(periphere Notate): „Die Dinge werden sich deutlich äh beschleunigen.“

Welch gewaltigen Unterschied im Denken manchmal zwei Buchstaben ausmachen können (die gar nicht NS lauten müssen). Der „Spiegel“ fragt: „Wie impft man Menschen, die nicht mehr selbst zustimmen können?“ Gemeint sind unter anderem: „psychisch kranke“ und „demente Personen“. „Wir impfen die Leute auch, wenn sie unbekleidet sind“, sagt ein damit Beauftragter. Sicherheitsprobleme habe es bislang nicht gegeben. „Aber es gibt immer wieder Unwohlsein.“ Deshalb hat man die nicht speziell ausgebildeten Mitarbeiterinnen, die die Zwangsgespritzten „betreuen“ sollen, angewiesen, nach der Spritzung „noch zwanzig Minuten vor Ort zu bleiben und das Gespräch zu suchen“. Dabei sollen sie möglichst „nicht mit dem Handy spielen oder rauchen gehen, sondern Fragen stellen und informieren“.

Ach so, die zwei Buchstaben: Man könnte ja spontan nicht „wie“, sondern „wieso“ fragen, ganz einfach. Gilt eigentlich für jeden Menschen, in diesem Fall aber noch mehr.

(Danke an Artur Aschmoneit für den Hinweis, daß der zitierte „Spiegel“-Artikel im Rahmen der Initiative „Globale Gesellschaft“ von der Bill-&-Melinda-Gates-Stiftung finanziert wurde.)

Da sieht man auch, wie gut Framing wirkt: Der Hinweis, daß die Impfungen freiwillig seien (und eine rechtliche Ungleichbehandlung von Geimpften und Nichtgeimpften gegen die Verfassung und die Menschenrechte verstößt), erscheint selbst mir inzwischen irgendwie seltsam. Von der im letzten Jahr und noch bis Februar so oft „betonten“ und „unterstrichenen“ Freiwilligkeit ist in der Debatte auch seit Wochen keinerlei Rede mehr; die rotiert vielmehr hysterisch um die Fragen, wann endlich alle geimpft sein können und wann man endlich damit beginnen kann, Geimpfte und Nichtgeimpfte rechtlich ungleich zu behandeln.

Weniger erfolgreich dürfte (hoffentlich) dieser Framing-Versuch sein: Ein Professor Ulrichs läßt sich von der„Welt“ interviewen – Zusammenfassung: „Endlich! Trendumkehr durch den Bundeslockdown!“ Das ist selbstverständlich völliger Schwachsinn. Aber immerhin ist es damit nun mal in der Welt, und da könnte es sich vermehren und exponentiell verbreiten. Wenn es nicht gar so schwachsinnig wäre. Oder gerade deswegen? Schließlich weiß spätestens seit dem letzten Jahr eigentlich jeder, daß die Saison der Coronaviren Anfang Mai langsam zu Ende geht. Schließlich weiß auch jeder, daß seit Ende März die Zahl der Tests geradezu explodiert und die „Inzidenz“ dadurch gestiegen ist. Und jeder weiß, daß die Zahl der Tests nun wieder zurückgeht, weil die Schulen wegen der durch die Testung der Schüler gestiegenen „Inzidenz“ nun wieder geschlossen sind und die Schüler daher auch nicht mehr getestet werden. Aber: so etwas zu wissen und es zu verstehen sind zwei verschiedene Dinge.

Herr Ulrichs fordert übrigens schon seit einem Jahr regelmäßig in Interviews mit Boulevardmedien einen „sofortigen Lockdown“ und behauptet, einen solchen Lockdown vorher anzukündigen „wäre kontraproduktiv“.

