Belästigungen 13/2014: Vom Fracksausen unter dem Apfelbaum – oder: Wo bleibt die Schmetterlingsraupensteuer?

Es liegt mir fern, mich über Regenlosigkeit zu beschweren, weil ich kaum etwas lieber mag als sinn- und bekleidungslos auf der Erdkugel herumzuliegen, müßig-nostalgische Gedächtnisfühler in alte Donald-Duck-Hefte hineinzustrecken und zuzuhören, wie unendlich langsam leise die wundervolle Zeit dahinschmilzt und sich mit kaugummibunten, romantisch blütenduftigen Erinnerungen füllt. Aber hin und wieder tut ein bißchen Wasser keinen Schaden, und wenn’s nur dafür wäre, daß die Kaninchenbande mal wieder ein bißchen weniger unmutig schaut, weil der zweibeinige Versorgungshase mal wieder was anderes daherbringt als struppiges Distelstroh, bleiches Hartheu und staubiges Korn.

Dazu indes muß es regnen, und das tut es manchmal ungern, weil der Mensch mit solcher Emsigkeit Auto fährt, Wachstum erzeugt und das Klima verdröselt. Zum Glück hat die Natur vorgesorgt und in ihrem Keller einen Haufen von dem förderlichen Feuchtzeug gebunkert, das man notfalls heraufpumpen kann. Dabei kommt auch noch der im Brunnenrohr hausende Laubfrosch in den Genuß einer frischen Dusche, und so ist alles zur Zufriedenheit aller geregelt.

Das heißt: wäre. Leider nämlich lagern dort drunten noch andere Sachen, die Begehrlichkeiten wecken, zum Beispiel das schwarze Schmierzeug, auf das die Autofahrer so scharf sind. Viel ist davon zum Glück nicht mehr da, die Reste sind gerne mal in Steine, Sand und sonstiges hineingesickert und müssen, damit der Motor der Wirtschaftsmaschine nicht knirscht, herausgespült werden. Man frage bitte nicht genau, wie das geht; jedenfalls werden dazu große Mengen Wasser und schweinsgiftige chemische Kampfstoffe in den Leib der Erde hineingepumpt. Man nennt das angemessen martialisch „fracken“, und was zurückbleibt, sind äußerlich möglicherweise nur mittelschwer, innerlich jedoch erheblich abgefrackte Landschaftswracks, deren Wasservorräte mit schweinsgiftigen chemischen Kampfstoffen verpestet sind.

Daß diese Verpestung laut Auskunft der industriellen Täter und ihrer regierungsamtlichen Lakaien üüüberhaupt nicht schlimm und toootal unbedenklich ist, können wir getrost in den Schrank mit den Sagen und Lügenmärchen verräumen, wo diesbezüglich schon einiges lagert, von Contergan, Ritalin und anderer Arschmedizin über DDT, PVC, Gengemansche und Tralala bis hin zur bombig gesamtplanetar strahlenden Atomruine. Das müssen die sagen, weil man sie sonst nicht fracken läßt, und das müssen sie nun mal tun, wg. Wachstum.

Da trifft es sich doch pfundig, daß immer mal wieder die Terrororganisation FIFA über ein Land herfällt, es mit Betoncolosseen zubetonieren läßt und in diesen ein paar Wochen lang einen firlefantösen Karneval mit Plastikbällen veranstaltet, der die gesamte Erdbevölkerung an die Bildschirme und Leinwände fesselt, während die regierungsamtlichen Lakaien mal so eben husch husch ein Gesetz durch den parlamentarischen Wolf wursten, von dem die Betroffenen (also letztlich: alle) erst was mitkriegen, wenn sie sich über Thomas Müller und das in Stadien und Garderoben herumdümmelnde Bundesmerkelchen zu Ende beömmelt haben. Wenn unter ihrem Brunnen und ihrer Garage die Frackerei losgeht, aus dem Wasserhahn schweinsgiftige chemische Kampfstoffe hervortröpfeln und sie einigermaßen sauberes Wasser nur noch in (wenigstens weniger schweinsgiftigen) Plastikflaschen von Nestlé kaufen können.

Dann marschieren sie gerne mal hordenweise Straßen entlang, skandieren was von „dagegen“ und „Schluß“, das Merkelchen macht Tutsitutsi, der umweltministerielle Mops verdreht ein paar Bezeichnungen und Sätze so, daß am Ende „Wachstum“ herauskommt, und heißa! – da nahen ja schon die nächsten Spiele oder Meisterschaften oder sonst was.

Ich habe übrigens eine Elektropumpe, die zwar nach dreißig Jahren Aufenthalt unter einem Apfelbaum nur noch beschwerlich und keuchend läuft, aber immerhin. Die, dachte ich mir, werde ich nun, um Oberarm und Laubfrosch zu schonen, mal an die Solarzelle hängen, in Betrieb setzen und dabei neben Wasser noch das befriedigende Gefühl gewinnen, an der vielbeplapperten „Energiewende“ teilzuhaben (die selbstverständlich ein reiner Schmarrn und Humbug ist, aber dazu ein andermal).

Aber siehe da: Schon haben die regierungsamtlichen Lakaien ein weiteres Gesetz erwurstet, das diesmal vorsieht, daß für privat erzeugte und genutzte Sonnenenergie hinkünftig Steuern zu entrichten seien. Da könnte ich nun ganz renitent werden. Nämlich erzeugen und nutzen in unserem Kleinparadies nicht nur die Solarzelle und die greise Rowi-Pumpe Sonnenenergie, sondern auch der Kirschbaum samt Fruchtbestand, die Wiese, der Wein, die Pfingstrose, der Pfirsich, Spargel, Kiwi, Kaki und Marone, Him-, Brom-, Johannis-, Stachel-, Erd- und sonstige Beeren, Nüsse, Kräuter, Blumen, ja letztlich jede einzelne Hautzelle nicht nur meines Körpers, sondern auch von Vogel, Igel, Kaninchen, Maus, Grashüpfer, Libelle, Frosch und Kröte, Biene, Hummel, Weps, Hornisse und so weiter und so fort.

Man könnte ein Bataillon der findigsten Steuerbeamten auf Draht halten, indem man die erforderlichen Formulare anfordert und des Nachfragens nicht müde wird, bis auch das letzte erstellt ist: „Junger Mann, der Teerlack auf meinem Hüttendach trocknet infolge effektiver Nutzung von Sonnen- und Windenergie! Ich ersuche um Zusendung der Anlage TLAMHD in dreifacher Ausführung oder eines gängigen Ersatzschriftstücks! Und geht das auch online über Elster? Und sind die Angaben für Raupen und Puppen im Schmetterlingsbogen zu erstellen oder gibt es hierfür jeweils eigene?“

Aber was, ich mag kein Querulant nicht sein, schon gar bei diesem Wetter, und deswegen werde ich den Pumpenkrüppel gnadenweise unter den Apfelbaum pflanzen, mir statt dessen ein schnittig-modernes, luftgekühltes Viertaktbenzingerät holen und es so lange mit gefracktem Sprit beheizen, bis Deutschland endlich Rekordweltmeister ist, dem Merkelchen die Schüttelhand vergichtet und Thomas Müller sein zweitausendstes Tor erzielt. Oder ersatzweise: bis es wieder regnet.

Die Kolumne „Belästigungen“ erscheint alle 14 Tage im Stadtmagazin IN MÜNCHEN.

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