Ich werde zur Zeit sehr oft gefragt, ob ich geimpft bin oder wieso ich mich nicht impfen lassen will und ob ich nicht solidarisch sein wolle und so weiter. Ich versuche das mal zu erläutern, spontan, ungeordnet und in der Hoffnung, daß sich weitere Fragen erübrigen (die Hoffnung ist nicht groß, aber zumindest wissen wir dann, worüber wir reden, und wir tun das am besten privat).
Zunächst sei festgestellt, daß es mir nicht egal ist, ob sich Menschen, die ich kenne, schätze, mag, liebe, experimentelle mRNA-Impfstoffe verabreichen lassen. Das ist aber kein Alarmismus und entspringt auch keiner missionarischen Neigung. Ich habe gewisse Sorgen, aber ich behalte diese Sorgen im individuellen Fall für mich. In meinem Bekanntenkreis haben sich viele Menschen dafür entschieden, sich diese Stoffe verabreichen zu lassen, aus den unterschiedlichsten Gründen, und ich hoffe, kein einziger davon kann sich erinnern, daß ich je versucht hätte, sie/ihn sozusagen „nachträglich zu bekehren“. Ich respektiere das Recht jedes Menschen, für sich Entscheidungen zu treffen, und ich respektiere umgekehrt jede Sorge eines Menschen um sich selbst und seine Gesundheit. Meine Sorgen müssen und werden dahinter zurückstehen.
Die medizinischen Argumente sind aus meiner Sicht größtenteils erledigt. Ich habe keine Angst vor Coronaviren. Ich gehe davon aus, daß mir von Coronaviren keine große Gefahr droht. Es ist möglich, daß ich mich irre. Es ist möglich, daß ich Informationen übersehen oder falsch gedeutet habe. Deswegen werde ich in dieser Hinsicht auch niemandem Ratschläge erteilen, sondern lediglich und höchstens berichten, was ich erfahren, recherchiert und herausgefunden und aus all dem geschlossen habe. Ich bin nach eineinhalb Jahren Recherche ziemlich überzeugt, daß eine mRNA-Verabreichung mir in dieser Hinsicht (Gefährdung durch Coronaviren) keinen Vorteil bringt, daß sie aber mit gewissen Risiken verbunden ist, die ich nicht eingehen möchte. Ich hatte so viele Infektionen (mutmaßlich auch) mit Coronaviren, daß ich sie längst nicht mehr zählen kann, zudem infolgedessen mehrere Lungenentzündungen und auch das, was heute „Long Covid“ heißt (ein Dreivierteljahr lang Kurzatmigkeit, Kreislaufprobleme, wiederkehrende Fieberschübe etc.). Außerdem habe ich in jüngeren Jahren so ziemlich alle gängigen Drogen ausprobiert, bereue das nicht, würde aber heute eventuell anders damit umgehen. Aber wie gesagt: Das spielt keine große Rolle, darum geht es hier nicht (oder nur am Rande).
Mein Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit indes ist für mich unverletzlich. Wer mich zwingen möchte, an einem Experiment teilzunehmen, das mir keinen Gewinn, aber gewisse Risiken einbringt, stößt auf Widerstand. Ich nehme aufgrund gewisser Erfahrungen generell sehr ungern Medikamente, weiß aber um deren Nutzen in vielen Fällen und Bereichen und bin kein genereller Gegner der Allopathie. Ich habe auch nichts gegen Impfungen, im Gegenteil. (Ich lese – by the way – gerade eine Biographie und habe echte Tränen vergossen, weil eine der beiden Protagonistinnen 1933 an den Folgen einer Blinddarmentzündung gestorben ist, was man mit Penicillin verhindern hätte können.) Ich weiß um den Nutzen der Medizin und bin froh über deren Fortschritte. Ich werde aber selbst entscheiden, worauf ich mich einlasse, was ich hinnehme und was nicht.
