „Verschwörungstheoretiker“ bezeichnen läßt.

This guy wrote ‚Manufacturing Consent‘, and now he spends a lot of time manufacturing consent.“ Ich habe Jimmy Dore wie üblich wenig hinzuzufügen. Man muß sich von Menschen verabschieden, Bücher werden nicht dement.


Eine Antwort auf „(periphere Notate): Stubenfliegen lügen nicht“

  1. Sebastian Haffner’s „Geschichte eines Deutschen“ ist unbedingt lesenswert, wenn man verstehen möchte, wie das zwischen dem 1. und 2. WK so entstehen konnte und wie und nach welchen Methoden die Menschen damals mitgemcht haben.
    Und danke, dass sie die Stubenfliegen beim Namen nennen, die uns das alles gerade einbrocken.

    Ich bin in einem Männerclub, die sich als Elite einer Kleinstadt sieht. Da ist alles dabei, vom Handwerker bis zum ehemaligen Konzernchef.
    Zum Thema Grundrechte und deren Abschaffung, zum Thema Diskursraum und seine Einschränkung, zum Thema Corona und angemessene Maßnahmen ist hier – bis auf 2-3 Personen – völlige Leere und Unverständnis angesagt.

    Mein Vater sagt früher immer: Junge, Du sollst nicht denken sondern _nach_denken. Das Nachdenken findet leider heute kaum noch statt. Zu leicht lassen sich die Menschen in Denkverbote einschließen.

    Danke für die schönen und lesenwerten Beiträge in diesem Blog!

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