(periphere Notate): Das erinnert mich daran, daß

Die Diskussion um die „Verschleierung“ der Gesichter von Frauen und diverse „Kopftuchverbote“, die vor einigen Jahren mit großer Vehemenz geführt wurde, erscheint, wenn man sich zwischendurch daran erinnert, in verändertem Licht. Es ist abzusehen, daß die Gesichtsvermummung für viele jetzt aufwachsende Kinder in westlichen Ländern so selbstverständlich wird (oder bereits ist), daß sie sich ohne Schnabelkappe nackt fühlen.

Welche Auswirkungen das auf zukünftigen Bartwuchs, Riechsinn und andere körperliche „Funktionen“ hat, werden wir höchstens noch teilweise erleben.

Das erinnert mich daran, daß es mir in den kurzen Zeiten, die ich an einem „echten“ Arbeitsplatz verbrachte, immer unmöglich war, der Sitte zu folgen, zwischen neun und fünfzehn Uhr bei jeder Begegnung „Mahlzeit!“ zu sagen. Wirklich erklären kann ich das nicht, es hatte vielleicht mit einer physisch empfundenen Widersinnigkeit zu tun. Es wollte mir jedenfalls nicht einmal ironisch gelingen.

(Ganz ehrlich: Wer hat sich jetzt nicht „bitte was?!“ gedacht?)

Am 9. Mai 2020 quakte die Kanzlerin, sie sei „daran interessiert, daß das kulturelle Leben auch in Zukunft eine Chance hat und Künstlerinnen und Künstlern Brücken gebaut werden“. Fast ein Jahr hat es gedauert, bis wir dank dem Laschet erfahren haben, was mit dem Versprecher gemeint war: ein „Brücken-Lockdown“.

Wie wird wohl die nächste Verschärfungsphase heißen? Schlauchboot-Lockdown? Autobahndreieck-Lockdown? Glühwürmchen-Lockdown? Jakobi-Lockdown? Transporterraum-Lockdown? Langlauf-Lockdown? Auf die jeweilige „Story“ bin ich sehr gespannt.

Das „Stasimuseum“ in Berlin konnte am Karfreitag leider nicht (wie geplant) öffnen. Der Geschäftsführer sagte dazu: „Gerade uns als Stasimuseum stünde es schlecht zu Gesicht, am Eingang zum Museum Informationen zu sammeln, die eigentlich der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen.“

Der „Tagesspiegel“ ist nicht nur wegen Sebastian Leber das neue Leitmedium der hirnlosen rechtsextremen Bösen, wobei man bei den Schreibern nicht weiß, ob das eine das andere oder das dritte oder jeweils beides überwiegt. Erste Meldung von heute (ca. 14 Uhr): „4,6 Millionen Dosen liegen auf Halde – Zahl der nicht verabreichten Impfstoff-Dosen so hoch wie noch nie.“ Zweite Meldung von heute (ca. 15 Uhr): „Berlin schließt zwei Impfzentren wegen Impfstoffmangels.“ Ich mag so etwas nicht kommentieren, zumindest nicht heute.

Die ersten Rekruten, die sich als Freiwillige für die neuen Inlandstruppen der Bundeswehr gemeldet haben, wollen laut Kriegsministerin „Deutschland etwas zurückgeben“. Das erinnert mich daran, daß „jemandem etwas zurückgeben“ auf den Schulhöfen meiner Kindheit ebenfalls eine wenig friedliche Bedeutung hatte.

Zurück zum Laschet, der übrigens auch meint: „Geschieht nichts, werden die Zahlen weiter erheblich zunehmen.“ Über die „Logik“ dieser Aussage wollen wir uns mal nicht zu sehr den Kopf zerbrechen. Man könnte sagen: Geschieht nichts, dann geschieht nichts, auch kein Zahlenzunehmen. Geschieht irgendwas, nehmen die Zahlen trotzdem oder deswegen zu oder auch nicht. Mit einem „Brückenlockdown“ könnte zweierlei geschehen: Entweder der Verkehr über Wasserwege und sonstige Täler hinweg wird eingestellt (kaum). Oder es kommt wie üblich zur Zunahme von Pleiten, Einsamkeit, Verzweiflung, Krankheits- und Todesfällen (eher).

Aber der Laschet ist noch nicht fertig: Damit, meint er, könne dann ein niedrigeres Niveau erreicht werden (intellektuell, politisch und auch sonst kaum noch möglich), das dann durch Testungen gehalten werden könne (als könnte man durch Testungen das Niveau von Zahlen „halten“), bis mehr Menschen geimpft seien. Die Brücke zu einem durchschlagenden Erfolg beim Testen (der worin bestehen soll? daß noch mehr und endlich alle, aber auch wirklich alle getestet werden?) erfordert (die Brücke erfordert das!), daß wir noch einmal in vielen Bereichen nachlegen (auch in „Bereichen“ also, wo wir bereits „nachgelegt“ haben – wo und was auch immer „wir“ da „nachgelegt“ haben) und uns in Richtung Lockdown bewegen.(„Lockdown light“? „Wellenbrecher-Lockdown“? „Lockdown Brücke“? Holt die Werbeagenturen!) Dies könne auch neue Ausgangsbeschränkungen in den Abend- und Nachtstunden bedeuten.

(Wozu mir nichts mehr einfällt.)

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