(periphere Notate): „Apartheid“ apart?

Daß wir im Zeitalter der Daten leben, wird so oft gesagt, betont und wiederholt, daß man mißtrauischen werden könnte. Aber freilich: nicht das Begreifen und Verstehen ist heute die wichtigste Fähigkeit des Menschen in bezug auf die Welt, nicht einmal mehr das Wissen, sondern das bloß virtuelle Verfügen über Einzelheiten in einer Masse, die dem menschlichen Verstand von Haus und Natur aus entzogen ist. Niemand kann die Form des rechten Großzehennagels von einer Milliarde Menschen bestimmen, vergleichen oder daraus Schlüsse ziehen. Die „künstliche Intelligenz“ indes kann das, und der Mensch, der sich ihrer bedient, schafft damit angebliches „Wissen“.

Ausgerechnet jene Institutionen aber, die ausdrücklich dafür zuständig sind, Daten zu erheben, zu sammeln und dadurch der Gesellschaft Wissen oder wenigstens Information zu vermitteln, erweisen sich als dazu offensichtlich unfähig. So ist zum Beispiel das Robert-Koch-Institut nach eineinhalb Jahren „Pandemie“ nach wie vor nicht in der Lage, in auch nur ungefähren Zahlen zu zeigen, was eigentlich geschieht. Daß dies nicht auf Unfähigkeit zurückgeht, sondern auf politische Absicht, wie ein „Institut für Weltwirtschaft“ meint, ist sehr wahrscheinlich – es gelingt dem RKI ja nicht etwa nicht, die Zahlen zu deuten und in Zusammenhänge zu setzen, sondern die Daten werden schlicht gar nicht erst abgefragt, ermittelt und erhoben. Obwohl die dafür nötige Logistik zweifellos vorhanden wäre. Das ist ungefähr so, wie wenn ein Kriminalist im Rahmen seiner Ermittlungsarbeit mit enormem Aufwand ein Heer von Zeugen vorlädt beziehungsweise vorführen läßt, sie dann aber nicht einmal nach ihren Namen fragt.

Das ebenso unfähige oder unwillige Paul-Ehrlich-Institut weist in seinem absolut nicht aktuellen „Sicherheitsbericht“ 1.254 „Verdachtsfälle über einen tödlichen Ausgang“ der mRNA-Spritzung aus. Angesichts der bei der Meldung von Impffolgen üblichen Dunkelziffer dürfte die Zahl der Impftoten damit nun ungefähr die Zahl der „Coronatoten“ erreicht haben.

Die nächste Stufe: In Bayern gilt seit gestern, Montag, den 23. August in Restaurants, Gaststätten, Wirtshäusern, Beizen, Bars, Cafés und Kneipen für Menschen, die sich auf das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit berufen möchten, ein hygienisches Lokalverbot. Das bedeutet, pathetisch gesagt, das Ende von Stammtischen, Freundeskreisen, Bekanntschaften und anderen Aspekten des sozialen Lebens. Wir müssen uns verabschieden. Oder nein: Wir sind verabschiedet worden. Und wenn man dereinst die Geschichte der Flüsterkneipen und der Untergrundgastronomie im 21. Jahrhundert schreibt, wird dieses Datum von historischer Bedeutung sein.

Der zwangsläufig folgende Schritt soll „2G“ heißen: Der Zutritt zu öffentlichen Orten wird dann nur noch Gespritzten und solchen Menschen gewährt, die einen positiven PCR-Test vorlegen können, der älter als vier Wochen, aber nicht älter als sechs Monate ist. Ein positiver Antikörpertest zum Nachweis einer Immunität gegen Coronaviren wird nicht akzeptiert, weil Schätzungen zufolge in Deutschland bereits bis zu 10 Millionen Menschen eine solche Immunität besitzen könnten und es der „Impfwilligkeit“ abträglich wäre, wenn das bekannt würde.

(Notabene: Den Wellen-Jargon auf obigem Bild mache ich mir ausdrücklich nicht zu eigen. Man beachte aber die Gesamtzahl der Betten, die für eine unerbittlich sich verschärfende epidemische Notlage von nationaler Tragweite spricht.)