Um noch einmal an den „Deutschen Nationalpreis“ anzuknüpfen, sei erwähnt, daß die vorsitzende Ethik-Raterin Elena Buyx schon im Februar in einem „Spiegel“-Heft forderte: „Jede Dosis muß in einen Arm!“ Und zwar weil es eine „moralische Pflicht, sich impfen zu lassen“ gebe. Wem da nicht schlecht wird, der erträgt auch das Original: den Sterbehilfe-Propagandafilm „Ich klage an“ von 1941, der ebenfalls von einer „moralischen Pflicht“ handelt und über den Joseph Goebbels meinte: „Allerdings ist es sehr ratsam, die pädagogische Aufgabe zu verschleiern, sie nicht sichtbar zutage treten zu lassen, nach dem Grundsatz zu handeln, daß wir die Absicht nicht merken sollen, damit man nicht verstimmt wird.“ Entscheidend sei, den Zuschauer und das Volk zu erziehen, „ohne daß das Objekt der Erziehung überhaupt merkt, daß es erzogen wird, wie das ja überhaupt die eigentliche Aufgabe der Propaganda ist“.

In diesem Zusammenhang interessant: daß anläßlich des soeben (nicht, d. h. online) stattfindenden Deutschen Ärztetags der Vorsitzende der Bundesärztekammer vom Bayerischen Rundfunk nach der derzeitigen Situation zum Thema Euthanasie gefragt wird. Er mag sich aber nicht definitiv äußern.

Und apropos „moralische Pflicht“: Daß es eine moralische Pflicht gebe, Frieden  zu erhalten und notfalls zu schaffen, mag manch ein Naiver für durchaus wünschenswert halten, gerade angesichts des wieder einmal nahenden Jubiläums des letzten Weltkriegsendes. Friede mit Rußland sei allerdings keine „moralische Pflicht“, betont Alan Posener in der „Zeit“, zumindest nicht „um jeden Preis“. „Gerade die kulturelle Linke“ müsse sich dringend „von der Vorstellung lösen.“ Wer mit der „kulturellen Linken“ gemeint ist? Darauf geht Herr Posener leider nicht näher ein.

Zu dieser moralischen Nicht-Pflicht äußern sich auch andere. Der FDP-Außenpolitiker (Funktion unbekannt) Alexander Lambsdorff fordert: „Wir müssen Rußland dort treffen wo es wirklich wehtut.“ Dafür müsse auch die Bundesrepublik „einen Preis zahlen“, das „Anliegen“ rechtfertige dies jedoch. Eine „Stiftung Wissenschaft und Politik“ meint, man müsse „die militärischen Organe der EU beauftragen“ und zum Beispiel eine „militärische Mission im Schwarzen Meer“ durchführen, um Rußland „außenpolitisch einzuschüchtern“. Die Bundesverteidigungsministerin behauptet, Moskau stecke bereits in der „Kriegsführung mitten in Europa“.  Und so weiter.

Auch der russische Außenminister sagte etwas zu dem transatlantischen Kriegsgetrommel: Er halte die Beziehungen zur EU bereits jetzt für schlechter als im Kalten Krieg. Damals habe man wenigstens noch „eine gegenseitige Achtung“ gezeigt, „an der es heute mangelt“.

Eine nicht uninteressante Frage, die seltsamerweise offenbar niemand stellt: Das Risiko, sich im Falle einer Begegnung mit SARS-CoV-2 zu infizieren (oder vielmehr: positiv getestet zu werden), sinkt durch die Impfung um circa 60 Prozent. 40 Prozent der Menschen, die dem Virus tatsächlich begegnen (was zum Glück sehr unwahrscheinlich ist), werden weiterhin positiv getestet, können sich infizieren, krank werden und dann andere anstecken. Wie kann man angesichts dieser Erkenntnis darauf hoffen, daß die „Maßnahmen“ für Geimpfte vorübergehend ausgesetzt werden und sie wieder Biergärten besuchen und nachts das Haus verlassen dürfen? Ich kann die Frage vermutlich beantworten: Man testet die Geimpften einfach nicht mehr. Dann ist für diese Klasse der Bevölkerung vieles wie früher: Wer sich erkältet, der erkältet sich eben, und wer mit 95 an einer Lungenentzündung stirbt, der stirbt eben an einer Lungenentzündung, wie das schon immer die meisten tun. Daß dadurch im Lauf der Zeit sozusagen pragmatisch die Vernunft wieder einkehrt, sollten wir allerdings nicht erwarten. Denn es bleiben ja noch die Ungeimpften, die weiterhin getestet und bei bester Gesundheit als „Covid-19-Kranke“ in Zwangsquarantäne gehalten werden (abgesehen davon, daß sie die Treffpunkte der Geimpften selbstverständlich nicht betreten dürfen).

