Historisch betrachtet war der Übergang von Punk zu Punkrock im Herbst und Winter 1976/77 weniger ein solcher als eine echte Zäsur. Was gerade noch subversiv, extrem, gefährlich und radikal war bzw. mindestens schien, wurde zum reckless but harmless Partyspaß – laut, schnell, schmutzig und zynisch, aber eben: weder Revolution noch Subversion, sondern (nur) Rockmusik.
Die Vorreiter dieser Welle, die in den folgenden Jahren mit tausenden von (meist One-off-, oft selbstproduzierten) Platten wenn schon nicht die Charts, dann doch mindestens die Preßwerke auslastete, hießen The Vibrators und verkörperten sie prototypisch. Im Grunde waren sie zudem der erste „Rock ’n‘ Roll Swindle“ der Szene, nämlich keineswegs jugendlich-halbverwahrloste Dilettanten, sondern erfahrene Sessionmusiker. Gitarrist John Ellis hatte 1970 mit dem späteren Videoregisseur und James-Bond-Titelgestalter Danny Kleinman die Pubrocker Bazooka Joe gegründet, in deren Line-up-Karussell für einige Zeit u. a. Adam Ant und die Vibrators-Bassisten Pat Collier und Gary Tibbs Platz nahmen und in deren Vorprogramm die Sex Pistols im November 1975 erstmals eine Bühne belärmten. Sänger Ian „Knox“ Carnochan war schon mit Bands aufgetreten, bevor es die Beatles gab.
Seit Anfang 1976 spielten sie mit (relativ) kurzen Haaren, angewachsenen (auch mal Leoparden-)Jeans, Kindersonnenbrillen und Lederjacken kurze, simple, enorm packende Popsongs, die jeden Club zuverlässig in einen Dampfkessel verwandelten. Und gaben sich zugleich große Mühe, die eigene Glaubwürdigkeit zu ramponieren: „Wir haben mit dem Punk-Ding nicht wirklich was zu tun, aber das ist halt jetzt Mode“, ließ sich Pat Collier im Melody Maker zitieren, und daß sie 1976 auf Empfehlung von Chris Spedding bei Mickie Mosts Kitsch-Hitfabrik RAK unterschrieben, sich von Most die Single „We Vibrate“ produzieren ließen und Spedding auf dem Novelty-Song „Pogo Dancing“ begleiteten, war ein schwerer Schlag in die eigene Magengrube.
Aber die Vibrators zeigten erstaunliches Durchhaltevermögen, landeten Anfang 1977 bei Epic und veröffentlichten das Album „Pure Mania“, das in den meisten Punk-Diskographien fehlt und weder bahnbrechend noch verstörend, aber charmant primitiv und partywirksam war und bis heute ist. Ihren wirklich großen Moment hatten sie 1978 mit dem Nachfolger „V2“ und superkompakten Energiebomben wie „Automatic Lover“, „Destroy“, „Flying Duck Theory“ und „Pure Mania“, perfekt bis ins kleinste Detail (etwa die ultraeffektiven Sekunden-Gitarrensoli, angesichts deren Ökonomie wahrscheinlich sogar George Harrison errötete), die sich beim ersten Hören auf ewig ins Ohrwurmgedächtnis brennen.
Den Charts war das leider weitgehend wurst, weshalb die Major-Label-Zeit der Band 1979 schon wieder vorbei war; es folgte ein gutes Dutzend Alben und eine endlose Odyssee der Umbesetzungen, Auflösungen und Comebacks, an denen heute (abgesehen von Jubiläumsfeiern) nur noch Schlagzeuger Eddie Edwards beteiligt ist. Ellis tat sich danach u. a. mit Peter Gabriel und Peter Hammill zusammen, ersetzte von 1990 bis 2000 Hugh Cornwell bei den Stranglers und veröffentlicht elektronische Klangspielereien. Pat Collier arbeitete viele Jahre mit Robyn Hitchcock und produziert im eigenen Studio, sein Nachfolger Gary Tibbs spielte bei Roxy Music und Adam & The Ants, und Knox widmete sich hauptberuflich der Malerei. Mit welcher Vehemenz und uhrwerkartiger Präzision die Vibrators ihre fallweise klassischen Riffs und Refrains herunterbretterten, zeigen vier BBC/Peel-Sessions von 1976 bis 1978 und ein Mitschnitt aus dem Marquee von Juli 1977, die neben fünf Bonustracks diese hübsche kleine Box mit dem Hauptwerk der Band ergänzen. History in a nutshell, so to say.