In Österreich soll ab Oktober oder November „1G“ gelten: Auch „Genesene“ werden dann vom öffentlichen Leben ausgeschlossen. Den Grund erläuterte der ehemalige Nationalratspräsident Andreas Khol (ÖVP): „Weil bei den Genesenen die Frage der … wie viel Abwehrkörper, wie viel Antikörper man entwickelt hat, ist also da entscheidend. Es gibt zu viele Impfdurchbrüche, wissen Sie. Also es gibt zu viele, die genesen sind und dann sich dennoch zweimal oder dreimal sogar infizieren, weil sie keine Abwehrkörper haben.“ Das ist selbstverständlich absoluter Blödsinn, aber wen kümmert das noch?

Weil Diskriminierungen, wenn sie einmal begonnen haben, einer inhärenten Logik gemäß immer weiter verschärft werden müssen, gibt es auch schon Pläne für die nächste Phase: „1G hoch zwei“. Das bedeutet dann, daß nur noch Geimpfte zugelassen sind, sich aber unmittelbar zuvor negativ testen lassen müssen. Und selbstverständlich das Gesicht maskieren. Das sei (gähn!) „sinnvoll, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen“.

Wir können nur spekulieren, wie es weitergeht, weil es außer „Impfung“, Test und Maske noch keine schärferen allgemein akzeptierten Instrumente zur „Eindämmung“ gibt. Geplänkel über Ganzkörperkondome, luftdichte Verzehrzellen, stündlich verabreichte „Booster-Impfungen“, Raumanzüge et cetera wird sehr schnell langweilig. Daß es gegen Grund- und Menschenrechte verstößt, Gespritzten Privilegien zu gewähren beziehungsweise Ungespritzten ihre Grund- und Menschenrechte zu entziehen, ist hinlänglich bekannt. Es ist aber irgendwie auch ein Zirkelschluß: Wem als Mensch zweiter Klasse die Grundrechte entzogen wurden, der kann sich logischerweise nicht auf diese Grundrechte berufen, weil sie für ihn ja nicht (mehr) gelten. Ebenso ist es grundsätzlich sinnlos, darauf hinzuweisen, die Diskriminierung Ungespritzter sei verfassungswidrig: Um daraus etwas abzuleiten, müßte es ja erst einmal eine gültige Verfassung geben – und ein Verfassungsgericht, das darüber zu befinden bereit wäre. Beides gibt es bekanntermaßen nicht. Daß es verwerflich, böse und antimoralisch ist, Ungespritzte durch den Ausschluß vom öffentlichen Leben zur Spritzung zu zwingen, ist ebenfalls gleichgültig (und wenn oder wo nicht, findet sich schon ein „Ethikrat“, der notfalls auch Schwerstkriminalität für „ethisch vertretbar“ erklären wird). Das Geschwurbel der politischen und ideologischen Führer zu diesem Themenbereich war von Anfang an so auffällig wolkig, schaumig, hohl, verwirrend, widersprüchlich, absurd, bizarr und trotzdem eindeutig, daß nur Träumer hoffen durften, das sei alles ganz anders gemeint und irgendwann werde alles wieder „wie früher“.

Allerdings ist zu fragen: Wenn Ungespritzte öffentliche Lokale, Theater, Bars, Cafés und so weiter nicht mehr betreten dürfen, um die Gespritzten nicht zu gefährden, wieso sollten sie dann in Mehrfamilienhäusern wohnen dürfen, in denen auch Gespritzte wohnen? Wieso sollten sie einkaufen, Trambahn fahren, sich auf öffentlichen Plätzen aufhalten dürfen, wo sich auch Ungespritzte aufhalten?

Der Einwand, dies oder jenes werde sich nicht durchsetzen lassen, beruht auf der gleichen Träumerei und Ausblendung der Realität. Bis jetzt hat sich alles durchsetzen lassen. Insbesondere die Deutschen sind anfällig für die galoppierende Dynamik von Entrechtung und Diskriminierung. Das Gejammer der Ausgeschlossenen hört man „drinnen“ ja nur dann, wenn man absichtlich hinhört. Und hinterher hat man „von all dem nichts gewußt“ (was psychologisch nicht einmal unplausibel ist).

