Frisch gepreßt #354: Der Nino aus Wien „Immer noch besser als Spinat“

Nein, mehrfach.

Erstens: Nein, Ninos Stimme ist nicht für jeden was. Es gibt Leute, die fühlen sich, wenn sie sie hören, abgeschleckt, und zwar von jemandem, der lieber erst mal was mit Clearasil und Geruchsfressereinlagen machen sollte, bevor er sich für die ostösterreichische Vorstadtausgabe von Justin Bieber bzw. dem Blondgefärbten von One Direction hält.

Zweitens: Nein, der Impuls, dem Nino das Köpfchen zu tätscheln und mit gespitztem Muttimündchen den gscherten Rammeln entgegenzuhalten, der meine das doch gar nicht so, ist falsch und geht in die verhängnisvolle Irre. Der meint noch ganz andere Sachen so, und daß er sie aber nicht so meint, wie die Mündchenmuttis meinen, macht es (für die) nicht einfacher, oho.

Drittens: Nein, das heißt nicht, daß der Nino nicht liebenswert wäre. Oh, der ist sogar liebenswerter, als man sich auf den ersten Blick vorstellen kann. Auf den zweiten Blick kann man sich vorstellen, wie zum Beispiel Ursula von der Leyen nachts aus dem schlimmsten Alptraum ihres Lebens schreckt, in dem ihr der Nino erschienen ist und sie zum Klebstoffschnüffeln eingeladen hat, und schreit: „Nein! Alles, aber nicht das! oder den!“ Und das macht ihn freilich noch liebenswerter. Falls das nötig wäre.

Viertens: Nein, der Nino ist nicht dumm, und wenn man das manchmal meint, liegt es daran, daß er meistens erst mal singt und dann (vielleicht) darüber nachdenkt, was das, was er da gesungen hat, bedeuten könnte. Nein, tut er eher nicht; das überläßt er uns. Wir gründeln dann in den Lexika zum Beispiel nach den „alten Martekos“, hi hi. Immerhin finden wir dabei heraus, was das Wort auf Flämisch heißt: „lelijk, boosaardig of dom persoon, scharminkel, domoor“, folglich nämlich: „benimmt sich wie ein junger Affe“. Ja, eben. Die sind ja auch nicht dumm.

Fünftens: Nein, der Nino ist kein Schwindler, kein Scharlatan, kein Kasperl und kein Narr. Sondern: „Es geht immer ums Vollenden“, bei denen und bei uns. Und ausnahmsweise ja: Das ist falsch, weil die chinesische Weisheit kündet: Jedermann weiß, wie nützlich es ist, nützlich zu sein, und niemand erkennt, wie nützlich es ist, nutzlos zu sein. Sollte man sich hin und wieder sagen lassen.

Sechstens: Nein, Genie und Weisheit sind keine Produkte logischen Denkens. Sondern man wirft eine Handvoll Erde in die Luft und noch eine und noch eine, und irgendwann wird zufällig aus einem Trumm Dreck ein Schmetterling. „Und wenn dich die Wahrheit findet, halte sie, so fest du kannst. Denn die Wahrheit ist aus Seide und ist allzu bald verfranst.“

Siebtens: Nein, es ist nicht alles „gut“, was der Nino macht. Vieles davon ist sogar ein Riesenschmarrn, und das, na klar, ist gut, weil es das braucht. Weil was ist das Leben ohne Schmarrn? Richtig: richtig.
„Es gibt wirklich wenig Leichtes, und das meiste ist recht schwer.“

Das ist achtens: Nein, tiefe Gedanken sind nicht automatisch schwer. Im Gegenteil, auch wenn die Welt uns seit ein paar Jahren oder Jahrzehnten oder Jahrhundert überzeugen möchte, daß. Dafür ist dem Menschen ein Mittelfinger gewachsen. Und uns ein Nino, ans Herz.

Neuntens: Nein, das ist kein „Best of“-Album, wie es derzeit als Alternative zum Weihnachtsalbum haldenweise in die Produktausgabestellen gekippt wird. Es gibt keine „besten“ Lieder vom Nino, weil: siehe oben unter „gut“. Sondern die sind alle anders und eigen und für sich, und drum kann man einfach mal so in die Fülle hineingreifen und 20 Stück rausholen, auf eine CD schmeißen und denen ans Herz legen, die den Nino noch nicht (genug) kennen.

Für die anderen ist eine Bonus-CD mit den „verstimmtesten Demos aus dem Hirschstettner Keller“ dabei. Die spielen wir, wenn alles zu schlimm und zu schwer wird, Ursula von der Leyen vor, falls sie mal schläft.

Ja, mehrfach: (bitte selbst ergänzen).

Die Kolumne „Frisch gepreßt“ erscheint alle vierzehn Tage im Stadtmagazin IN MÜNCHEN.

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