Mein großes Problem mit diesem ganzen Komplex ist folgendes. Das Angebot lautet: Sei gehorsam, dann werden dir „Freiheiten“ gewährt. Das widerspricht meiner Einstellung und meinem individuellen moralischen Empfinden (das nur individuell sein kann) komplett und grundlegend. Eine „Impfung gegen Unfreiheit“ kann und darf es nicht geben. Meiner Ansicht nach ist jeder Mensch frei geboren, und kein Staat und keine Institution hat das Recht, eine Verfügungsmacht über meinen Körper (oder den irgendeines anderen Menschen) einzufordern oder vorauszusetzen. Aus gutem Grunde sind die Grundrechte im deutschen Grundgesetz an sehr prominenter Stelle niedergelegt, und das sind Abwehrrechte: Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit bedeutet nicht, daß der Staat mich zwingen darf, gesund zu bleiben, sondern daß der Staat mich gerade nicht zwingen darf, mich seinem oder irgendeinem Ideal von Gesundheit zu unterwerfen und mich einer Behandlung zu unterziehen, der ich mich nicht unterziehen möchte.
Es ist meiner Ansicht nach ein grundsätzlicher Trugschluß, zu glauben, „Freiheiten“ seien etwas, das man sich durch Gehorsam oder Unterwerfung erkaufen müsse – oder könne auch nur könne. Gehorsam und Unterwerfung können niemals eine Voraussetzung für Freiheit sein, weil Gehorsam und Unterwerfung das Gegenteil von Freiheit sind und beides sich gegenseitig ausschließt: Entweder Gehorsam oder Freiheit. Deutsche mit einer gewissen historischen Bildung sollten das (vielleicht sogar besser als andere) wissen. Ich bin Kriegsdienstverweigerer genau aus diesem Grund geworden und werde es bleiben, egal ob es um einen Krieg gegen Rußland, gegen China, gegen Rauschgift, gegen Viren oder „den Terror“ geht.
Es fällt übrigens nicht schwer, diesen Trugschluß (daß man sich durch Gehorsam Freiheit verdient) zu belegen: Seit eineinhalb Jahren folgt auf jedes Zugeständnis, das ich geduldig eingegangen bin (Lockdown, Maskenzwang etc.) und das andere noch weitaus geduldiger eingehen, nicht etwa die versprochene „Befreiung“, sondern ein weiterer Akt der Verschärfung, Bevormundung und Unterwerfung. Es ist für mich (!) ganz offensichtlich und unbestreitbar, daß Nachgeben bei Angriffen auf die individuelle Freiheit der falsche Weg ist. Übrigens nicht nur in Sachen „Corona“ – das Polizeiaufgabengesetz war ein Beispiel aus der Zeit vor der gegenwärtigen „Krise“, das uns genau dies gelehrt haben sollte. Es gibt viele weitere solche Beispiele, und von nicht wenigen davon war ich betroffen.
Ich bin geduldig. Ich habe Masken getragen, habe auch die Verschärfung der Maskenpflicht mitgemacht und mir beim Einkaufen und beim Aufstehen vom Biertisch gegen jede Einsicht einen Staubschutzfilter umgeschnallt. Es gibt aber Grenzen, und zwei entscheidende Grenzen sind meine körperliche Unversehrtheit und meine Weigerung, mir „Freiheiten“ durch Gehorsam zu erkaufen. Da ist Schluß, und da gebe ich auch nicht mehr nach.