Es ist sehr verständlich, daß die Verwendung des Begriffs „Apartheid“ für die nun entstehende neue Gesellschaft der „zweierlei Menschen“ (Bertolt Brecht) verpönt ist. Das Wort ist historisch enorm belastet und auch geographisch-sprachlich so eindeutig zuzuordnen, daß damit ein unhaltbarer Bezug hergestellt würde. Auch Anspielungen auf die US-amerikanische Politik der Rassentrennung verbieten sich, weil sie sozusagen polemisch überladen sind. Menschenrassen als Konzept sind wissenschaftlich Unsinn und nur noch im Begriff Rassismus einigermaßen „wertfrei“ erhalten. Außerdem geht es ja ausdrücklich nicht um angeborene, sondern um erworbene genetische Merkmale: Es steht jedem frei, sich mittels mRNA gentechnisch behandeln und also „freispritzen“ zu lassen.

Daher fehlt eine passende und zeitgemäße, möglichst sachliche Bezeichnung für den Vorgang der gesellschaftlichen Trennung. „Hygienische Aussonderung“ oder „Absonderung“ könnte praktikabel sein.

Derweil ist gut die Hälfte der deutschen Hausärzte aus der „Impfkampagne“ ausgestiegen, viele weitere sind zumindest nicht bereit, Kinder zu spritzen.

 

 

„Die Geschichte der Menschheit ist voll von Beweisen, daß es nicht schwer ist, eine Wahrheit umzubringen. Eine gute Lüge ist unsterblich.“ (Gottfried August Bürger)

Ein CSU-Landtagsrecke namens Thomas Huber äußerte folgendes auf „Twitter“: „#ImpfenMachtFrei“. Man könnte ihm zugutehalten, daß das Lavieren halt manchmal schwierig wird, wenn man Nazi-Gedankengut im Kopf hat, Nazi-Methoden praktiziert und einem Nazi-ähnlichen Führer untergeordnet ist, der beim Lavieren bisweilen auch nicht mehr alle Grenzen so genau im Blick hat und im Grunde das gleiche brüllt („Freiheit nur gegen Impfung!“). Allerdings ist es schon auch ziemlich bigott, verlogen und deppert, die ganzen Nazi-ähnlichen Sprüche des Nazi-ähnlichen Führers monatelang hinzunehmen und sich dann zu wundern und aufzuregen, wenn ein offenbar vollkommen verblödeter Mitläufer „aus Versehen“ die letzte, nicht relevante Grenze der Formulierung überschreitet und einfach mal sagt, was „Sache“ und gemeint ist. Nazi-Jargon im dauerhaften Tarnmodus („Alles sagen, so oft wie möglich, aber nicht wortwörtlich, sonst merken die was!“) geht auf die Dauer einfach nicht gut, weil Nazis – sorry – dafür schlicht zu blöd sind.

Das galt übrigens im Grunde schon für „Sozial ist, was Arbeit schafft“. Im Februar 1933 rechtfertigte der DNVP-Vorsitzende Hugenberg im Wahlkampf das angestrebte gemeinsame Kabinett mit Hitler und der NSDAP mit dem Slogan „Sozial ist, wer Arbeit schafft“. Die modernisierte Version (ohne Bezug auf Personen, was vielleicht ein Hinweis auf einen Rest von historisch bedingtem Schamgefühl sein könnte) verbreitete ab 2000 die neoliberale Propaganda- und Kampforganisation „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM). Die SPD gründete darauf die kriminelle Denkverirrung, die zu Hartz IV führte. 2002 verwendete die CSU unter Stoiber die Parole im Wahlkampf. Merkel, Westerwelle, Rüttgers und viele andere, insbesondere diverse Leitmedien, plapperten sie öffentlich nach; die FDP übernahm sie 2009 zur Europawahl, und die „Zeit“ hausierte damit noch im März 2021. Daß da wirklich keiner gewußt haben will, was das bedeutet, ist unglaubwürdig. Es geht ja nicht (nur) um eine (vielleicht ungewollte) historische Anspielung oder eine (vielleicht unbewußte) Symmetrie der Denkweise, sondern um eine Behauptung, die an und für sich skandalös ist. Weil sie die ohnehin über alle Schamgrenzen hinaus diskreditierte Idee des Sozialen als Argument für Zwangsarbeit mißbraucht.