Da scheint ein Bild aus dem nächsten oder übernächsten Winter auf: In einem Restaurant speisen Geimpfte, von denen ein nicht geringer Anteil Schnupfen hat, hin und wieder niest, sich räuspert oder hustet. Der eine oder andere mag auch glasige Augen haben, leichtes Fieber, aber: Geht schon noch. So entsteht traditionell eine Grippewelle, die – wenn es nach manchen Forschern geht – allerdings heftiger verläuft als früher, weil durch impfungsbedingte Autoimmunreaktionen jede leichte Erkältung lebensbedrohlich werden kann. Die Ungeimpften bleiben derweil weitgehend verschont, weil sie sich nicht unter die Geimpften mischen dürfen und ihr Immunsystem noch weitgehend intakt ist. Welche Maßnahmen wird man dann ergreifen?

Und wieder springt ein „Mainstreammedium“ ab (das nie wirklich eines war, das vergißt man heute schnell): Erfreulich daran ist, daß wir die Aussicht haben, irgendwann wieder Zeitung lesen zu können, ohne uns zu schämen.

„Wohnen gehört zu den ganz zentralen Aufgaben der Zukunft“, behauptet Winfried Kretschmann. Für Menschen, die sich der von Kretschmann geforderten „Durchimpfung“ der Bevölkerung verweigern, wird Wohnen auch weiterhin zu den „ganz zentralen Aufgaben“ der Gegenwart gehören, zumindest bei schlechtem Wetter.

„Wir sind unglücklich über diese Impfkampagne“, sagte der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Wolf-Dieter  Ludwig. Sie werfe zahlreiche Probleme auf, ihr Nutzen sei ungewiß: „Die Gesundheitsbehörden sind auf eine Kampagne der Pharmakonzerne hereingefallen, die mit einer vermeintlichen Bedrohung schlichtweg Geld verdienen wollten.“ Herr Ludwig sagte dies im Oktober 2009. Er wurde zuletzt 2018 wiedergewählt und hat seinen Posten noch bis Ende 2021 inne. Man könnte ihn also mal fragen, ob er heute glücklicher ist.

Ein Nachtrag zur Statistik der an Covid-19 erkrankten und gestorbenen Kinder der letzten 13 Monate: Der bayerische Staatskanzleichef Florian Herrmann begründet, wieso in Bayern Schüler auch künftig bei einer „Inzidenz“ ab dem Phantasiewert 100 nicht in die Schule dürfen: „Das sind wir der Gesundheit unserer Schülerinnen und Schüler schuldig.“ Ich meide dieses Wort, wo es nur geht, aber das ist leider nicht mehr als eine dreiste und böse: Lüge.

„Nehmt jetzt endlich die Grundrechte ernst“, fordert ein „Albert Funk“ im Tagesstürmer. Was er meint, ist: Setzt endlich die Grundrechte außer Kraft und gesteht sie gnadenweise nur jenen Leuten ansatz- und ausnahmsweise zu, die bereit sind, ihre Gesundheit und ihr Leben dem Wohl der Pharmaindustrie zu opfern. Tut das aber bitte so radikal, unmenschlich, grundgesetzwidrig und gegen alle Menschenrechte, wie es nur geht. Der Abschaum muß endlich weg! Übrig bleibt dann eine kleine Gemeinde von Geimpften, deren „Grundrechte“ so lange „ernstgenommen“ werden, wie sie allem abschwören, was den Interessen der Pharmaindustrie zuwiderlaufen könnte.