Ich weiß nach eineinhalb Jahren Recherche und versuchter – manchmal auch ungehaltener und zugegeben unangemessen wütender – Aufklärung, daß es nicht (mehr) um Fakten, Informationen und medizinische Details geht. Alles, was man wissen will, ist öffentlich verfügbar und leicht zugänglich. Es ist verständlicherweise schwer, all das nachzuholen, was man in eineinhalb Jahren ausschließlicher Belehrung durch „Spiegel“ und „SZ“ versäumt hat. Das ist nicht polemisch gemeint, es ist tatsächlich so. Vertrauen in Leitmedien ist nicht verwerflich: Wenn ein Mensch meiner Generation behauptet, er habe sich sein „Weltbild“ nicht mindestens bis zum zwanzigsten Lebensjahr genau so gebildet, dann bezeichne ich ihn gerne als Schlauberger und Besserwisser. Man kann auch niemandem vorwerfen, daß er aus diesem „Weltbild“ nicht so einfach herauskommt. Ich bemerke an mir selbst immer wieder und täglich „Residuale“ von altem Framing. Und es gibt viele Bereiche, von denen ich selbst so wenig Ahnung habe, daß ich mich auf andere Menschen und ihre Einschätzung verlassen muß.
Es führt also kein Weg daran vorbei, weiterhin darüber zu streiten, wie wir leben wollen, was uns wichtig ist, was wir vermeiden müssen oder sollten. Ich respektiere die individuelle Entscheidung, sich mittels mRNA vor einer schweren Erkrankung an Covid-19 schützen zu wollen. Ich bitte aber darum, meine Entscheidung, mich davor angesichts der Risiken und angesichts der Grenzen meiner moralischen Grundeinstellung nicht „schützen“ zu wollen (und diese Anführungszeichen bewußt zu setzen), zu respektieren. Das kostet mich einiges: Ich kann meinen Beruf nicht mehr ausüben, ich darf die Veranstaltungen, die in den letzten fünfzehn, zwanzig, vierzig Jahren den Mittelpunkt meines Lebens gebildet haben, nicht mehr besuchen. Ich darf im kommenden Winter nicht einmal mehr mit Freunden ein Bier trinken gehen. Das muß ich wohl wenigstens vorübergehend hinnehmen und tue das auch.
Das ist die Grundlage, auf der wir uns austauschen und diskutieren können, und dazu bin ich gerne bereit. Wer jedoch nicht diskutieren oder sich mit mir austauschen, sondern mich „erziehen“ möchte, dem sei gesagt: Du beißt auf Granit. Meine moralische Grundeinstellung ist, wie dargelegt, nicht verhandelbar.
In allen übrigen Punkten kann ich mich irren, bin ich für Hinweise und Anregungen dankbar und werde mir weiterhin Gedanken machen und auch diese zur Diskussion stellen.
Update: Jetzt auch zum Hören (und Sehen).
Da kann ich nur Zustimmen. Traurig das es in einem Land wie Deutschland zu solchen Situationen kommt. Schauen wir mal was da noch kommt …
Ich stimme Ihnen voll und ganz zu. Der nächste Winter wird für uns nicht leicht werden, aber das war der letzte ja auch nicht – und wir haben ihn überstanden.
Ich stimme zu, Sie sprechen mir aus dem Herzen.
„Wenn ein Mensch meiner Generation behauptet, er habe sich sein „Weltbild“ nicht mindestens bis zum zwanzigsten Lebensjahr genau so gebildet, dann bezeichne ich ihn gerne als Schlauberger und Besserwisser.“
Also ich habe seit meiner frühen Jugend viel Kurzwelle gehört, aus der Sowjetunion, China, Irak (Saddam Hussein-Verherrlichung) usw. Trotzdem haben auch bei mir Spiegel&Konsorten deutliche Spuren hinterlassen.
„Das muß ich wohl wenigstens vorübergehend hinnehmen und tue das auch.“
Wenn man das Desaster in Afghanistan als Maßstab nimmt, vielleicht noch 20 Jahre (Hundertjähriger Krieg ?) und das wäre dann aber viel „Hinnehmen“…
Pah, zum Philosophieren kann man sich in sein Kibbuz zurückziehen. Wer aber im Rudel mit dem Rudel lebt, der sollte auch mit ihm heulen. Sonst wird er verstoßen. (Altes Naturgesetz)