Aus dem Hergang der Geschichte auf den Fortgang der Geschichte schließen zu wollen, ist verführerisch und trügerisch. Die Behauptung, jedes destruktive Regime zerstöre am Ende sich selbst, ist nicht beweisbar und auch nicht widerlegbar, müßte also lauten: Jedes destruktive Regime hat am Ende sich selbst zerstört. Ob die „destruktive Klasse“ aus früheren Selbstzerstörungen gelernt hat oder lernen konnte oder kann, wissen wir nicht. Daß in Schwabs/Mallerets Programmschrift „The Great Reset“ der Keim der Selbstzerstörung des von ihnen ideologisch ins Werk gesetzten Prozesses schon enthalten ist (wie er das in Hitlers Programmschrift „Mein Kampf“ zweifellos war), bleibt der Spekulation überlassen. Ob sich der Prozeß damals verhindern hätte lassen, wenn die Schrift aufmerksamer gelesen worden wäre? Oder hätte sich dadurch nur die Ungläubigkeit (im Sinne von: Das kann gar nicht ernstgemeint sein oder gar funktionieren) gesteigert?

Die Wahrheit äußert sich bisweilen ohne daß ihrem Aussprecher dies bewußt wäre. Am 14. August schreiben Georg Mascolo und Ronen Steinke in der „Süddeutschen Zeitung“ (Seite 32): „Schlechter Journalismus zeichnet sich durch ein Ignorieren von Fakten, Kontext und Einordnung aus. Und durch einen dadurch entstehenden falschen Eindruck – oder ein überzogenes Urteil.“ Der abschließende Zusatz „Schlechte Politik auch“ wäre gar nicht nötig gewesen (sondern lenkt unnötigerweise ein bißchen ab); auch so stimmt daran jedes Wort.

Im übrigen sei gesagt, daß man an dem Tag, an dem Charlie Watts stirbt, über einen so lächerlichen Quatsch wie „Corona“ eigentlich überhaupt nicht nachdenken sollte. Alle diese Gedanken entstanden, bevor ich davon wußte.

3 Antworten auf „(periphere Notate): „Apartheid“ apart?“

  1. Ich hielt den Facebook-Post von Köln – unsere Stadt (phil.cologne 2021) bzw. das von dir publizierte Foto für einen Scherz. Ist es aber leider nicht.

    Wobei, Jean-Jacques Rousseau und Friedrich Hölderlin ja auch schizophren gewesen sein sollen. Da reiht sich der namhafte Denker Karl Lauterbach doch hervorragend ein.

    1. Demzufolge ist der Kölner „Philosophentreff“ heuer ein Treffen der Schizos. Was diese Frau- und Herrschaften mit Philosphen gemein haben, bleibt allein das Geheimnis des Veranstalters, des Klabauterbach und anderer „Philosophen“-„Größen“ unserer Zeit. 🙁

  2. Liebig ist Beamtin. Vielleicht sollte mal vom Land her eine beamtenrechtliche Prüfung der Liebig vorgenommen werden. Liebig befindet sich offensichtlich (aufgrund ihrer Aussage zu der Stimmenzuteilungsanzahl je Wähler/in) nicht auf dem Boden des Grundgesetzes.

    Schrupp möchte (gemäß Ihrer Aussage) ein Wahlunrecht haben, bei dem das Wählen, dass die sogenannten! Gesunden (Ge“impften“) bei der Stimmabgabe bevorzugt, an das preußische Wahlunrecht erinnert.

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