In August Gottlieb Meißners „Geschichten vom Unstern und Aberwitz“ (1778-96) findet sich der Fall eines Bauern, der seine Frau erschießt, um sie vor dem Selbstmord und der damit verbundenen Verbannung in die Hölle zu bewahren. Das will mir wie eine umgekehrte Parabel auf vieles, was derzeit geschieht, erscheinen.

Was ist Korruption? Ungefähr: jemanden durch die Zahlung von Geld oder die Gewährung anderer Vorteile zu einer Handlung zu bewegen, zu der er ansonsten nicht bereit wäre. Der Verdacht, daß diese Art der „Meinungsbildung“ im politischen Geschäft besonders weit verbreitet und üblich ist, ist Gegenstand zahlreicher „Verschwörungstheorien“, Ermittlungsverfahren, Strafprozesse, Untersuchungsausschüsse und investigativer Recherchen. Belegen läßt er sich nebenbei auch damit, auf welche Ideen Politiker kommen, wenn es darum geht, Widerstände bzw. eine „weit verbreitete Skepsis“ in der Bevölkerung zu „überwinden“: Wo man keine Argumente hat, hilft Geld, so wie zum Beispiel in Serbien, dessen Regierung jedem Bürger, der sich bis 31. Mai einer mRNA- oder Vektor-Spritzung unterzieht, 25 Euro zu zahlen verspricht. Das ist immerhin etwa ein Zwanzigstel eines durchschnittlichen serbischen Monatseinkommens (520,- Euro).

Und freilich geht es darum, „Menschen zu belohnen, die Verantwortung an den Tag legen“. Wie so eine „Verantwortung“ funktioniert, zeigt (zufälliges Beispiel) eine kurze Recherche zum Begriff „Parteispendenaffäre“.

Einem Schüler im „Online-Unterricht“ wurde diese Aufgabe gestellt: „Spiele folgendes Lied ab.“ (Gemeint ist die deutsche Nationalhymne.) „Was fällt dir dazu ein?“ Dem Schüler fallen drei Zeilen ein: „’Einigkeit und Recht und Freiheit’, so fängt die Hymne an. Momentan ist das Land gespaltet, und die Grundrechte wurden mitsamt Freiheit abgeschafft.“ Die Lehrerin antwortet: „Danke für deine Abgabe. Die drei Zeilen (…) entfernst du bitte. Viele Grüße.“ Der Schüler fragt nach: „Warum soll ich die drei Zeilen entfernen? Die Aufgabe hieß: Höre dir das Lied an. Was fällt dir dazu ein? Die drei Zeilen sind das, was mir zur Hymne eingefallen ist. Das ist meine Meinung. Eine Meinung ist erstens erlaubt, zweitens niemals falsch. Jeder darf eine Meinung haben. Und ich sollte aufschreiben, was mir zu dem Lied einfällt. Das habe ich gemacht. Viele Grüße.“ Und die Lehrerin stellt klar: „Du hast natürlich recht, daß jeder eine eigene Meinung haben darf und diese auch frei äußern darf. Trotzdem ist es nicht ganz richtig, daß unsere Grundrechte mitsamt der Freiheit abgeschafft wurden. Viele Grüße.“

Na gut: „nicht ganz“.

Zum Abschluß spricht die deutsche Regierungschefin zu dem, was wichtiger ist als Freiheit und irgendwelche Rechte (O-Ton):

„Ja, meine Damenherrn, wir ham heute eine Ministerpräsidentenkonferenz gehabt, die sich äh ausschließlich mit dem Thema des Impfens und äh des, der Behandlung auch der Geimpften und Genesenen äh befaßt hat, und äh der Bundesgesundheitsminister hat uns informiert über den Stand des Impfens, in indem er uns ein Bericht gegeben hat und noch mal darauf hingewiesen hat, dass wir doch jetzt öhm im zweiten Quartal deutlich Tempo gewonnen haben, was das Impfen anbelangt, während wir im ganzen ersten Quartal zehn Prozent der Bevölkerung nur impfen konnten, so öhm sind es jetzt in den ersten drei Wochen des April bereits noch mal zehn Prozent gewesen, und die Dinge werden sich also deutlich äh beschleunigen.“

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