Belästigungen 1/2022: Wo sind meine tausend Millionen?!

Daß die Welt ungerecht ist, wußten wir schon vor den Corona-Sanktionen, in deren Verlauf jedoch einige Dinge sich enorm verstärkt und beschleunigt haben. Oder vertieft oder verbreitert, zum Beispiel der berühmte „Graben“ zwischen der Masse der „Normalmenschen“ und dem kleinen Kreis der Milliardäre.

Da muß man vielleicht erst einmal was klären: Ein Milliardär ist jemand, der über einen privaten Geldberg (der meistens kein Berg ist und auch nicht in einem Geldspeicher gelagert wird, wo man drin herumplanschen könnte) von mindestens tausend Millionen Euro oder Dollar verfügt. Dann gibt es noch den Multimilliardär mit mehreren tausend Millionen und seit kurzem auch noch den Supermilliardär mit fünfzigtausend oder hunderttausend oder noch mehr Millionen. Eine Million Millionen hat meines Wissens noch keiner, aber das kann sich schnell ändern, und wenn man den Zaster dazurechnet, den der eine oder andere zwecks Steuerabzug in seiner pfiffigen „Stiftung“ parkiert hat, schaut das vielleicht schon anders aus.

Wie viele es von diesen Milliardären gibt, ist schwer zu sagen. In Deutschland hat es einmal eine ganze Menge davon gegeben – zeitweise waren so gut wie alle Deutschen Supermilliardäre. Das ist aber der Haken: Damals kostete eine Maß Bier einen acht- bis zehnstelligen Betrag an Mark, was den famosen Reichtum ziemlich relativierte. Nämlich ist eine Milliarde nur dann wirklich was wert, wenn so gut wie alle anderen keine Milliarde haben. Oder am besten haben sie gar nichts, weil sie dann dem Milliardär und seiner Gnade hilflos ausgeliefert sind, für ihn arbeiten, auf ein Almosen hoffen und jubelnd winken müssen, wenn er auf ihre Kosten mit seinen Kumpels mal kurz zum Mars jettet. Das ist kein schönes Leben, aber der Milliardär wird dadurch immer noch reicher, und zumindest kann man ihn dann ganz toll finden, im Fernsehen bewundern, beneiden und zu jedem denkbaren Problem um profitträchtigen Rat fragen.

Nun sind die Vermögen der zehn allerreichsten Milliardäre seit März 2020 um 100 Prozent angeschwollen – auf 1,5 Billionen Dollar; insgesamt sitzen die Milliardäre auf etwa 15 solchen Billionen. Eine Billion wiederum sind tausend Milliarden, also tausend mal tausend mal tausend mal tausend Dollar. Dafür kriegt man selbst in der momentanen Inflation und bei den derzeitigen Bierpreisen so viele Maß Bier, daß man damit alle Schwimmbäder der Welt fluten oder die gesamte Menschheit für zehn Jahre in ein Daueroktoberfest stürzen könnte (inklusive Trinkgeld und Kosten fürs Aufräumen hinterher). Ein durch die Sanktionen verarmter Kleinkünstler wäre wahrscheinlich froh, wenn er pro Tag so viele Euros an Staatsalmosen bekäme, wie die Billion Nullen hat.

Das also sind unsere Milliardäre. Was die mit dem Geld machen oder wollen? Das ist simpel: Sie wollen mehr! und machen damit das, was Verrückte und kleine Kinder tun, wenn man sie läßt: Sie lassen Weltraumraketen und Satelliten bauen, basteln am Planeten und seiner Natur und Atmosphäre herum, kaufen Schlösser, Ländereien, Inseln, halbe Kontinente und das Internet. Sie kaufen Fußballvereine, Großkonzerne, überstaatliche oder staatsähnliche Organisationen wie die WHO oder gründen selber welche, veranstalten Massenexperimente, befehlen Präsidenten, Königen und ganzen Völkern ihre Politik, lassen sich als Weltführer, Visionäre, Missionare, Lichtgestalten und Superfachleute für alles und die Zukunft feiern und erschrecken vielleicht hin und wieder, weil ihr Geld immer noch mehr wird, obwohl sie immer noch mehr für sinnlosen, schädlichen und gemeingefährlichen Blödsinn ausgeben. Was daran liegt, daß sie im Grunde ja nur sich selbst bezahlen und der Staat beziehungsweise die Masse der Steuerzahler immer noch was dazu gibt, um ihre Profitmaschinen zu fördern und zu unterstützen.

Nun wissen wir ja: Wenn jeder Milliardär ist, bricht das Spiel zusammen. Dann werden einfach acht oder neun oder noch mehr Nullen gestrichen, und es beginnt dasselbe Spiel von vorn. Weil Milliardär zu werden sich zwar jeder irgendwann mal wünscht, aber um das zu können, braucht man ein solches Ausmaß an Größenwahn, antisozialem Narzißmus, infantiler Bosheit und schlechten Manieren, daß ein normaler Mensch längst zerknirscht im Kloster säße oder sich aus Verzweiflung über die Folgen seines Tuns und Wollens entleibt hätte, ehe auch nur die erste Milliarde zusammengerafft wäre.

Drum hat man früher mal Staaten erfunden, um solche Teufeleien im Zaum zu halten. Die sorgten dafür, daß die Rafferei nicht zu weit ging und für die anderen wenigstens so viel übrigblieb, daß sie nicht verhungerten oder vor Zorn über ihre Ausbeutung und Demütigung den Laden einfach zusammenschlugen. Das geht heute nicht mehr, weil die Milliardäre inzwischen so unfaßbar viel Geld haben, daß sie sich Parlamente, Gerichte und Regierungen kaufen oder sie zumindest so effektiv nach ihrer Pfeife tanzen lassen können, daß sich aus der ultrafeudalistischen Philanthropokratie nur noch dann eine Demokratie oder was ähnliches machen läßt, wenn wirklich jemand alles in die Luft jagt. Was verständlicherweise niemand will.

Also müssen wir wohl warten, bis das von selbst geschieht. Oder wir einigen uns doch noch darauf, daß all das, was es auf Erden gibt, vom Prinzip her all denen gehört, die auf Erden herumhüpfen. Und nehmen den Milliardären – wenn sie die Milliarden, die uns gehören, nicht herausrücken wollen – das einzige weg, was man ihnen wegnehmen kann: Aufmerksamkeit, Unterstützung, Bewunderung, Neid und sämtliche weiteren immateriellen Blähmittel. Vielleicht kommen die nackigen Weltkaiser dann von selber drauf, daß einen Geld weder anlächeln noch in den Arm nehmen kann und daß gekaufte Wertschätzung das ist, was sie schon immer war: nichts wert.

Die Kolumne Belästigungen erscheint seit 2001 im Stadtmagazin IN MÜNCHEN und ist in sechs Bänden als Buch erhältlich.

2 Antworten auf „Belästigungen 1/2022: Wo sind meine tausend Millionen?!“

  1. Jetzt mal ein Kommentar von einer Yogitee saufenden Astrologin: im März 2023 transistiert Pluto idas erste Mal n den Wassermann. Dann sehen wir wohin die Reise geht. Ein Jahr später bleibt er dann für ca. 20 Jahre dort. Dann isch over.

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